CFK-Aluminium-Strukturen Bei Mischbauweise stößt das Nieten an Grenzen

Autor / Redakteur: Matthias Busse, Bernd Mayer, Uwe Specht und Jan Clausen / Josef-Martin Kraus

Zur Optimierung von Leichtbaustrukturen aus unterschiedlichen Werkstoffen wird die Entwicklung stoffschlüssiger Verbindungen vorangetrieben. Vielversprechende Ansätze bei CFK-Aluminium-Strukturen basieren auf einem fasergerechten integralen Werkstoffübergang. Er könnte das Nieten ablösen.

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Zur Veranschaulichung stoffschlüssiger Verbindungskonzepte wurden Handmuster hergestellt (v.l.n.r.): das Drahtkonzept (Hersteller Fraunhofer IFAM und Fibre), das Faserkonzept (Fraunhofer IFAM und Fibre) und das Folienkonzept (BIAS und Fibre).
Zur Veranschaulichung stoffschlüssiger Verbindungskonzepte wurden Handmuster hergestellt (v.l.n.r.): das Drahtkonzept (Hersteller Fraunhofer IFAM und Fibre), das Faserkonzept (Fraunhofer IFAM und Fibre) und das Folienkonzept (BIAS und Fibre).
(Bild: Fraunhofer IFAM)

Bei der Entwicklung und Konstruktion von Leichtbaustrukturen kommen zunehmend Kombinationen aus Faserverbundkunststoffen (FVK) und Metallstrukturen zur Anwendung, um die Bauteileigenschaften an die lokalen Anforderungen besser anzupassen. Typische FVK-Anwendungen sind Produkte in der Luft- und Raumfahrttechnik, zum Beispiel die Seitenruderaufhängung, Rumpfsegmente und Sandwichplatten für die Innenausstattung.

Gewichtsoptimierte Strukturen erfordern neue CFK-Fügetechniken

Im allgemeinen Maschinenbau werden unter anderem Hydraulikzylinder und Gelenkarme für Roboter aus CFK hergestellt. Im Automobilbau findet man Faserverbundkunststoffe bereits bei Serienteilen wie CFK-Dächern und Achslenkern. Auf der Fachtagung Carbon Composites 2012 geht Heinrich Timm, Leiter Technologie Netzwerke der Audi AG, als Keynote-Sprecher auf die Prozesskette für Fahrgastzellen in CFK-Metall-Mischbauweise ein.

Derzeit erfolgt das Verbinden dieser Komponenten in der Regel über einen adhäsiven oder mechanischen Fügeprozess. Insbesondere im Hinblick auf gewichtsoptimierte, integrale Strukturen mit verbesserten mechanischen Eigenschaften sind jedoch andere konstruktive und prozesstechnische Lösungen erforderlich.

Fasergerechter integraler Übergang zwischen Aluminium und CFK

Am Beispiel des Nietens eines flächigen Aluminiumelements mit einem flächigen CFK-Element wird die Notwendigkeit einer neuartigen CFK-Aluminium-Verbindung deutlich. Diese Verbindung muss Potenziale hinsichtlich der Gewichts- und Bauraumreduzierung bieten. Vielversprechende Entwicklungen basieren auf einem kohlenstofffasergerechten integralen Übergang zwischen Aluminium und CFK. Sie bilden den Forschungs- und Entwicklungsschwerpunkt der DFG-Forschergruppe Schwarz-Silber.

Innerhalb dieses Schwerpunkts werden Verbindungen für die Werkstoffkombination Aluminium–CFK gestaltet, ausgelegt und charakterisiert. Aluminium-CFK-Kombinationen sind für Anwendungen in der Automobilindustrie sowie in der Luft- und Raumfahrttechnik von besonderem Interesse. Über die im Vordergrund stehenden Aspekte wie Leichtbau und reduzierter Bauraum hinaus muss die Verbindung eine optimierte Krafteinleitung und einen rationelleren Prozessablauf als beim konventionellen Nieten ermöglichen, zum Beispiel durch Reduzierung der Anzahl der Fertigungsschritte.

Entwicklung integraler Bauweisen für hochbeanspruchte CFK-Aluminium-Übergänge

Kernziel des Forschungsprojektes ist die Entwicklung integraler Bauweisen für hochbeanspruchbare und zuverlässige CFK-Aluminium-Übergangsstrukturen im Leichtbau. Dazu sollen drei neuartige Verbindungskonzepte optimiert, untersucht und bewertet werden. Ziel ist es, Aufschluss über die Eignung der Bauweisen hinsichtlich der gewichtsspezifischen Leistungsfähigkeit, der Zuverlässigkeit und der Herstellbarkeit der Übergangsstrukturen zu erhalten.

Langfristig sollen die besten integralen Übergangsstrukturen dem Verkehrsmittelbau und dem allgemeinen Maschinenbau zur Verfügung stehen. Verbesserte mechanische Eigenschaften sollen dabei zu Gewichts- und damit zu Werkstoffeinsparungen führen.

Form- oder stoffschlüssiges Fügen als Entwicklungsansatz denkbar

Zur Entwicklung einer integralen CFK-Aluminium-Bauweise sind sowohl Ansätze für formschlüssige als auch für stoffschlüssige Fügeverbindungen denkbar. Untersucht wurden drei verschiedene Verbindungskonzepte mit Materialien für den Übergang von Aluminium zu CFK: das Drahtkonzept, das Faserkonzept und das Folienkonzept.

  • Beim Drahtkonzept wurde ein Textil aus Kohlenstofffasern und Titandraht mit Aluminium verbunden. Kohlenstofffasern und Titandraht sind im Textil miteinander verwebt, um eine textile formschlüssige Verbindung (über Schlaufen) zwischen dem Faser- und dem Drahtwerkstoff zu erhalten. Der Titandraht (Titanstruktur) ist mit dem Aluminium schweiß- oder gießtechnisch verbunden.
  • Das Faserkonzept basiert auf einem form- und stoffschlüssigen Eingießen von Fasern in Aluminium. Glasfasern übernehmen dabei die Funktion des Titandrahts beim Drahtkonzept als Kraftübertrager zwischen Kohlenstofffasern und Aluminium. Die Glasfasern werden dazu als Schlaufe gießtechnisch mit dem Aluminium verbunden und wie der Titandraht textiltechnisch mit den Kohlenstofffasern verwebt.
  • Das Folienkonzept wurde zum Fügen eines Titan-CFK-Laminats mit Aluminium erprobt. Für die Verbindung von CFK-Prepregs und Titan entwickelte man die Titan-Tapestruktur (Hybridlösung). Die Titan-Tapestruktur ist an das Aluminium geschweißt.

Faser-Titandraht-Verbund optimiert Krafteinleitung in CFK-Struktur

Innerhalb der DFG-Forschergruppe Schwarz-Silber arbeiten Wissenschaftler aus sechs Bremer Forschungsinstituten zusammen: dem Bremer Institut für angewandte Strahltechnik GmbH (bias), dem Bremer Institut für Strukturmechanik und Produktionsanlagen (bime), dem Faserinstitut Bremen e.V. (FIBRE), dem Fraunhofer Institut für Fertigungstechnik und angewandte Materialforschung (IFAM), der IWT Stiftung Institut für Werkstofftechnik und Einrichtungen der Hochschule Bremen. Der Arbeitsfokus des Fraunhofer IFAM liegt dabei auf der Entwicklung stoffschlüssiger Verbindungen von Faserverbund-Titandraht-Strukturen mit metallischen Werkstoffen auf Basis gießtechnischer Verfahren wie dem Druckgießen. Sie ermöglichen, CFK-Bauteilen mit Metallkomponenten stoff- und formschlüssig zu verbinden und dabei eine optimale Krafteinleitung an den Verbindungsstellen in die CFK-Bauteile zu erreichen.

Im Rahmen des Vorhabens wurden zunächst anhand geometrisch einfacher Proben verschiedene Positioniermethoden zum direkten Einbringen der Fasern und der Titandrahtstrukturen in einem Druckgusswerkzeug untersucht. Die Herausforderung bestand dabei in einer prozesstechnisch optimierten und reproduzierten Faserpositionierung: Die Fasern müssen im Werkzeug so positioniert werden, dass sie sich trotz der hohen Formfüllgeschwindigkeit mit Aluminiumschmelze infiltrieren lassen und der Faserverlauf im Bauteil dabei reproduzierbar bleibt.

Modifizierte Übergangsmaterialien sorgen für Stoffschlüssigkeit

Der Schwerpunkt der Arbeiten liegt dabei auf der Entwicklung geeigneter Parametersätze und Formfüllungsprozesse für den anzuwendenden Druckgießprozess. Anschließend werden auf Basis der bereits gewonnenen Ergebnisse Glasfaserrovings und textile Glasfaserflächengebilde mit Aluminiumschmelze infiltriert. Ein zweiter Schwerpunkt liegt in der Oberflächenmodifizierung der Übergangsmaterialien: Titan und Glasfasern. Diese Materialien sind für die Erzielung einer stoffschlüssigen Verbindung mit den Grundwerkstoffen (Aluminium und CFK) verantwortlich.

Die anderen Forschungsinstitute beschäftigen sich im Rahmen des Projekts mit textiltechnischem Entwicklungen zur Anbindung von CFK an die Übergangsstrukturen. Außerdem untersuchen sie die Tauglichkeit des Laserstrahlschweißens zum Fügen von Aluminium an die Titan-CFK-Hybridstrukturen. Sie bewerten das Versagensverhalten und optimieren die Verbindung.

Im Rahmen der Testphase wurden die Verbindungskonzepte bei der manuellen Herstellung von Musterteilen umgesetzt. Die eigentlichen Prüfkörper werden später mit einem höheren Faservolumengehalt hergestellt. In einem nachfolgenden Schritt werden die Proben in Bezug auf die Materialausnutzung optimiert. Die Arbeiten der Forschungsgruppe Schwarz-Silber (FOR 1224), die an der Universität Bremen angesiedelt ist, werden von der deutschen Forschungsgesellschaft (DFG) finanziell unterstützt.

* Prof. Dr.-Ing. Matthias Busse und Prof. Dr. Bernd Mayer sind Institutsleiter Fraunhofer-Instituts für Fertigungstechnik und Angewandte Materialforschung (IFAM) in 28359 Bremen. Dipl.-Phys. Uwe Specht und Dipl.-Ing. Jan Clausen sind wissenschaftliche Mitarbeiter am Fraunhofer IFAM

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