Gießen Deutsche Gießerei-Industrie bleibt auf Rekordjagd

Redakteur: Jürgen Schreier

Hannover (jk) – Die Gießerei-Industrie in Deutschland hat erneut einen Produktionsrekord aufgestellt. Das verkündeten die beiden Hauptgeschäftsführer des Deutschen Gießerei-Verbands

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Hannover (jk) – Die Gießerei-Industrie in Deutschland hat erneut einen Produktionsrekord aufgestellt. Das verkündeten die beiden Hauptgeschäftsführer des Deutschen Gießerei-Verbands e.V. (DGV) und des Gesamtverbands deutscher Metallgießereien e.V. (DGM) – Dr. Klaus Urbat und Gerhard Klügge – auf der Hannover-Messe. Bei den deutschen Stahl-, Eisen- und Tempergießereien war das bereits der vierte Rekord in Folge. Den fünften Rekord hat man bereits im Visier.

Im vergangenen Jahr verbuchten die Stahl-, Eisen- und Tempergießereien einen Auftragseingang von über 4,9 Mio. t. Das enspricht laut DGV-Hauptgeschäftsführer Urbat einen Anstieg um 9,7% im Vergleich zum Vorjahr. Über diesen Durchschnittswert lag der Ordereingang aus dem Maschinenbau. Die Nachfrage nach Gussteilen auf Eisenbasis für Maschinen und Anlagen stieg um 11,6% auf auf 1,2 Mio. t. Auch der Produktbereich Rohre und Rohrformstücke legte um 9,6% überdurchschnittlich zu.

Fahrzeugindustrie wieder stärkster Wachstumstreiber

Von den Fahrzeugherstellern wurden 2,6 Mio. t Stahl-, Eisen- und Tempergussteile im Jahr 2006 geordnet. Das waren 7% mehr als im Jahr zuvor. Damit hat die Fahrzeugindustrie zwar nicht hinsichtlich der relativen, jedoch der absoluten Menge am stärksten zuglegt – und damit laut Urbat wieder die Rolle des Hauptwachstumsträgers übernommen.

Insgesamt lag das Produktionsvolumen der Stahl-, Eisen- und Tempergießereien in Deutschland bei über 4,5 Mio. t. Gussteile. Im Vergleich zum Vorjahr entspricht das mengenmäßig einen Anstieg und 5,8%. Wertmäßig ist das ein Zuwachs um 7,7%, der zu einem Produktionswert von mehr als 7,2 Mrd. Euro im vergangenen Jahr führte. Mehr als 30% der produzierten Gussteile wurde direkt ins Ausland geliefert. Das Exportvolumen lag im Jahr 2006 bei 1,4 Mrd. Euro.

Produktionszunahme bei allen NE-Metalllegierungen

Bei Gussteilen aus Nichteisen-Metallen (NE-Metalle) erreichte die Produktion im vergangenen Jahr mehr als 990000 t – nach einer Steigerung um 10,3%. So haben laut DGM-Hauptgeschäftsführer Gerhard Klügge auch die NE-Metallgießereien den Produktionsrekord erneut gebrochen. Das schlug sich beim Umsatz in einem Anstieg auf 5 Mrd. Euro nieder. Für den Produktionsanstieg ist nach Angaben von Klügge nicht eine gestiegene Nachfrage bei Gussteilen aus Aluminiumlegierungen verantwortlich. Sie erhöhte sich um 9,4% auf über 796000 t. Auch andere Legierungen legten kräftig zu.

Hinsichtlich der weiteren Umsatzentwicklung bleibt Klügge optimistisch. So wird der Automobilbau als Hauptabnehmer von NE-Metallgussteilen laut dem DGM-Hauptgeschäftsführer „auch in diesem Jahr die wesentliche Stütze der NE-Metallgießereien“ sein. Das Baugewerbe – jahrelang das Sorgenkind – soll in diesem Jahr wieder glänzen. Klügge prognostiziert bei Anwendungen in dieser Branche ein Plus von 3,5%. Über Jahre hinweg im Aufwärtstrend befinden dagegen sich Anwendungen im Maschinen- und Anlagenbau. Daran werde sich – wie bei den Anwendungen in der Elektro und Elektronik-Industrie – in diesem Jahr nichts ändern.

Preissprünge bei Rohstoffen bleibt unabwägbar

Dagegen bleiben Rohstoff- und Energiepreise problematisch für die Wirtschaftlichkeit der NE-Metallgießereien. So sieht Klügge „mit großer Sorge“ den Versuch in der Automobilindustrie, die Gussteilhersteller an den steigenden Kosten für Nichteisen-Metalllegierungen zu beteilgen. Bisher war es üblich, dass die Gießereien die Werkstoffkosten 1 zu 1 an Kunden weiterreichen konnten. Nun gestalte sich dies zunehmend schwieriger, klagt der DGM-Hauptgeschäftsführer. Mit der Übernahme des Kostenrisikos seien die NE-Metallgießereien nicht nur überfordert, auch könne die Existenz konkret bedroht sein.

Diese Bedrohung sieht DGV-Hauptgeschäftsführer Urbat bei Stahl-, Eisen- und Tempergießeren weniger. Beim Hauptrohstoff – dem Stahl- und Eisenschrott – seien die Kostensprünge inzwischen kleiner. Was Sorgen bereitet, sind bestimmte Legierungselemente wie Nickel und Molybdän. Sie seien ins Blickfeld von Spekulanten gerückt. Das macht die Kostenkalkulation für die tatsächlichen Abnehmer wie die Gießereien extrem schwierig. Sie sei mittlerweile zur „Archillesferse“ der Branche geworden.

Allerdings stehen die Gießer dieser Entwicklung nicht tatenlos gegenüber. So wurde an der Universität Freiberg/Sachsen ein Gusswerkstoff mit Chrom-Nickel-Stahleigenschaften entwickelt, der ohne Nickel auskommt. Solche Entwicklungen machen Urbat für die weitere Branchenentwicklung zuversichtlich. Jedenfalls ist er sich sicher, dass es bei Stahl-, Eisen- und Tempergussteilen in diesem Jahr wieder einen Produktionsrekord geben wird.

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