Porträt Branchenverband Bitkom setzt sich für ein digitales Deutschland ein

Autor / Redakteur: Alexander Völkert / Dipl.-Ing. (FH) Reinhold Schäfer

Der Bitkom ist der Branchenverband der digitalen Wirtschaft in Deutschland. Seit 20 Jahren setzt er sich für die Digitalisierung von Wirtschaft, Gesellschaft und Verwaltung ein.

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Der Bitkom ist der Branchenverband der digitalen Wirtschaft in Deutschland.
Der Bitkom ist der Branchenverband der digitalen Wirtschaft in Deutschland.
(Bild: © Robert Kneschke - stock.adobe.com)

Dass die Digitalisierung in Deutschland sowohl in der Wirtschaft als auch in der Verwaltung und der Gesellschaft vorangetrieben und im Rahmen politischer Lobbyarbeit durchgesetzt wird, darum kümmert sich in Berlin seit 20 Jahren der Bitkom. Aber auch Informationen zu Marktforschung, wie zum Beispiel, dass jeder Zweite Online-Bewertungen vor dem Kauf liest und jeder Fünfte beim Online-Shopping schon Betrug erlebt hat, kommen aus diesem Haus. In etwa 120 Arbeitskreisen und Ausschüssen mit Vertretern der Mitgliedsunternehmen und Mitarbeitern des Verbandes werden Studien, Leitfäden und Konzepte erarbeitet und veröffentlicht.

Der Bitkom (Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien e. V.) ist der Branchenverband der digitalen Wirtschaft in Deutschland. Er vertritt aktuell mehr als 2700 Unternehmen – davon über 1900 direkte Mitglieder – unter ihnen etwa 1000 Mittelständler, 500 Startups und nahezu alle Global Player. Gegründet wird er im Oktober 1999 von den Verbänden BVB, BVIT, VDMA und ZVEI sowie acht Einzelpersonen in Berlin. Handlungs- und rechtsfähig wird er mit der entsprechenden Bestätigung des Eintrags beim Amtsgericht im Jahr 2000. Im Folgenden richtet man eine Geschäftsstelle ein und nimmt den operativen Betrieb auf. Danach schließen der VDMA und der ZVEI ihre Fachverbände Informationstechnik und Kommunikationstechnik. In den Folgejahren werden weitere neun Verbände und Organisationen in den Bitkom integriert.

Der Verband setzt sich mit Nachdruck für die Digitalisierung von Wirtschaft, Gesellschaft und Verwaltung ein. Dabei geht es um einen beschleunigten Ausbau von Gigabitnetzen und digitalen Infrastrukturen für Energie und Verkehr, aber auch um einen Ausbau von Handel und Smart Homes sowie um den von Städten und Regionen. Wichtig sind dabei sowohl eine politische Flankierung datengetriebener Geschäftsmodelle, aber auch Schutz und Sicherheit, Plattformmodelle, disruptive Techniken und die Arbeit 4.0. Zudem liegt der Fokus der Arbeit weiterhin auf der Bildung für die digitale Welt: in Schulen, Hochschulen und in Formen einer lebenslangen Weiterbildung.

Digitalisierung von Wirtschaft, Gesellschaft und Verwaltung

„So wie wir heute schon die ganze Welt mit Getrieben beliefern, so müssen künftig die Steuerzentralen für autonome Mobilität aus Deutschland kommen. So wie wir führend in der Computertomografie sind, so müssen und können wir führend werden in der KI-gestützten Diagnostik und Therapie“, erläutert der Präsident des Bitkom, Achim Berg, in seinem Schlussvortrag auf dem letzten Digitalgipfel am 29. Oktober 2019 in Dortmund. Und gerade in der autonomen Mobilität und der individuellen Medizin sieht er Deutschlands Zukunft. Sein Lösungsvorschlag: sich auf die richtigen Themen konzentrieren, in sich konsistente Maßnahmen entwickeln und diese konsequent umsetzen. Man engagiere sich für digitale Strukturen und eine digitale Teilhabe. „Wir sind bereit für das digitale Deutschland“, schließt er seinen Vortrag und meint dies sicher sowohl feststellend als auch appellativ, denn das Ziel des Verbandes sei eine digitale Souveränität.

Digitalgipfel und Hub Berlin

Für den Bitkom sind dabei zwei Veranstaltungen von großer Wichtigkeit: zum Ersten der Digitalgipfel und zum Zweiten die Hub Berlin. Der Digitalgipfel ist ein vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie seit 2006 jährlich ausgerichteter Kongress. Dieser greift dabei die zentralen Handlungsfelder der digitalen Transformation in zehn thematischen Plattformen auf. Auf diesen Plattformen und ihren Fokusgruppen erarbeiten Vertreterinnen und Vertreter aus Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft unterjährig Projekte, Veranstaltungen und Initiativen, die die Digitalisierung in Wirtschaft und Gesellschaft voranbringen sollen. Beim Gipfel werden die Ergebnisse der Arbeiten präsentiert, Trends vorgestellt und digitalpolitische Herausforderungen sowie Lösungsansätze diskutiert. „Um Deutschland fit zu machen für die Digitalisierung, müssen wir Start-ups, Mittelständler und große Unternehmen viel enger zusammenbringen. Die Hub Berlin schafft diesen Brückenschlag in zwei Tagen und entwickelt sich zu einer wichtigen internationalen Dialogplattform rund um das Thema Digitalisierung“, erläutert Berg. Die nächste Hub Berlin findet am 1. und 2. April 2020 statt.

Die Digitalisierung ist im 21. Jahrhundert sicher von großer Wichtigkeit – gerade wenn es um Themen wie Industrie 4.0 und den Ausbau digitaler Infrastrukturen geht. Gleichwohl ist man in Deutschland traditionsbewusst und konservativ.

Deutschland ist konservativ und traditionsbewusst

Deshalb sind die Unternehmen und die Gesellschaft nach wie vor skeptisch. Das zeigt sich auch in den Umfragen des Bitkom: So sehen sich 12 % der Unternehmen durch eine Digitalisierung in ihrer Existenz bedroht, 37 % haben Probleme, sie überhaupt zu bewältigen, weil die Auftragsbücher einfach voll seien. Nur jedes fünfte Unternehmen investiere in die Digitalisierung. Bestätigt wird die Skepsis wohl auch damit, dass der Big Brother Award in der Kategorie „Wirtschaft“ im Jahre 2017 an den Bitkom geht. Begründung: Unkritisches Promoten von Big Data, penetrante Lobbyarbeit gegen Datenschutz und ferner sei er eine Tarnorganisation großer US-Konzerne, die dort das Sagen hätten. Letzteres kann insofern entkräftet werden, als vom aktuell 15-köpfigen Präsidium nur drei Vertreter von deutschen Niederlassungen von US-Konzernen sind. Allerdings sind alle Großen aus den USA im Verband organisiert.

Der Bitkom wird in seinem Wirken und seiner Überzeugungsarbeit nicht müde und will auch im Jahre 2020 wieder beim Digitalgipfel dabei sein – diesmal in Jena. Da­rü­ber hinaus wird es am 19. Juni den ersten bundesweiten Digitaltag in Deutschland geben, um weiter zu informieren und aufzuklären, denn dass „30 % der Bevölkerung Angst vor der Digitalisierung haben, dürfen wir nicht hinnehmen“, so Berg. Er fordert eine digitale Teilhabe für alle. Die Zeit sei reif, Deutschland auch zum digitalen Motor Europas zu machen. Bleibt zu hoffen, dass die Datensicherheit dabei nicht auf der Strecke bleibt. Denn der Schutz geistigen Eigentums muss auch im Zeitalter der Digitalisierung und des Datensammelns gewährt bleiben. MM

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