BDI zum Koalitionsvertrag: „Der Koalitionsvertrag bietet viele vage Absichtserklärungen“
Laut BDI liefern FDP, Gründe und SPD in ihrem Koalitionsvertrag nur wenige konkrete Lösungsvorschläge. Enttäuschend sei auch der Verzicht auf die überfällige Steuerreform für Unternehmen.
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Die Bedeutung der Industrie und ihrer Innovationskraft steht laut BDI an vielen und zentralen Stellen sehr deutlich und positiv im Vertrag. Darauf lasse sich aufbauen. Die Vorschläge für eine wettbewerbsfähige Innovationspolitik seien zukunftsgerichtet. „Insgesamt benennt die neue Koalition richtige Aufgabenstellungen, liefert aber nur wenige konkrete Lösungsvorschläge. Der Koalitionsvertrag bietet viele vage Absichtserklärungen“, so BDI-Präsident Siegfried Russwurm. „Hier bleibt der Löwenanteil der Arbeit noch zu tun.“ Die Wirtschaft spreche sich ausdrücklich auch für eine Kultur der Verbindlichkeit der neuen Ampel-Koalition aus.
Den Anspruch für einen modernen Staat habe die Koalition zuoberst in ihren Vertrag aufgenommen. Es sei wichtig, dass sie die Umsetzung dieses Mammutprojekts mit großem Ehrgeiz vorantreibt. „Die Ampel-Koalition will richtigerweise Planungs- und Genehmigungsverfahren modernisieren, entbürokratisieren und digitalisieren“, sagt Russwurm. „Das angekündigte Jahrzehnt der Zukunftsinvestitionen muss Realität werden. Ein Bürokratieentlastungsgesetz ist wichtig für unsere Unternehmen.“
In der Energie- und Klimapolitik macht laut BDI Hoffnung, dass die Koalition für wirksamen Carbon-Leakage-Schutz und wettbewerbsfähige Preise sorgen will. Gut sei, die EEG-Umlage bereits Anfang 2023 komplett in den Bundeshaushalt zu übernehmen. Notwendig und richtig seien die Betonung des Energieträgers Wasserstoff, die zentrale Rolle der Brückenenergie Erdgas und die Wahrung der Versorgungssicherheit durch neue Gaskraftwerke, die H2-tauglich sind.
Klare Bekenntnis zur einer wettbewerbsfähigen Steuerbelastung der Unternehmen fehlt
„Eine überzeugende Darlegung der Finanzierungsmaßnahmen fehlt“, kritisiert Russwurm. „Viele Aufgaben bedeuten auch viele Ausgaben, die auf den Staat zukommen und bei denen es finanzpolitisch sehr viele Fragezeichen gibt.“ In der Steuerpolitik enthalte der Koalitionsvertrag einzelne Maßnahmen, die das Steuersystem am Standort verbessern. Allerdings fehle es an einem klaren Bekenntnis zu einer wettbewerbsfähigen Steuerbelastung der Unternehmen. „Der Verzicht auf die überfällige Steuerreform ist enttäuschend“, so Russwurm weiter. „Bei den Unternehmensteuern reichen punktuelle und befristete Investitionsanreize sowie eine befristete Ausweitung der Verlustverrechnung bei Weitem nicht aus.“ Die Digitalisierung und Entbürokratisierung des Steuersystems seien zentrale Maßnahmen, die den steuerlichen Rahmen verbessern würden und die der BDI unterstützt.
Der Vertrag schlägt aus Sicht des BDI mit seinen Aussagen für regelbasierten Freihandel und gegen Protektionismus die richtige Richtung ein. „Die Koalitionsparteien machen deutlich, dass die Handelspolitik neben der wirtschaftlichen auch die soziale und ökologische Nachhaltigkeit sowie die Durchsetzung von Menschenrechten im Blick haben sollte“, sagt Russwurm. „Hier die richtige Balance zwischen Prinzipien und Pragmatismus zu finden wird eine der größeren Herausforderungen für die neue Bundesregierung, für die sie eine Neustrukturierung der außenwirtschaftspolitischen Kompetenzen braucht.“
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