Branding im Mittelstand Die fünf größten Irrtümer in Sachen Markenführung

Autor / Redakteur: Birger W. Hetzinger / Margit Kuther

Wie markenbewusst sind mittelständische B2B-Unternehmen? Wenn man aktuellen Untersuchungen glauben darf, leider viel zu wenig.

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Der Bienenschwarm als Key Visual des Automatisierungstechnik-Unternehmens epis: Ganz bewusst wurde damit ein Kontrapunkt zur Technik-Branche gesetzt. Die Biene mit ihrer positiven Symbolik sorgt darüber hinaus für Differenzierung gegenüber anderen Marken.
Der Bienenschwarm als Key Visual des Automatisierungstechnik-Unternehmens epis: Ganz bewusst wurde damit ein Kontrapunkt zur Technik-Branche gesetzt. Die Biene mit ihrer positiven Symbolik sorgt darüber hinaus für Differenzierung gegenüber anderen Marken.
(Bild: epis Automation)

Unter 20% der mittelständischen B2B-Unternehmen betreiben klassische Markenentwicklung oder haben eine langfristig angelegte Markenstrategie. Und die restlichen 80%? Einige glauben, sie brauchen keine Markenführung. Viele sind der Meinung, sie haben mit dem Logo und ein paar Gestaltungsregeln schon eine Marke. Andere wiederum sind stolz auf seitenlange Philosophien. Für die meisten ist strategische Markenführung unklar oder Zukunftsmusik. Tatsache ist: B2B-Unternehmen arbeiten an ihrer Markenpolitik längst nicht so professionell wie an ihren Vertriebsstrategien oder an der Entwicklung ihrer Produkte. Marke als Unternehmensziel ist Utopie.

Marke als Ankerpunkt für ganzheitliches Handeln

Dabei sichert eine klare Markenstrategie langfristig den Unternehmenserfolg und spart zudem Kosten. Das ist den meisten so gar nicht bewusst. Denn die Marke ist Ankerpunkt für ein ganzheitliches Denken und Handeln im Unternehmen. Markengetriebene Unternehmen sind wirtschaftlicher und erfolgreicher als ihre Konkurrenten. Sie sind flexibler in der Krise und wachsen kontinuierlicher. Sie sind attraktiver für den Arbeitsmarkt und ihre Produkte unterliegen weit weniger dem Preisdiktat. Eine klare Markenstrategie gibt Orientierung für Kunden, Lieferanten und Mitarbeiter. Sie schafft nachhaltigen Mehrwert und baut Vertrauen in den Anbieter auf.

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Alles logisch, alles bekannt und trotzdem investieren nur knapp 20% der Unternehmen bewusst in ihre Marke. Woran liegt das? Zunächst einmal daran, dass zum Thema Marke ein sehr unterschiedliches Verständnis besteht und zahlreiche Vorbehalte dauerhaft bei Entscheidungsträgern das Thema blockieren. Hier die fünf häufigsten Irrtümer:

Irrtum Nr. 1: Mein Logo ist meine Marke

Ein gestaltetes Logo und ein paar grob definierte CD-Richtlinien werden oft schon als Markenauftritt gesehen. Dabei ist das Logo solitär betrachtet nicht viel mehr als ein gestalteter Absender ohne Inhalt und Struktur. Im B2B ist in der Regel das Unternehmen die Marke. Um sie gegenüber dem Wettbewerb dauerhaft differenzierend zu entwickeln, muss zunächst ein werteerklärender Markenkern herausgearbeitet werden. Er ist Leitlinie für alle weiteren Schritte und Basis für das zukünftige Markengesicht.

Irrtum Nr. 2: Marke ist nur etwas für die Großen

Ein weit verbreiteter Irrtum, denn die Größe eines Unternehmens spielt keine Rolle. Eine klare Markenstrategie differenziert jedes Unternehmen, ob groß oder klein, und macht es zum Unikat. Das Gasthaus um die Ecke kann sich genauso differenzieren wie der Weltkonzern, der seinen Kunden „Freude am Fahren“ verspricht. Im Gegenteil, mittelständische Unternehmen sind flexibler, entscheidungsfreudiger und schneller im Markenprozess und seiner Umsetzung. Zahlreiche Hidden Champions sind der Beleg dafür.

Irrtum Nr. 3: Marke kann beliebig geändert werden

Eine erfolgreiche Marke zeichnet sich durch Kontinuität und Konsequenz aus. Ständige Veränderungen der Markenpositionierung und des Auftritts beschädigen die Marke und führen über kurz oder lang zu ihrer Auflösung. Nur wer die Botschaft kontinuierlich lebt und konsequent umsetzt, kann seine Marke erfolgreich entwickeln.

Irrtum Nr. 4: Markenführung kostet ein Vermögen

„Markenentwicklung? Das können wir uns nicht leisten, das kostet doch ein Vermögen!“ Als Markenberater hört man das immer noch häufig. Kosten werden vordergründig betrachtet, ohne den ganzheitlichen Veränderungsprozess zu sehen, den strategische Markenführung bewirkt. Markenführung ist ein Investment, das sich – richtig eingesetzt – nachweislich lohnt.

Denn ohne Markenprozess und eine konsequente Markenstrategie regiert nicht selten Aktionismus: Kommunikation hat keine Orientierung, Maßnahmen verzahnen sich nicht. Der Erfolg wird dem Zufall überlassen, Budgets ziellos verbraten. Ein sichtbarer Effekt bleibt aus. Anders, wenn sich alles an der Marke und dem Markenkern orientiert. Dann gestalten sich Prozesse und Maßnahmen hocheffizient und überprüfbar, verzahnen sich zu einem gesamthaften Markenkonzept. Und ein solches Investment trägt sich schnell.

Irrtum Nr. 5: Gute Werbung = gute Marke

Gute Werbung schafft noch lange keine Marke. Sie ist zwar sichtbarer Ausdruck der Marke, aber eben nur ein Teilaspekt guter Markenführung. Der Markenkern muss das ganze Unternehmen durchdringen: Personal, Entwicklung, Einkauf Marketing, Vertrieb, Logistik. Nur wenn sich alle am Markenkern orientieren, wird die Marke erfolgreich sein. Nehmen wir die Marke BMW. Der Claim „Freude am Fahren“ definiert sich sichtbar am Produkt. Aber auch im Servicefall muss das Markenversprechen greifen. Ein freundlicher Kundendienst, ein unkomplizierter Termin und eine Wohlfühlatmosphäre tragen auch hier zur Umsetzung des Markenversprechens bei.

So funktioniert Marke ohne große Budgets in der Praxis

Beispiele dafür, dass und wie Marke ohne große Budgets auch in kleineren mittelständischen Unternehmen erfolgreich funktioniert, sind Kirsch Verpackungssysteme und epis Automation. Beides inhabergeführte Unternehmen, die mit einer klaren Perspektive für die Marke ihre Unternehmen für die Zukunft positioniert haben. Das gelingt immer dann gut, wenn der Aufbau der Marke als Unternehmensziel verstanden wird. Dafür braucht es einen starken Treiber, hin und wieder auch einen Visionär, der den Prozess anstößt und voranbringt. Marke entwickelt sich auch nicht von heute auf morgen, sondern über einen längeren Zeitraum hinweg.

Hinweis

Der Artikel erschien ursprünglich bei marconomy als Teil 1 der Serie „Strategische Markenführung in B2B-Unternehmen“. Thema von Teil 2 ist „Der Markenprozess als Initialzündung“. Inhalt von Teil 3 ist die „Die Bemo-Markenstory“. Verantwortliche Redakteurin für die Serie ist Gesine Herzberger (marconomy).

* Birger Wolfgang Hetzinger ist Geschäftsführer bei Dongowski & Simon Brand Consultants

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