Roboter 18 überkopfmontierte Roboter fertigen die neuen Giulia-Modelle

Autor / Redakteur: Susan Eppel / Mag. Victoria Sonnenberg

Innerhalb von 35 Wochen sollte eine komplette Fertigungsstraße fertig ausgestattet werden mit Gelenkrobotern und speziell konzipierten Aufbaustationen zur Handhabung von Leichtbau- materialien. Damit ein neuer Italiener vom Band laufen kann.

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Im Gegensatz zu anderen Giulia-Modellen wird das Carbonfaser-Dach der Giulia Quadrifoglio in einem 100 % automatisierten Arbeitsplatz vorbereitet und montiert.
Im Gegensatz zu anderen Giulia-Modellen wird das Carbonfaser-Dach der Giulia Quadrifoglio in einem 100 % automatisierten Arbeitsplatz vorbereitet und montiert.
(Bild: ALDO FERRERO PHOTOGRAPHER ITALY)

Der neue Alfa Romeo Giulia zeigt die innovative Seite des italienischen Automobilherstellers. Die Giulia sollte nicht nur neue Maßstäbe hinsichtlich Fahrzeugdesign, sondern auch in der Fertigung setzen. Zu der Modellreihe gehören drei Ausstattungsvarianten: Giulia, Giulia Super und Giulia Veloce, die jeweils über individuelle Merkmale und Leistungsspezifikationen verfügen.

Diese Modellreihe wird mit derselben Leichtbauarchitektur und auf der gleichen Montagelinie wie die Giulia Quadrifoglio gefertigt. Das Besondere am Alfa Romeo ist die Kombination aus innovativer Aluminium-Motorentechnologie, fortschrittlicher Leistung, perfekter 50/50-Gewichtsverteilung und fahrerorientierten Details.

Für die Fertigung der neuen Giulia-Modelle musste Alfa Romeo jedoch eine flexible, hochvolumige Karosserie-Rohbauanlage konzipieren, um verschiedene Probleme zu bewältigen: die Installation der Montagelinie im bestehenden FCA-Werk Cassino, die benötigte Flexibilität für zukünftige Produktalternativen und den enormen Zeitdruck in Definition, Konzipierung und Realisation.

Dank der kompakten und schlanken Architektur mit bis zu 18 überkopfmontierten Robotern und bis zu sechs speziellen Framing Gates für Hochgeschwindigkeitsvorgänge mit hoher Dichte konnte die Comau-Lösung die automatisierte Montage realisieren.
Dank der kompakten und schlanken Architektur mit bis zu 18 überkopfmontierten Robotern und bis zu sechs speziellen Framing Gates für Hochgeschwindigkeitsvorgänge mit hoher Dichte konnte die Comau-Lösung die automatisierte Montage realisieren.
(Bild: ALDO FERRERO PHOTOGRAPHER ITALY)

Als Spezialist für Automatisierungslösungen wurde Comau federführend mit der Entwicklung und Durchführung der Fertigungsstrategie beauftragt. Alfa Romeo setzt dabei auf die langjährige Erfahrung von Comau mit den weltweit bedeutendsten Erstausrüstern, seine Expertise bei Leichtbaumaterialien und seinen einzigartigen Co-Engineering-Ansatz. Comau wurde zum festen Bestandteil eines höchst kooperativen Co-Designteams, dessen wichtigste Aufgabe darin bestand, die Projektanforderungen hinsichtlich Produktion, Konstruktion und Prozessfertigung zu definieren. Die technologische Basis muss besonders die Großserienanwendungen von Alfa Romeo bewältigen können. Basierend auf dem modularen, flexiblen und erweiterbaren Open-Gate-Aufbausystem konnte Comau eine Komplettlösung konzipieren und entwickeln, die eine hohe Wiederholgenauigkeit garantiert und für bis zu vier verschiedene Modelle geeignet ist. Dies führt zu maximaler Flexibilität und Investitionsrendite.

Automatisierte Montage

Dank ihrer kompakten und schlanken Architektur mit bis zu 18 überkopfmontierten Robotern und bis zu sechs speziellen Framing Gates für Hochgeschwindigkeitsvorgänge mit hoher Dichte konnte die Comau-Lösung die automatisierte Montage der Giulia vereinfachen und gleichzeitig Alfa Romeos Produktionsziele erfüllen. Für Seitenteile- und Unterboden-Montagelinien werden vor allem Teile von Co- maus modularem Comau-Flex-System einschließlich des Closed-Loop-Montage-und-Fügesystems Versa-Roll verwendet.

Darüber hinaus nutzt sowohl das Open-Gate- als auch das Versa-Roll-System überkopfmontierte Roboter, was eine größtmögliche Roboterdichte zulässt und die Anzahl von Fügeoperationen an jeder Station erhöht. Für den Bau einer derart komplexen und zugleich flexiblen Produktionslinie musste das gemeinsame Engineering-Team auf jeder Prozessebene zusammenarbeiten, insbesondere in Anbetracht der extrem engagierten Zielvorgabe von nur 35 Wochen zwischen Projektstart und Einsatz. Besonders der Einsatz virtueller Simulationstechniken und Comaus World-Class-Manufacturing-Ansatz haben zum Projekterfolgt einen entscheidenden Beitrag geleistet.

Um das Verhalten der Materialien bei Fügeprozessen zu bewerten, die in der Großserienfertigung stattfinden würden, entwickelten Comau und Alfa Romeo virtuelle Prüfzellen. Der Einsatz virtueller Zellen ermöglichte eine präzise und detaillierte Simulation der gesamten Produktionslinie. Die Unternehmen konnten so zudem potenzielle Probleme identifizieren und damit zu einer Verbesserung der Resultate beitragen. Die virtuelle Simulation ermöglichte weiter die Bestimmung der voraussichtlichen Taktzeiten, welche Alfa Romeo mit der neuen Fertigungslinie erwartungsgemäß erzielen würde.

Der Bau der Karosserie gliedert sich im Wesentlichen in zwei Schritte: An der ersten Station werden der strukturelle oder innere Teil der Karosserie sowie deren Seitenteile montiert, während im zweiten Schritt die „Außenhülle“ hinzugefügt wird. Indem der Prozess Arbeiten der Roboter, zum Beispiel beim Schweißen und Positionieren der verschiedenen Elemente, vereinfacht, gewährleistet er deutlich bessere Zugänglichkeit. Da die Roboter vollständig und ungehindert Zugang zum strukturellen „Skelett“ des Fahrzeugs haben, lassen sich Schweißvorgänge effizienter und präziser als beim herkömmlichen Verfahren ausführen, was zu einer insgesamt besseren Fertigungsgeometrie führt. Gleichzeitig wird an einer separaten Station der äußere Teil des Fahrzeugs vorbereitet, positioniert und am Strukturskelett befestigt.

Leichtbau erhöht Prozesskomplexität

Der umfassende Einsatz extrem leichter Materialien wie Aluminium, das von Natur aus empfindlicher ist als seine traditionellen Entsprechungen aus Stahl, erfordert ein hohes Maß an Präzision und Genauigkeit bei den Füge- und Endfertigungsprozessen. Und da beim Modell Giulia Quadrifoglio Dach und Motorhaube aus Kohlefaser bestehen, wird die Prozesskomplexität noch weiter erhöht.

Im Gegensatz zu den anderen Giulia-Modellen, bei denen die Montage des Aluminiumdachs mittels Laserhartlöten erfolgt, wird das Kohlefaserdach der Giulia Quadrifoglio in einer vollständig automatisierten Arbeitsstation vorbereitet und montiert. Das zum Patent angemeldete Verfahren umfasst mehrere Roboter, die von fortschrittlichen Vision- und Steuerungssystemen unterstützt werden, um die höchstmöglichen Standards sicherzustellen.

Von der automatischen Reinigung der Komponenten über das Mischen, Auftragen und Verteilen des Zweikomponentenklebers bis hin zur Polymerisierung unterliegt der gesamte Prozess einer Qualitäts- und Präzisionskontrolle durch ein innovatives Infrarotsystem. Im Anschluss daran erfolgt eine Prüfung auf 100 % wasserdichte Versiegelung.

Eine weitere Innovation der Fertigungsstrategie ist der Einsatz moderner Technologie wie des RHEvo- Rollfalzsystems, das Leistungsfähigkeit und Effizienz mit einer Datenerfassung und Prozessüberwachung in Echtzeit kombiniert. Mit Geschwindigkeiten von bis zu 750 mm/s kann das RHEvo-System sehr komplexe Elemente an mehreren Fertigungslinien falzen, wobei es die geometrische Gleichförmigkeit der Montageteile sicherstellt, die Produkteinführungszeit verkürzt und die Produktionskosten insgesamt senkt.

Bei den Giulia-Modellen wird RHEvo zum Falzen des hinteren Radlaufs eingesetzt, damit die für eine Hochleistungs-Sportlimousine erforderliche Steifigkeit sichergestellt ist. Auch hier kommen fortschrittliche Visionsysteme zum Einsatz, um alle erforderlichen Positionierungsvariablen zu ermitteln und zu korrigieren, wenn das Fahrgestell in der Station platziert wird. Das Visionsystem berechnet exakt die Position des Radlaufs und sendet diese Daten dann zum Roboter, damit der Amboss für den Radlauf korrekt positioniert wird.

Dank dieser Zusammenarbeit kann der Roboter dann dessen Position neu kalibrieren, sodass er perfekt in Bezug auf den Radlauf zentriert ist. Im Zugbetrieb kann das RHEvo-System den Radlauf dann automatisch falzen, wobei mithilfe von zwei verschiedenen Rollentypen in drei Durchgängen ein perfektes und präzises Falzresultat erzielt wird. Nach Abschluss des Falzvorgangs konfiguriert sich das System automatisch neu für das nächste Modell.

Des Weiteren ist das fortschrittliche System flexibel genug, um bis zu vier verschiedene Modelle zu verwalten, ohne dass eine zusätzliche Rüstzeit oder ein Bedienereingriff erforderlich ist.

Hohes Innovationsniveau

Dieses Innovationsniveau ist nicht neu für Comau. Durch Marktexpertise und einem globalen Technologienetzwerk ist Comau in der Lage, die Installations- und Markteinführungsrisiken für seine Partner zu verringern und gleichzeitig die Programmzeiträume zu verkürzen. Dank außerordentlich enger Zusammenarbeit und WCM-Prozessen war das wegweisende Projekt Comau und Alfa Romeo auf zahlreichen Ebenen von Erfolg gekrönt. Und genau hier nimmt Comau mit mehr als 40 Jahren an ausgewiesener Kompetenz sowie einem großen Engagement im Bereich Forschung und Entwicklung eine Sonderstellung ein. Der Hauptvorteil, den Comau bietet, ist ein Engineering-Team, das direkt mit Kunden wie Alfa Romeo zusammenarbeiten kann, um gemeinsam eine maßgeschneiderte Lösung zu finden, die den tatsächlichen Betriebs- und Investitionsanforderungen des jeweiligen Projekts entspricht. Darüber hinaus widmet sich das Team der Entwicklung innovativer und effizienter Möglichkeiten, um wesentliche Fertigungsprozesse zu optimieren, Markteinführungszeiten zu verkürzen und die Leistungsfähigkeit ab dem ersten Tag zu steigern. Es ist ein kollaborativer Engineering-Ansatz, der von Comaus zugrundeliegendem Bekenntnis getragen wird, die Zukunft der offenen Automatisierung zu gestalten. MM

* Susan Eppel ist freie Autorin in 10095 Turin (Italien). Weitere Informationen: Comau S.p.A., Tel. (02 21) 7 60 06-0, press@comau.com

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