Sensorik Der Schlüssel für die smarte Fabrik
Im Gespräch mit MM Maschinenmarkt erklären Katrin Stegmaier-Hermle, Florian Hermle und Frank Nonnenmann wie neue Lösungen für die smarte Fabrik und wie die Digitalisierung die Zusammenarbeit im Unternehmen verändern und was die 100-jährige Geschichte von Balluff damit zu tun hat.
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Heute verfügt der Sensor- und Automatisierungsspezialist Balluff aus Neuhausen auf den Fildern über 38 Vertriebsniederlassungen in Europa, Asien, Nord- und Südamerika und auf allen anderen wichtigen Märkten. Es handelt sich also um einen echten global Player. Gegründet wurde das Unternehmen, das bereits in vierter Generation familiengeführt ist, schon vor 100 Jahren. Es überrascht also nicht, dass hochwertige Sensor-, Identifikations- und Bildverarbeitungslösungen inklusive Netzwerktechnik und Software für alle Anforderungen in der industriellen Automation nicht schon bei der Gründung im Zentrum der Aktivitäten standen. In unserem Interview mit der gesamten Geschäftsführung erfahren Sie mehr über die Geschichte des Unternehmens, aber vor allem, worauf es heute ankommt, wenn man die smarte Fabrik vorantreiben möchte.
Dieses Jahr feiern Sie das 100-jährige Bestehen von Balluff. Begonnen hat das Unternehmen nicht mit Sensorik, sondern als Werkstatt für Fahrräder, Nähmaschinen und Motorräder. Wie gelang der Einstieg in die Automatisierungstechnik?
Florian Hermle: Anfang der 1950er-Jahre hatte sich Balluff unter der Leitung meines Großvaters Eduard Hermle bereits zu einem Hersteller für Präzisionsteile entwickelt. Dabei fertigten wir beispielsweise Schwinghebel für den legendären Mercedes-Benz „Silberpfeil“ oder übernahmen Auftragsarbeiten für den Maschinenbau – unter anderem auch für den Maschinenbauer Heller aus Nürtingen. Heller suchte nach einem Produktionspartner für elektromechanische Steuerelemente. Die Schalter sollten eine hohe Schaltgenauigkeit haben und somit Hellers neueste Fräsmaschinengeneration noch präziser machen. Unser Großvater entschied sich dazu, in das – bis dahin für das Unternehmen unbekannte – Gebiet einzusteigen. 1956 startete Balluff dann in Neuhausen mit der Produktion des ersten Nockenschalters (BNS) – das erste elektromechanische Schaltgerät für elektrische Steuerungen, die in der Umgebung und unter den Umweltbedingungen einer Werkzeugmaschine zuverlässig funktionierten. Diese mutige Entscheidung unseres Großvaters bedeutete für Balluff den Einstieg in die Automatisierungstechnik.
Wie ging es dann weiter?
Hermle: Schritt für Schritt folgten Ende der 60er-Jahre die induktiven Näherungsschalter, in den 80er-Jahren die RFID-Systeme sowie die magnetostriktiven Wegaufnehmer und magnetkodierten Wegmesssysteme um die Jahrtausendwende. Die Einführung von IO-Link als erste standardisierte digitale Schnittstelle auf der Feldebene markierte 2006 dann unseren Einstieg in das Industrial Internet of Things (IIoT). 2016 erweiterten intelligente Kamerasysteme dann unsere Identifikationskompetenz. Und seit 2017 treiben wir verstärkt Digitalisierungslösungen voran.
Katrin Stegmaier-Hermle: Heute ist Balluff ein global aufgestelltes Unternehmen mit Vertriebsniederlassungen und Vertretungen in mehr als 60 Ländern der Welt. Die Grundlage für die konsequente Internationalisierung verdanken wir unserem Vater Rolf Hermle. Die erste ausländische Niederlassung wurde 1971 in Österreich gegründet. Ab Anfang der 80er- Jahre trieb unser Vater die Internationalisierung weiter voran. Zuerst suchte er vertrauensvolle Partner, die unsere Produkte vor Ort verkauften. Bei Erfolg wurde dann eine eigene Balluff-Niederlassung gegründet. Heute sind wir auf allen wichtigen Märkten mit unserem Portfolio aus mehr als 30.000 Produkten für hochwertige Sensor-, Identifikations-, Netzwerk- und Softwarelösungen für die industrielle Automatisierung vertreten.
Sie bezeichnen sich oft als Datenlieferanten für die Industrie. Was steckt dahinter?
Frank Nonnenmann: Egal ob Predictive Maintenance, Condition Monitoring oder Traceability in der Fertigung, unsere Lösungen helfen unseren Kunden dabei, Daten zu generieren, Transparenz zu schaffen, Fehler zu vermeiden und bessere Entscheidungen zu treffen. Wir verstehen uns als Datenlieferanten: Die von unseren Sensoren erfassten und bereit- gestellten Daten bilden die Grundlage für die Digitalisierung ganzer Produktionssysteme.
Welche Rolle spielen dabei intelligente Sensoren?
Nonnenmann: Für die Umsetzung einer smarten Fabrik im Sinne von IIoT benötigt man intelligente Sensorik. Zusätzlich zu Prozess- und Zustandsdaten liefern die intelligenten Komponenten auch wertvolle Diagnosedaten. Mit ihnen können Zusammenhänge erkannt und Rückschlüsse auf den Zustand der Maschine gezogen werden, um Predictive Maintenance zu ermöglichen. Somit erkennen wir Abweichungen und Trends, planen die Wartung optimal und vermeiden Stillstände. Smarte Sensorik wie unser Condition Monitoring Sensor (BCM) bietet beispielsweise schon viele relevante Funktionen zur intelligenten Zustandsüberwachung. So erkennt der BCM Vibration und Neigung oder misst Luftfeuchtigkeit, Umgebungsdruck und Temperatur. Die Signaldarstellung unmittelbar am Gerät oder die Visualisierung auf Dashboards ermöglicht die direkte Auswertung der Informationen. Leistungsstarke Netzwerktechnik und Cloudcomputing sorgen für die nahtlose Verknüpfung der Produktionsebene mit der IT.
Welche Technologien treiben diese Verschmelzung der Feldebene mit der IT voran und was trägt Balluff dazu bei?
Nonnenmann: Wir sehen großes Potenzial darin, die Daten für unsere Kunden noch zugänglicher zu machen. Deshalb wollen wir unser Portfolio an Networking- Lösungen weiter ausbauen. Dazu gehört auch die Daten-Vorverarbeitung. Zudem möchten wir noch flexiblere Lösungen entwickeln. Diese sollen dabei helfen, Daten zu generieren, die vorher nur schwierig oder mit großem Aufwand erfasst werden konnten. Wireless-Technologien sind der Schlüssel, um die industrielle Kommunikation zu entfesseln. Deshalb haben wir in den vergangenen Jahren intensiv an einem IO-Link- Wireless-Standard gearbeitet und freuen uns sehr darüber, dieses Jahr unser Portfolio für die berührungslose Datenübertragung um einen wichtigen Baustein erweitern zu können. Auch die Einführung von 5G wird dieses Thema noch weiter vorantreiben.
Hermle: Ein weiterer Baustein ist zweifellos die Software. Auch für uns hat der Bereich eine stetig wachsende Bedeutung: Mittlerweile arbeiten bei uns mehr als 100 Softwareexperten – denn viele Produkte kommen ohne Software gar nicht mehr aus. Unser Ziel ist es, durch die passende Software zu unseren Produkten den Aufwand für Installation, Parametrierung und Aktualisierung so gering wie möglich zu halten.
Mittlerweile sind beinahe zwei Jahre seit Beginn der Coronapandemie vergangen. Wie haben Sie Ihr Unternehmen durch diese Zeit geleitet?
Stegmaier-Hermle: 2020 war in der Tat kein einfaches Jahr für uns. An erster Stelle stand für uns die gesundheitliche Sicherheit unserer Belegschaft. Der weltweite Nachfrageeinbruch durch die Coronakrise und strukturelle Herausforderungen in der Automobilindustrie setzten uns zu. Heute stehen wir wieder viel besser da und sind zuversichtlich, dass wir das Jahr 2021 mit einem ordentlichen Wachstum abschließen, um dann wieder auf Vorkrisenniveau zu landen.
Wenn Sie auf die vergangenen Jahre zurückschauen: Was ist das Erfolgsrezept von Balluff?
Stegmaier-Hermle: Ich glaube nicht, dass es nur einen richtigen Weg gibt, um erfolgreich zu sein. Jede Zeit hat ihre Herausforderung. Ich denke jedoch, dass es einige Konstanten gibt, die wir bei Balluff verinnerlicht haben. Wir entwickeln qualitativ hochwertige Produkte und neue Technologien nicht zum Selbstzweck, sondern achten immer darauf, dass unsere Kunden mit unseren Lösungen erfolgreicher sind. Zudem sind wir offen für Neues und können auch mit Unsicherheit umgehen.
Wie sieht das in der Praxis aus?
Hermle: Ein Beispiel sind unsere strategischen Inkubationsprogramme, in denen seit 2020 Projektteams neue Geschäftsideen eigenständig vorantreiben. Dabei folgen sie der Lean-Start-up- Methode, deren Hauptaugenmerk auf Schnelligkeit und dem direkten Kundenaustausch liegt. Sie arbeiten flexibel zusammen, ganz ohne starre Rollenbeschreibungen und Prozesse. Durch den engen Austausch mit Kunden sehen die Teams direkt, ob die verfolgte Geschäftsidee funktioniert und den Anforderungen des Marktes entspricht. Ist dies nicht der Fall, wird die Idee weiter ausgearbeitet– oder verworfen. Diese positive Fehlerkultur, auch „fail fast“ genannt, schafft Transparenz und steigert die Effektivität in den Teams. Daraus sind schon einige konkrete Kundenlösungen wie das Smart Reordering System, die Guided Changeover Solution oder das Portable Monitoring System entstanden.
Sie haben im August 2020 mit dem Bau des neuen Büro- und Verwaltungsgebäudes am Stammsitz in Neuhausen auf den Fildern begonnen. Wie wird sich die neue Arbeitswelt hier widerspiegeln?
Stegmaier-Hermle: In den vergangenen 20 Monaten haben wir mit Blick auf die Digitalisierung unserer eigenen Arbeitsprozesse einen enormen Schub erlebt. Die gewonnene Flexibilität hilft Mitarbeitern dabei, ihren Arbeits- und Familienalltag besser zu vereinbaren. Als Familienunternehmen möchten wir unsere Belegschaft auf diesem Weg weiter unterstützen. Das neue Büro- und Verwaltungsgebäude wird als Katalysator für mehr Zusammenarbeit wirken, denn der Neubau bündelt die verschiedenen Büros in Neuhausen an einem Ort – dem Balluff Campus. Wir setzen auch zukünftig auf mobiles Arbeiten, hybride Meetings und führen das Prinzip geteilter Arbeitsplätze ein. Wir sind uns sicher, dass wir so für die Anforderungen der Zukunft gerüstet sind.
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