Elekrostapler Die Stromer kommen gut an
Dass im Dreiklang von Gabelstaplern mit Diesel-, Treibgas- und Elektroantrieb die elektrisch betriebenen Drei- und Vierradgeräte die Nase vorn haben, machen folgende Zahlen deutlich: Im 1. Halbjahr 2016 zog der europäische Markt für Flurförderzeuge um 13 % an. Elektrisch angetriebene Gegengewichtsstapler wurden in Europa von Januar bis Juni um 7 % stärker nachgefragt, elektrisch angetriebene Lagertechnikgeräte konnten gar um 15 % zulegen.
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Der flottenübergreifende Anteil elektrisch angetriebener Flurförderzeuge der führenden Hersteller ergibt ein durchaus differenziertes Bild. „Wenn wir von elektrisch angetriebenen Flurförderzeugen sprechen, dann gehören hier unsere Dieselstapler mit ihrem dieselelektrischen Antrieb dazu und somit wäre der Anteil an elektrisch angetriebenen Flurförderzeugen bei 98 % unseres Gesamtportfolios“, sagt Dr. Henry Puhl, Vorsitzender der Still-Geschäftsführung in Hamburg. „Rechnen wir die dieselelektrischen Fahrzeuge raus, liegt der Anteil bei 90 %.“ Der Anteil an Lagertechnikgeräten im Portfolio von Jungheinrich ist mit fast 95 % der Produktion sehr hoch. Auf den Plätzen zwei und drei folgen Toyota Material Handling und Linde Material Handling mit jeweils etwa 80 % Elektroanteil. Und auch bei Crown „liegt das Gros des Gesamtportfolios weiterhin bei den Elektrogeräten, sowohl mit Blei- als auch mit Lithium-Ionen-Akkus“. Bei UniCarriers macht der Elektrogeräteabsatz immerhin noch 60 % aus.
Seit 2009 werden in Europa mehr Elektro- als verbrennungsmotorische Flurförderzeuge gekauft. „Wir sehen dies als einen nachhaltigen Trend. Wer sich die europäischen Absatzzahlen von Gabelstaplern der letzten Jahre näher ansieht, stellt fest, dass seit etwa sechs Jahren in Westeuropa mehr Elektrostapler gekauft werden als solche mit Verbrennungsmotor. Selbst in Osteuropa, wo verbrennungsmotorische Stapler einst klar dominierten, ist ihr Vorsprung seit 2009 auf ein Minimum zusammengeschrumpft. Für uns ist diese Entwicklung nachvollziehbar und erfreulich“, so Puhl.
Nachhaltigkeit zieht als Argument
Aber auch Anbieter aus dem fernen Japan wie UniCarriers, der inzwischen von Mitsubishi übernommen wurde, sehen Veränderungen innerhalb des Antriebs-Mix klar in Richtung Elektro. „Wir stellen tatsächlich einen modellübergreifenden Rückgang der Nachfrage nach verbrennungsmotorisch angetriebenen Staplern zugunsten von Elektrostaplern fest. Das liegt unter anderem daran, dass eine nachhaltige Ausgestaltung von Produktions- und Logistikabläufen für unsere Kunden immer selbstverständlicher wird und ein Elektroantrieb daher die erste Wahl ist“, analysiert Mikael Pålsson, Head of Product Management UniCarriers Europe.
Weltmarktführer Toyota Material Handling sieht einen schon seit Jahren ungebrochenen Trend hin zu elektrisch betriebenen Staplern, der unter anderem durch die immer besser werdende Leistung der Geräte unterstützt werde. „Wir als Hersteller arbeiten daran, durch neue Techniken, wie etwa die elektrische Servolenkung im Traigo 48, die Energieverbräuche weiter zu senken“, heißt es von Unternehmensseite aus. Auch für den US-Amerikaner Crown ist eine Tendenz in Richtung Elektroantrieb „durchaus zu erkennen, dazu tragen unter anderem auch die Fortschritte der Lithium-Ionen- Technologie bei. Als traditioneller Anbieter von Elektrostaplern liegt unser Hauptaugenmerk auch weiterhin auf der Weiterentwicklung von Elektroantrieben. Jedoch spielen kraftvolle verbrennungsmotorische Antriebe, insbesondere im Außeneinsatz unter schwierigen Bedingungen im Hinblick auf Temperatur, Nässe und Schmutz, durchaus eine wichtige Rolle, was uns unter anderem auch zum Eintritt in den Markt der LPG-Stapler veranlasst hat“, sagt Jörn Erdmann, Communications Manager Europe bei Crown.
Elektro-Primus Jungheinrich nennt gleich mehrere Gründe für die „Pro-Elektro-“Entwicklung. Zum einen gebe es immer strengere Gesetze und Anforderungen an die Verbrenner. Neue Abgas-Grenzwertstufen würden die Kosten für Motoren und Abgasfilter erheblich erhöhen. „Zum anderen werden Elektro-Flurförderzeuge aufgrund hocheffizienter Steuerungstechnik, modernster Motorentechnologie und effektiven Energiemanagements immer effizienter“, so das Unternehmen. Jungheinrich garantiert den Kunden mit „2Shifts1Charge“ den durchgehenden Einsatz von zwei Schichten am Stück, ohne dass die (Blei-Säure-)Batterie gewechselt oder zwischengeladen werden muss. Mit der Lithium-Ionen-Technologie sei dank kurzer Zwischenladungen sogar ein Dreischichtbetrieb ohne Batteriewechsel möglich.
Performance der Verbrenner greifbar
„Eine Möglichkeit zum schnellen Einstieg in die neue Speichertechnologie sind sogenannte Lithium-Re- placement-Batterien ,Made by Jungheinrich‘, die schon heute für fast alle 24- und 48-V-Fahrzeuge unserer Flotte verfügbar sind. Bereits im kommenden Jahr werden wir eine 80-V-Variante der Li-Ion-Batterie vorstellen“, heißt es aus Hamburg. Mittelfristig ermögliche es die Technologie, an die Performance von verbrennungsmotorisch angetriebenen Flurförderzeugen heranzukommen. Sicher ist heute der Marktanteil dieser Geräte im Vergleich zu Staplern mit Blei-Säure-Akku noch gering, doch Jungheinrich ist überzeugt, dass sich diese Proportionen in den nächsten Jahren deutlich zugunsten des Lithium-Ionen-Akkus verschieben werden.
Auch Linde Material Handling, Europas Staplerbauer Nummer 1, hat einen klaren Trend ausgemacht: „Aufgrund der sich ständig verschärfenden Abgasgesetzgebung und der gleichzeitig steigenden Leistungsfähigkeit der Elektrostapler substituieren unsere Kunden zunehmend dieselbetriebene verbrennungsmotorische Stapler mit Treibgasstaplern und mit elektrisch angetriebenen Staplern.“
Elektro ist nicht gleich Elektro
Man muss das Rad nicht neu erfinden. Diesen Leitspruch haben sich sowohl Linde Material Handling als auch Toyota Material Handling für ihre E-Stapler zu eigen gemacht. Beispiel Linde: Das Unternehmen hat schon 2000 einen Elektrostapler mit Brennstoffzellen-Antrieb als Prototyp vorgestellt und kann dabei auf die Kooperation der langjährigen „Konzernschwester“ Linde Gas zählen. „Mittlerweile haben wir sowohl Lagertechnikgeräte als auch Gegengewichtsstapler mit Brennstoffzellen-Hybridantrieb in unserem Serienprogramm“, heißt es aus Aschaffenburg. In zwei großen, langfristig angelegten Feldversuchen hätten diese Fahrzeuge sowohl ihre Alltagstauglichkeit als auch ihre Wirtschaftlichkeit unter Beweis gestellt.
„Allerdings sehen wir die Brennstoffzelle weniger als Nachfolgetechnologie der Lithium-Ionen-Batterie. Je nach Einsatz werden sich beide Technologien in bestimmten Bereichen etablieren. Durch die schnelle Betankung mit Wasserstoff haben Brennstoffzellen-Fahrzeuge auch gegenüber Fahrzeugen mit schnell ladenden Li-Ion-Batterien einen erheblichen Produktivitätsvorteil, der sich im intensiven Dreischichtbetrieb natürlich auszahlt“, ist man sich bei Linde sicher.
Toyota verfügt über langjährige Erfahrungen im Bereich Lithium-Ionen-betriebener Flurförderzeuge. „Wir waren auch hier einer der ersten Anbieter am Markt mit Seriengeräten, sodass wir mittlerweile die positiven Erfahrungen unserer Kunden weitergeben können. Die unkomplizierten Ladeabläufe mit Zwischenladungen können bei den Kunden problemlos umgesetzt werden“, ist aus der Deutschlandzentrale in Isernhagen zu erfahren. Herausforderungen seien eher in der Peripherie – sprich Energieversorgung und Netzabsicherung im Gebäude – zu suchen.
Fragezeichen Brennstoffzelle
Ähnlichen Herausforderungen steht Toyota auch in der Brennstoffzellen-Technik gegenüber. „Die Brennstoffzellen-Technologie ist verfügbar. Toyota bietet diese auch serienmäßig an. Jedoch stellt sich die Frage, wie und woher der Wasserstoff kommt. Die Infrastruktur, wie Tankstellen herzustellen, ist in Deutschland heute noch eine Herausforderung, da es noch große Unsicherheiten bezüglich der Sicherheit von Wasserstoff gibt“, so Toyota. „Einer muss jedoch der Mutige sein und Produkte in den Markt bringen. Unsere Konzernschwester Toyota Automotive hat mit dem ersten serienverfügbaren Pkw mit Wasserstoff-Brennstoffzellen-Technik – dem Mirai – auch in diesem Sektor den ersten Schritt genommen“, heißt es selbstbewusst aus Isernhagen.
Auch für Jungheinrich ist die Li-Ion-Technologie im Markt angekommen. „Welche Art von ,Chemie‘ wir in den nächsten Jahren erwarten dürfen und welche Vorteile diese bringt, ist noch offen. Die Brennstoffzelle ist nur ein Spannungswandler und benötigt für die Stapleranwendung zurzeit eine Li-Ion-Batterie, um der Anforderung von hohen Energieströmen beim Fahren oder Beschleunigen ebenso wie beim generatorischen Bremsen gerecht zu werden.“ Jungheinrich hat seine Kompetenz in der Energieversorgung von Flurförderzeugen, wie es heißt, bereits in zahlreichen Projekten bewiesen und ist in der Lage, alle Neufahrzeuge, die an sich für den Betrieb mit 24- bis 80-V-Blei-Säure-Batterien ausgelegt sind, auf Brennstoffzellen umzurüsten. Die gewünschten Umbauten an den Geräten führt das Customizing des Jungheinrich-Werkes in Lüneburg durch.
Vergleicht man Li-Ion-Batterien mit Brennstoffzellen, haben für Still-Geschäftsführer Dr. Henry Puhl aus heutiger Sicht zukünftig die Li-Ion-Batterien noch die Nase vorn, „allein weil die Infrastruktur dafür bereits gegeben beziehungsweise leichter herzustellen ist und die Wartung hier entfällt. Dennoch haben wir auch diese Technologie weiter im Blick. Seit 2003 sind bereits Brennstoffzellen-Fahrzeuge von Still in unterschiedlichen Projekten in Europa im Einsatz.“
Crown arbeitet eng mit interessierten Kunden zusammen und unterstützt sie dabei, die Vor- und Nachteile der Verwendung von Brennstoffzellen gegenüber Bleiakkumulatoren besser zu verstehen. Gegenwärtig sind weltweit rund 4000 Crown-Gabelstapler mit Brennstoffzellen-Antrieb im Einsatz. ■
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