Quantencomputing mit Sound Akustische Manipulation von Elektronenspins kontrolliert Quanten
Der Spin von Elektronen in Kristallgittern reagiert auf äußere elektrische und magnetische Felder sehr gut, aber auch auf Schall. Folgendes lässt sich mit dieser Erkenntnis anfangen.
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Forschende am Paul-Drude-Institut für Festkörperelektronik in Berlin, am Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf (HZDR) und am Ioffe-Institut in St. Petersburg berichten jetzt über die gezielte Manipulation von Elektronenspins im Grund- und im angeregten Zustand, mithilfe von Schallwellen. Das öffne den Weg zu neuen, bisher unzugänglichen Methoden der Verarbeitung von Quanteninformation. Im Folgenden erklären die Beteiligten ein Bisschen genauer, wie das geht.
Silizium könnte durch Siliziumkarbid ersetzt werden
Die eingefangenen Elektronen absorbieren typischerweise Licht im sichtbaren Spektrum, so dass ein transparentes Material, beispielsweise Diamant, durch solche Zentren farbig wird, heißt es vorab. Farbzentren gehen aber auch oft mit bestimmten magnetischen Eigenschaften einher, was sie zu vielversprechenden Systemen für Anwendungen in der Quantentechnologie macht, wie Quantenspeicher – die Qubits – oder Quantensensoren. Es gilt nun, eine effiziente Methoden zu entwickeln, mit der die magnetische Quanteneigenschaft von Elektronen, in diesem Fall ihre Spin-Zuständen, kontrolliert werden kann.
Typischerweise werde dies durch Einwirkung elektromagnetischer Felder machbar, aber alternativ könne man auch mechanische Schwingungen, wie etwa akustische Oberflächenwellen, dazu nutzen.
Das sind im Prinzip Schallwellen, die auf die Oberfläche eines Festkörpers begrenzt sind und den Wasserwellen auf einem See ähneln. Sie werden oft in Mikrochips als Hochfrequenzfilter, Oszillatoren und Transformatoren eingesetzt und in elektronischen Geräten wie Mobiltelefonen, Tablets und Laptops verbaut.
Wie das Stimmen einer Gitarre – nur „etwas“ komplizierter!
Die Forschenden demonstrierten, dass akustische Oberflächenwellen zur Steuerung von Elektronenspins in Siliziumkarbid verwendet werden können, einem Halbleiter, der Silizium in vielen Anwendungen ersetzen könnte, die heutige Hochleistungselektronik erfordern. Diese Steuerung sollte man sich wie das Stimmen einer Gitarre mit einem normalen elektronischen Stimmgerät vorstellen, empfehlen die Experten. Der Unterschied: Im Experiment ist das Stimmen etwas komplizierter! Denn ein Magnetfeld stimmt die Resonanzfrequenzen des Elektronenspins auf die Frequenz der akustischen Welle ab, während ein Laser Übergänge zwischen dem Grund- und dem angeregten Zustand des Farbzentrums induziert, heißt es dazu.
Diese optischen Übergänge spielten dabei eine fundamentale Rolle, denn sie ermöglichen die optische Detektion des Spinzustands, indem sie die Lichtquanten registrieren, die bei der Rückkehr des Elektrons in den Grundzustand emittiert werden. Wegen der starken Wechselwirkung zwischen den periodischen Schwingungen des Kristallgitters und den in den Farbzentren gefangenen Elektronen gelingt es, den Elektronenspin gleichzeitig sowohl im Grundzustand als auch im angeregten Zustand durch die akustische Welle zu steuern, erklären die Wissenschaftler.
So verliert man keine Quanteninformationen mehr
An diesem Punkt hilft ein weiterer physikalischer Prozess: Die vom Kreisel her bekannte Präzession, die jeder, der als Kind mit einem Kreisel gespielt hat, als Veränderung der Ausrichtung der Drehachse kennen gelernt hat, wenn man versuchte, den Kreisel zu kippen. Der elektronische Spin ist lediglich ein sehr winziger Kreisel, mit einer Präzessionsachse, die unter dem Einfluss einer akustischen Welle steht und die jedes Mal die Ausrichtung ändert, wenn das Farbzentrum zwischen Grund- und angeregtem Zustand springt. Weil die Länge der Zeit, die das Farbzentrum im angeregten Zustand verbringt, zufällig ist, führt der große Unterschied in der Orientierung der Präzessionsachsen in beiden Zuständen dazu, dass sich die Ausrichtung des Elektronenspins und damit die darin gespeicherte Quanteninformation unkontrolliert ändert.
Diese Änderung bewirkt, dass die im elektronischen Spin gespeicherte Quanteninformation nach mehreren Sprüngen verloren geht. Dieses Problem könne die Forschenden aber lösen! Eben durch eine geeignete Stimmung der Resonanzfrequenzen des Farbzentrums, durch die die Präzessionsachsen des Spins im Grund- und im angeregten Zustand kollinear werden. Das heißt, die Spins behalten ihre Präzessionsorientierung entlang einer wohldefinierten Richtung bei, auch wenn sie zwischen Grund- und angeregtem Zustand hin- und herspringen.
So könnten Quantencomputer für jeden bezahlbar werden
Unter dieser besonderen Bedingung wird die im Elektronenspin gespeicherte Quanteninformation von den durch den Laser verursachten Sprüngen zwischen Grund- und Anregungszustand entkoppelt. Die Technik der akustischen Manipulation bietet folglich neue Möglichkeiten, für die Verarbeitung von Quanteninformation in Quantengeräten, mit ähnlichen Abmessungen, wie die er bekannten Mikrochips. Das, glauben die Forschenden, dürfte erhebliche positive Auswirkungen auf die Herstellungskosten und damit auf die Verfügbarkeit von Quantentechnologien für die Allgemeinheit haben.
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