Management Statement "Beim Kundenverständnis kommt keiner von unseren Wettbewerbern mit"
Mit dem offenen, cloudbasierten IoT-System Mindsphere mischt Siemens im Markt für IoT-Plattformen aktiv mit. Wir haben uns mit Dr. Florian Beil, Head of Global Sales Mindsphere darüber unterhalten, wie Siemens diesen derzeit heiß umkämpften Markt besetzen möchte, was die DSGVO für den Betrieb bedeutet und wie weit der Siemens-Konzern selbst beim Thema Digitalisierung ist.
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Der Markt für IoT-Plattformen ist heiß umkämpft. Experten sagen aber voraus, dass sich nur wenige Anbieter durchsetzen werden. Wie gut stehen die Chancen für die Mindsphere?
Die Chancen stehen hier sehr gut. Denn wir sind die Einzigen im Markt, die das ganzheitliche System von Entwicklung und Fertigung beherrschen. Wir verstehen die Prozesse unserer Kunden von der Entwicklung über die Fertigung bis hin zur Simulation von Abläufen in der virtuellen Welt und wir haben eine installierte Basis von weltweit über 30 Millionen Automatisierungssystemen, mehr als 70 Millionen genutzten Smart Meter und über 800.000 verbundenen Produkten wie etwa Züge, Kraftwerksturbinen, Windkraftanlagen oder medizintechnischen Geräten. Da kommt niemand von unseren Wettbewerbern mit. Dazu kommt der Transfer von fachbezogenem Know-how in vertikal-spezifische Analyse-Apps. Oder die Abdeckung der kompletten Wertschöpfungskette – etwa durch die Integration von Betriebsdaten mit dem digitalen Zwilling, um Simulation und Engineering zu optimieren. Ein weiterer Pluspunkt ist die Plug-and-play-Konnektivität der Mindsphere zur schnellen Anbindung von Assets ohne Programmierung. Und natürlich unser wachsendes Ökosystem mit einer breit gefächerten Fachkompetenz und horizontalen IT-Fähigkeiten. Damit können wir für unsere Plattform stets die besten Lösungen ganzheitlich anbieten.
Die Mindsphere soll das „Android der Industrie 4.0“ werden. Was ist das Ziel der Nutzerorganisation Mindsphere World e.V.? Wie arbeitet die Vereinigung?
Die Mitglieder haben bei der Gründung des Vereins sechs Ziele formuliert: 1. Aufbau und Weiterentwicklung eines IoT-Ökosystems – basierend auf Mindsphere. 2. Empfehlungen zu technischen Anforderungen an das Mindsphere-Betriebssystem zum Nutzen der Anwender. 3. Unterstützung von Mitgliedern bei der Entwicklung beziehungsweise Verbesserung von technischen Lösungen auf Basis der Plattform und bei der Erschließung neuer Märkte in der digitalen Wirtschaft. 4. Kontakt zu privaten und öffentlichen Einrichtungen zur Meinungs- und Entscheidungsfindung. 5. Förderung von Wissenschaft und Lehre – unter anderem Zusammenarbeit mit Hochschulen und Nachwuchstalenten. Und 6. Gemeinsame Marketingmaßnahmen und Öffentlichkeitsarbeit für den Verein und dessen Interessen. Es gibt einen Vorstand und einen Beirat, die an der Umsetzung dieser Ziele arbeiten und im Augenblick zum Beispiel die erste große Mindsphere-Entwicklerkonferenz im September in Berlin vorbereiten.
Die neue Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) treibt uns ja gerade alle um. Ist davon auch der Betrieb einer IoT-Plattform betroffen?
Auf der Hannover Messe stand die neue Version von Mindsphere im Mittelpunkt unseres Auftritts. Eines der wichtigsten Features, die wir stark ausgebaut haben, ist Konnektivität. Unsere Mindconnect IoT-Extensions unterstützen inzwischen ein viel breiteres Spektrum an Maschinen, aber genauso auch andere IT-Systeme. Mindsphere-Anwender können sehr viel mehr Assets und Datenquellen direkt anschließen. Das zweite Thema betrifft den Ausbau der Analytik, etwa in Richtung Predictive Learning-Algorithmen. Ein weiterer Meilenstein ist für mich die Integration in die Infrastruktur von Amazon AWS. Wer will, kann jetzt die Mindsphere auf Amazon Web Services aufsetzen. Die DSGVO stellt hier natürlich ein paar neue Anforderungen. Wir erfüllen aber nicht erst jetzt mit der Mindsphere alle relevanten Sicherheitsstandards. Das gilt für Data in Motion wie auch für Data in Rest, also für die Datenübertragung von der Datenquelle zum Rechenzentrum, wie auch für die Speicherung und Verarbeitung dort. AWS erfüllt ebenso alle relevanten Standards. Und so stellen wir sicher, dass unsere Kunden die Datenhoheit behalten.
Siemens bietet Lösungen für die Umsetzung von Industrie 4.0 an. Wie schätzen Sie den Digitalisierungsgrad von Siemens selbst ein?
Unser Vorzeigebeispiel ist das Siemens-Elektronikwerk in Amberg, wo unter anderem pro Jahr 16 Millionen Steuerungen der Simatic-Baureihe voll automatisiert gefertigt werden. Hier zeigt sich bereits die gesamte Bandbreite an Effizienzgewinnen durch die durchgängige Digitalisierung der Fabrik. Denn, obwohl sich die Produktionsfläche und die Mitarbeiterzahl seit dem Jahr 1990 kaum verändert haben, ist die Produktivität um den Faktor 13 gestiegen – bei einer extrem hohen Qualität. Nur 10 Teile von einer Million sind hier noch Ausschuss. Elektrifizierung, Digitalisierung und Automatisierung – die drei Siemens-Kernkompetenzen – wachsen immer mehr zusammen und werden zunehmend im eigenen Hause genutzt. Etwa bei der Additiven Fertigung mit unseren über 55 eigenen 3D-Druckern. Wir bewegen uns mittlerweile in fast allen Unternehmensbereichen erst in der virtuellen, dann in der realen Welt. Das ist unser Konzept. Zunächst entsteht ein Digitaler Zwilling des Produkts. Dann ein digitaler Zwilling der Produktion und schlussendlich der Digitale Zwilling der Performance, der über die Cloud-Anbindung mit Mindsphere eine selbstoptimierende Verbesserungsschleife erlaubt. Siemens nimmt so bei der Digitalisierung weiter Fahrt auf. In unseren weltweit 20 Mindsphere Application Center, die jeweils auf eine bestimmte Branche spezialisiert sind und mehrere Standorte in verschiedenen Ländern umfassen, entwickeln bereits heute rund 900 Softwareentwickler, Datenspezialisten und Ingenieure digitale Innovationen für Datenanalyse und Maschinelles Lernen – gemeinsam mit unseren Kunden. So entstehen auf der Basis unserer Mindsphere-Plattform auch neue Geschäftsmodelle. Und wir investieren jährlich rund 510 Millionen Euro in die Aus- und Weiterbildung unserer Mitarbeiter, um sie fit für digitalen Wandel zu machen.
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