Montageautomation Deprag liefert an Grammer Montagesystem für 360 Kopfstützen pro Stunde
Crashaktive Kopfstützen sind eine Spezialität der Grammer AG. Unlängst hat das Zulieferunternehmen den Amberger Automations-Spezialisten Dreprag Schulz mit der Entwicklung von Montageanlagen für crashaktive Kopfstützen an Vordersitzen beauftragt, die in Polen und Mexiko zum Einsatz kommen.
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Kopfstützen am Autositz gehören heute zum passiven Sicherheitssystem jedes Fahrzeugs. Sie vermindern jähe Krafteinwirkungen auf die empfindliche Halswirbelsäule. Der Schutz der Fahrzeuginsassen vor Verletzungen bei Verkehrsunfällen bleibt eine der Kernaufgaben im Automobilbau. Im vergangenen Jahr ist es gelungen, die Zahl der Verkehrstoten weiter zu senken.
Intelligente Kopfstützen reduzieren Anzahl tödlicher Unfälle
Mit 4500 tödlich Verunglückten starben auf unseren Straßen zehn Prozent weniger Menschen als im Vorjahr. Mehr Sicherheit bei den Autos ist einer der Gründe für die erfreulich gesunkene Zahl. Intelligente Kopfstützen, die sich beim Aufprall nach vorne neigen und den Kopf wertvolle Millisekunden eher auffangen, leisten dazu ihren Beitrag.
Bei starkem Verzögern des Fahrzeugs durch Vollbremsung oder Aufprall auf ein Hindernis geschieht es: Nach dem physikalischen Trägheitsgesetz schnellt der Kopf des Fahrzeuginsassen zunächst nach vorne, um dann im Moment des Fahrzeugstillstands wieder nach hinten zu schlagen. Ohne Kopfstützen würden die Halswirbel über ihre Belastungsgrenze nach hinten überdehnt. Von Halswirbelsäulen-Schleudertrauma, Nervenquetschung bis Schädel-Hirn-Trauma reichen die medizinischen Folgen. Daher sind heutzutage Kopfstützen auf den vorderen Autositzen bei Fahrzeugen bis 3,5 t zwingend vorgeschrieben.
Vor allem bei einem Heckaufprall wird durch die Kopfstütze eine Überdehnung der Halswirbelsäule verhindert. Innovative, sogenannte crashaktive Kopfstützen gehen noch einen Schritt weiter. Sie stoppen vorzeitig die Beschleunigung des Kopfes nach hinten und vermindern so Verletzungen der Halswirbelsäule.
Aktive Kopfstützen strecken sich dem Kopf entgegen
Karl Meier (Kamei) gilt als der Erfinder der ersten Sicherheits-Kopfstützen, die 1952 vorgestellt wurden. Inzwischen gibt es neben den Standard-Kopfstützen auch „aktive“ Modelle, die sich beim Unfall dem Kopf schützend „entgegenstrecken“. Oder in die Kopfstützen sind Bildschirme als Teil des Multimediasystems im Auto eingebaut. Die Passagiere im Fond des Wagens können damit fernsehen, im Internet surfen oder Computerspiele spielen.
Solche crashaktiven Kopfstützen gehören zum Produktportfolio der Amberger Grammer AG. Das Unternehmen ist spezialisiert auf die Entwicklung und Herstellung von Komponenten und Systemen für die Pkw-Innenausstattung sowie von Fahrer- und Passagiersitzen für Offroadfahrzeuge, Lkw, Busse und Bahnen. In seinem umsatzstärksten Unternehmensbereich „Automotive“ liefert der bayerische Hersteller unter anderem auch Kopfstützen an namhafte Pkw-Hersteller und die Systemlieferanten der Fahrzeugindustrie.
Prozesssicherheit ist bei der Montage oberstes Gebot
Doch wie entsteht eigentlich eine Kopfstütze? Als Bestandteil der passiven Sicherheit im Fahrzeug muss bei ihrer Herstellung auf höchste Präzision geachtet werden. Prozesssicherheit ist oberstes Gebot, alle Montageschritte werden elektronisch überwacht und dokumentiert. Die Grammer AG hat jüngst den ebenfalls in Amberg ansässigen Automations-Spezialisten Deprag Schulz u. Co. mit der Entwicklung neuer Montageanlagen für innovative crashaktive Kopfstützen an Vordersitzen beauftragt. Die Montageanlagen kommen in Grammer-Werken in Polen und Mexiko zum Einsatz.
In 14 Schritten zur fertigen Kopfstütze
In 14 Arbeitsstationen wird das technische Innenleben der crashaktiven Kopfstützen zusammengebaut. Es besteht aus drei Teilen, die als „ZB-Auslöseeinheit“, „Träger-CAK“ und „Schlitten“ bezeichnet werden. Ausgangspunkt der Montagestrecke sind zwei Handarbeitsplätze, an denen Monteure die Werkstückträger mit einer „Auslöseeinheit“, einem „Träger“, einem „Schlitten“ und zwei Führungsfedern bestücken. Die Werker geben den Weg frei: Die Kopfstützenbauteile werden nun während ihrer Reise durch die Montagebahn Stück für Stück zusammengefügt.
An Station 2 überprüft die Montageanlage, ob alle erforderlichen Bauteile eingelegt und korrekt positioniert wurden. Auch Station 3 ist zunächst eine Prüfstation. Die „ZB-Auslöseeinheit“ wird mit Sensoren getestet: Ist das zugehörige Label vorhanden, stimmen die manuell montierten Zentrierungen? Wenn ja, kann die „Auslöseeinheit“ in den „Träger-CAK“ eingefügt und verschnappt werden.
Mensch und Maschine arbeiten eng zusammen
Nun ist Station 4 erreicht: Mit einem Linearfördersystem werden je Werkstück zwei Führungsrohre vereinzelt, justiert und in Position gebracht, anschließend zwei Kerbstifte per Fördersystem zugeschossen und in den „Träger-CAK“ und das Führungsrohr eingepresst. Nun geht die Fahrt auf der Montagestrecke zu Punkt 5, wo der per Fördersystem vereinzelte, zur Montage ausgerichtete Verriegelungsstift in den „Schlitten“ eingedrückt und verrastet wird.
An Station 6 erhält das Innenleben der späteren Kopfstütze die vom Werker manuell auf dem Werkzeugträger vorgesteckten Führungsfedern. Sie werden mittels Greifern erfasst, umgesetzt und in den „Träger-CAK“ platziert. Station 7 prüft zunächst diesen Vorgang und transportiert und vereinzelt anschließend zwei Scheiben, die sie mit einem Vakuumgreifer auf die Führungsrohre steckt.
Die Montage der crashaktiven Kopfstütze ist bereits sehr weit gediehen. An der achten Arbeitsstation erhalten zwei Druckfedern mit Doppelgreifern aufgesteckt ihren Platz auf den bereits montierten Führungsrohren. Zwei Leerstationen in der Anlagenstrecke folgen, hier könnten weitere Arbeitsmodule ihren Platz finden.
Jetzt wird der „Schlitten“ gesetzt. Die zwei Druckfedern werden positioniert und vorgespannt, die Führungsrohre ausgerichtet und der vom Bediener zu Beginn auf den Werkzeugträger aufgesteckte „Schlitten“ maschinell auf den „CAK-Träger“ gesetzt und eingerastet (Station 11). Dieser „Schlitten“ nähert bei einem Unfall die intelligente Kopfstütze blitzschnell dem Kopf des Fahrers oder Mitfahrenden, so dass er effektiver geschützt ist als bei einer herkömmlichen Kopfstütze. Das Verfahren des „Schlittens“ ist die wichtigste Funktion der crashaktiven Kopfstütze. Doch funktioniert dies auch ordnungsgemäß?
Der Ernstfall wird getestet
Es erfolgt der Test für den Ernstfall: An Station 12 wird die „Auslöseeinheit“ betätigt, das zuvor komplett montierte CAK-Modul ausgelöst und damit die Funktion der gefertigten Kopfstütze geprüft. Die erhaltenen Werte einschließlich Datum, Uhrzeit und Nummer des verantwortlichen Werkers werden per Datenübertragung im angeschlossenen Computersystem gespeichert und können mittels Excel-Sheet verarbeitet und ausgelesen werden. An Station 13 wird dem fertigen CAK-Modul ein Label mit den vorher in der Prüfstation generierten Prüfwerten aufgeklebt.
Nun erreicht das montierte Kopfstützenmodul die „Endstation“: Der Werker entnimmt und verpackt die Werkteile, die das Montagesystem geprüft und als in Ordnung befunden hat. Fehlteile (sogenannte N.i.O.-Teile) sondert das System aus. Auf dem Display des Panels für den Bediener erscheint die entsprechende Fehlermeldung, am Reparaturarbeitsplatz (Repa-Platz) arbeitet der Werker das fehlerhafte Werkteil nach.
Kurze Taktzeiten sorgen für hohen Durchsatz
Die von Deprag Schulz für den Kopfstützenbau entwickelten Montageanlagen sind ohne die Zuführeinrichtungen jeweils 8,34 m lang, 2,55 m breit und 2,40 m hoch. Die komplette Maschine mit allen Komponenten wiegt 9500 kg. Die Taktzeit beträgt weniger als 10 s, so dass sich mehr als 360 Kopfstützen in der Stunde auf der Anlage fertigen lassen.
Die Deprag Schulz GmbH u. Co. produziert Schraubtechnik, Montageautomations-Systeme, Druckluftmotoren und Druckluftwerkzeuge. Mit 600 Mitarbeitern ist das Unternehmen in über 40 Ländern vertreten.
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