Arbeitsrecht Betriebsratswahl 2022 – Datum, Ablauf und Fristen
Wann sind 2022 Betriebsratswahlen? Wer ist überhaupt wahlberechtigt? Und was ist in diesem Jahr neu? Benjamin Onnis, Arbeitsrechtsanwalt bei FPS, hat die Antworten.
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Wann sind Betriebsratswahlen?
Die Betriebsratswahlen 2022 finden das nächste Mal vom 1. März bis zum 31. Mai in ganz Deutschland statt.
Wer ist bei der Betriebsratswahl wahlberechtigt?
Wählen dürfen alle Mitarbeiter, die
- Arbeitnehmer sind.
- dem Betrieb angehören.
- mindestens 16 Jahre alt sind (neu).
Das schließt auch die folgenden Personengruppen ein:
- Arbeitnehmer in der Aktivphase ihrer Altersteilzeit
- Arbeitnehmer, die auf Abruf arbeiten (flexible Arbeitszeit)
- Arbeitnehmer, die Jobsharing betreiben
- Auszubildende
- Arbeitnehmer mit Kurzarbeit Null
- Geringfügig Beschäftigte
- Teilzeitbeschäftigte
- Arbeitnehmer, die zum Zeitpunkt der Wahl abwesend sind (zum Beispiel aufgrund von Urlaub, Elternzeit, Krankheit, Homeoffice, etc.)
- Befristet beschäftigte Arbeitnehmer
- Aushilfen
- Praktikanten
- Leiharbeiter, wenn sie länger als drei Monate eingesetzt werden
- eingegliederte Telearbeiter
- Ordentlich gekündigte Mitarbeiter, bei denen die Kündigungsfrist noch läuft oder die eine Kündigungsschutzklage eingereicht haben
Nicht wahlberechtigt sind hingegen:
- Arbeitgeber
- Außerordentlich gekündigte Mitarbeiter, bei denen die Kündigung bereits zugegangen ist
- Ordentlich gekündigte Mitarbeiter, bei denen die Kündigungsfrist bereits abgelaufen ist
- Leitende Angestellte
- Arbeitnehmer in der Passivphase ihrer Altersteilzeit
- Freie Mitarbeiter
- Werkvertragsbeschäftigte
- Doktoranden
- Schülerpraktikanten
- Umschüler
- Freie Handelsvertreter
Wie viele Stimmen darf man bei der Betriebsratswahl abgeben?
Eine Betriebsratswahl kann entweder als Listenwahl oder als Personenwahl stattfinden. Bei der Personenwahl treten – im Gegensatz zur Listenwahl – einzelne Kandidaten an. Wie viele Stimmen jeder wahlberechtige Arbeitnehmer hat, richtet sich nach der Anzahl der Sitze im Betriebsrat.
Werden beispielsweise insgesamt 11 Sitze vergeben, so hat auch jeder Wahlberechtigte 11 Stimmen. Diese muss er allerdings auf verschiedene Kandidaten verteilen. Der Wähler kann nicht mehrere Stimmen an einen Kandidaten geben.
Wahlberechtigte Arbeitnehmer | Betriebsratsmitglieder |
---|---|
5-20 | 1 |
21-50 | 3 |
51-100 | 5 |
101-200 | 7 |
201-400 | 9 |
401-700 | 11 |
701-1000 | 13 |
1001-1500 | 15 |
1501-2000 | 17 |
2001-2500 | 19 |
2501-3000 | 21 |
3001-3500 | 23 |
3501-4000 | 25 |
4001-4500 | 27 |
4501-5000 | 29 |
5001-6000 | 31 |
6001-7000 | 33 |
7001-9000 | 35 |
> 9000 | + 2 je weitere 3000 Arbeitnehmer |
Wie oft ist Betriebsratswahl?
Betriebsratswahlen finden alle vier Jahre statt – und zwar immer im Frühjahr. Die nächsten Betriebsratswahlen sind im Jahr 2022. Danach finden die Betriebsratswahlen wieder im Jahr 2026 statt.
Ablauf und Fristen: Wie funktioniert eine Betriebsratswahl?
- 10 Wochen vor der Wahl: Der Betriebsrat bestellt den Wahlvorstand.
- 6 Wochen vor der Wahl: Der Wahlvorstand veröffentlicht die Wählerlisten und das Wahlausschreiben mit allen wichtigen Informationen zur Wahl.
- 4 Wochen vor der Wahl: Es können Einsprüche gegen die Wählerlisten erhoben werden.
- 1 Woche vor der Wahl: Der Wahlvorstand gibt die Wahlvorschläge bekannt.
- Unmittelbar nach der Wahl: Der Wahlvorstand zählt die Stimmen aus und gibt die gewählten Kandidaten über einen Aushang bekannt.
- 1 Woche nach der Wahl: Der neu gewählte Betriebsrat hält seine konstituierende Sitzung ab.
- 2 Wochen nach Bekanntgabe der Wahlergebnisse: Das Ergebnis der Wahl kann nun nicht mehr angefochten werden.
Welche Aufgaben hat der Wahlvorstand bei der Betriebsratswahl?
Der Betriebsrat bestellt den Wahlvorstand spätestens 10 Wochen vor Ablauf seiner Amtszeit. Beim vereinfachten Wahlverfahren reichen auch vier Wochen. Er besteht immer aus einer ungeraden Anzahl an Mitgliedern (üblicherweise drei). Zu seinen Aufgaben gehört unter anderem:
- Der Wahlvorstand beschließt die Geschäftsordnung.
- Der Wahlvorstand informiert den Arbeitgeber darüber, dass er seine Tätigkeit aufnimmt und fordert ihn zur Zuarbeit auf.
- Der Wahlvorstand informiert die Arbeitnehmer über seine Mitglieder und wie diese zu erreichen sind sowie darüber, dass er seine Tätigkeit aufnimmt.
- Der Wahlvorstand ist dafür zuständig, die Wählerliste aufzustellen.
- Der Wahlvorstand ermittelt die Anzahl der Betriebsratsmitglieder, die gewählt werden müssen. Er ermittelt zudem das Minderheitengeschlecht und entsprechend die Anzahl der Betriebsratssitze, die darauf entfallen
- Der Wahlvorstand organisiert Wahlraum, Wahlurnen und trifft sonstige Wahlvorbereitungen.
- Der Wahlvorstand erlässt das Wahlausschreiben und hängt es für alle zugänglich aus.
- Der Wahlvorstand holt Wahlvorschläge ein und prüft diese.
- Der Wahlvorstand bereitet die Briefwahl vor.
- Der Wahlvorstand bereitet die Stimmabgabe vor. Dabei trifft es beispielsweise Vorkehrungen, damit die Wähler ihre Stimme unbeobachtet abgeben können.
- Der Wahlvorstand zählt nach der Wahl die Stimmen aus, gibt das Ergebnis bekannt und schreibt es nieder.
- Der Wahlvorstand benachrichtigt die gewählten Bewerber und hängt die Namen der Betriebsratsmitglieder aus. Zudem informiert er sowohl den Arbeitgeber als auch im Betrieb vertretene Gewerkschaften.
- Der Wahlvorstand übergibt dem neuen Betriebsrat die Wahlakten.
- Der Vorsitzende des Wahlvorstandes leitet die konstituierende Sitzung des neuen Betriebsrats.
Wie hoch muss die Wahlbeteiligung bei der Betriebsratswahl sein?
Es gibt keinen Mindestwert für die Wahlbeteiligung bei der Betriebsratswahl. Die einzige Mindest-Voraussetzung, damit eine Wahl stattfinden kann, ist: Es muss fünf ständige Arbeitnehmer geben und drei davon müssen sich zur Wahl stellen.
Darf die Betriebsratswahl während der Arbeitszeit stattfinden?
Die Betriebsratswahl darf und soll während der Arbeitszeit stattfinden.
Was ändert sich durch das Betriebsrätemodernisierungsgesetz?
2021 ist das Betriebsrätemodernisierungsgesetz ins Kraft getreten. Ziel des Gesetzes ist es, die Wahl von Betriebsräten zu vereinfachen. Bei den Betriebsratswahlen 2022 kommt es nun zum ersten Mal zum Einsatz. Die wichtigsten Änderungen im Überblick:
1. Erweiterter Kündigungsschutz:
Bisher haben nur die Initiatoren einer Betriebsratswahl besonderen Kündigungsschutz genossen. Als Initiator gilt jedoch nur derjenige, der zur Wahl des Wahlvorstandes einlädt oder die Bestellung des Wahlvorstands beantragt. Das neue Gesetz gewährt den besonderen Kündigungsschutz nun auch den sogenannten Vorinitiatoren, also jedem, der bei der Planung der Betriebsratswahl mitwirkt (gesetzlich: Vorbereitungshandlung). Voraussetzung: die Arbeitnehmer müssen bei einem Notar öffentlich beglaubigen lassen, dass sie einen Betriebsrat gründen möchten. Auf diese Weise soll ein Missbrauch des Gesetzes verhindert werden.
2. Weniger Stützunterschriften
In kleinen Betrieben mit bis zu 20 wahlberechtigten Arbeitnehmern werden zukünftig keine Stützunterschriften mehr benötigt. In Betrieben mit bis zu 100 wahlberechtigten Arbeitnehmern braucht man nur noch 2 Stützunterschriften.
Wahlberechtigte Arbeitnehmer | Benötigte Stützunterschriften |
---|---|
bis 20 | keine |
bis 100 | zwei |
bis 1000 | fünf Prozent der Wahlberechtigten |
> 1000 | 50 |
3. Vereinfachtes Wahlverfahren
Das vereinfachte Wahlverfahren kam bisher nur für Betriebe mit bis zu 50 Mitarbeitern zum Einsatz. Nun wird auch in Betrieben mit bis zu 100 Mitarbeitern nach dem vereinfachten Wahlverfahren gewählt. Neu ist auch: Betriebe mit bis zu 200 Mitarbeitern können mit dem Arbeitgeber vereinbaren, ebenfalls das vereinfachte Wahlverfahren zu nutzen.
4. Wahlalter
Arbeitnehmer dürfen nun schon ab 16 Jahren einen Betriebsrat wählen. Sie dürfen sich jedoch nach wie vor erst mit 18 Jahren zur Betriebsratswahl aufstellen lassen.
5. Wahlanfechtung
Wenn es vor der Wahl keinen Einspruch gegen die Wählerliste gab, darf die Wahl nun nicht mehr wegen Fehlern bei der Wählerliste angefochten werden.
Wie kann man eine Betriebsratswahl anfechten und wer kann eine Betriebsratswahl anfechten?
Nachdem das Wahlergebnis verkündet wurde, kann die Betriebsratswahl noch für zwei Wochen angefochten werden. Dazu muss ein Antrag beim Arbeitsgericht eingereicht werden. Voraussetzung: Es wurde gegen wesentliche Vorschriften des Wahlverfahrens verstoßen. Das ist beispielsweise dann der Fall, wenn
- Arbeitnehmer ihre Stimme abgeben konnten, die eigentlich nicht wahlberechtigt waren.
- Kandidaten zur Wahl angetreten sind, die eigentlich nicht zugelassen werden durften.
- die Wahl nicht korrekt durchgeführt wurde, weil es beispielsweise keine Wählerliste oder keinen Wahlvorstand gab.
Eine Betriebsratswahl anfechten kann entweder:
- der Arbeitgeber,
- drei Wahlberechtigte oder
- eine im Betrieb vertretene Gewerkschaft.
Der Betriebsrat selbst oder auch der Wahlvorstand dürfen die Wahl nicht anfechten.
* Weitere Informationen: Benjamin Onnis ist Arbeitsrechtsexperte bei der Wirtschaftskanzlei FPS in 60322 Frankfurt am Main, Tel. +49 69 95957143, onnis@fps-law.de, www.fps-law.de
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