Ein-Kanal-Minimalmengenschmiersystem Effiziente Regelung macht Tieflochbohren prozesssicher
SKF bietet eine zusätzliche Varianten des Ein-Kanal-Minimalmengen-Schmiersystem (MMS) Digital Super BPC mit Bypass Control an: Das ressourcenschonende System kann jetzt auch die über den Bypass geführte Aerosolmenge in einen Nachfüllbehälter zurückführen. Außerdem wurde die gesamte Steuerung des Bypasses in das Hauptgerät integriert.
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Umfangreiche Tests haben bereits gezeigt, dass das Ein-Kanal-System Digital Super BPC von SKF (Bild 1) vergleichbare bis bessere Ergebnisse erzielt als die aufwendige und verbrauchsintensivere Versorgung mit einem Zwei-Kanal-System: Das Aerosol gelangt durch Digital Super BPC auch bei kleinen und langen Werkzeugen mit hohem Volumenstrom zuverlässig und in optimaler Konsistenz an die Bearbeitungsstelle und verbessert so den Prozess.
Dass das Bohren kleiner Löcher mit langen Werkzeugen in komplexen Aluminiumlegierungen (beispielsweise im Motorenbau) eine besondere Herausforderung darstellt, ist in der Branche allgemein bekannt. Deshalb hatten sich die SKF-Ingenieure zum Ziel gesetzt, die Aerosolversorgung für Tieflochbohraufgaben mit Durchmessern (d) unter 5 mm und Tiefen größer 25 × d in einen entsprechend anspruchsvollen Werkstoff (beispielsweise AlSi7Mg) zu verbessern.
Mit zunehmender Bohrtiefe schwierigere Aerosol-Erzeugung
Bei der inneren Minimalmengenschmierung erfolgt die Aerosolversorgung zu den Werkzeugschneiden über kleine Kühlkanäle (mit Durchmessern zwischen 0,5 und 0,8 mm) im Werkzeug. Dabei muss das Aerosol per Druckluft prozesssicher an die Schneiden gelangen, diese schmieren und die Späne zuverlässig abführen. Mit zunehmender Bohrtiefe werden die Druckverhältnisse in den Kühlkanälen – und damit die Bedingungen zur Aerosol-Erzeugung – immer schwieriger, und es besteht die Gefahr von Werkzeugbruch sowie Ausschuss. Insbesondere bei Werkstücken aus hochwertigen Legierungen oder teuren Spezialwerkzeugen können so unnötig hohe Kosten entstehen.
Die SKF-Entwicklung macht das Tieflochbohren durch eine effiziente Regelung prozesssicher: Mithilfe von bis zu sechs Venturi-Düsen sowie zwei Zusatzdüsen wird das Aerosol als feiner Sprühnebel in der Aufbereitungseinheit erzeugt und über einen Kanal durch Leitungen, Spindel, Spannsystem und Werkzeug geführt. Während des Betriebs wird die Differenz zwischen Eingangs- und Behälterinnendruck ermittelt und überwacht.
Steuerung regelt Taktung des Bypass-Ventils
Fällt durch die Verwendung eines Werkzeugs mit sehr kleinem Kühlkanalquerschnitt die Druckdifferenz unter einen bestimmten Wert, so kann das den Prozess der Aerosolproduktion ungünstig beeinflussen. Um dies zu verhindern, setzt SKF eine Bypass-Lösung ein: Das Bypass-Ventil wird angesteuert, wenn ein Drucksensor ungünstige Druckverhältnisse registriert. Die integrierte Steuerung „Bypass Control“ (BPC), die nun in das Hauptgerät integriert ist, regelt dabei druckgesteuert die Taktung des Ventils.
Praxiserfahrungen haben gezeigt, dass ein Differenzdruck von etwa 2 bar ideal für Menge und Qualität des Schmierstoffs ist. Dann haben die Aerosol-Tröpfchen eine Größe zwischen 0,5 und 0,7 µm und erzielen eine optimale Schmierwirkung. Das Bypass-Control-System ermöglicht eine gleichmäßige Aerosolerzeugung und einen konstanten Transport, indem stets ein ausreichend hoher Volumenstrom zur Aufrechterhaltung der Druckdifferenz in der Aufbereitungseinheit sichergestellt wird. Ferner führt die Taktung des Bypasses zu definierten Druckstößen, die die Späneförderung beziehungsweise den Spanbruch gezielt unterstützen. Für stabile Prozessverhältnisse sorgt zudem eine Bypass-Drossel, die einen schlagartigen Druckabfall am Werkzeug sowie eine zu kurze Öffnung des Bypass-Kanals verhindert.
Öl des Aerosols wieder dem Nachfüllbehälter zuführen
Bisher wurde die Bypassleitung in die Absaugung der Werkzeugmaschine geführt. Bei dem weiterentwickelten System ist es nun möglich, mithilfe eines Spezialbehälters (Bild 2) das Aerosol der Bypass-Leitung in seine Komponenten „Luft“ und „Öl“ zu trennen und das Öl wieder dem Nachfüllbehälter zuzuführen. Somit steht nun ein geschlossenes System zu Verfügung, das neben der Öleinsparung auch eine reduzierte Belastung der Absaugung und der Filter des Arbeitsraums als Vorteile bietet.
Auch beim Werkzeugwechsel kann der Bypass nun gezielt zum Voreinsteuern der MMS für das nachfolgende Werkzeug genutzt werden: Bereits während des Werkzeugwechsels kann das geeignete MMS-Programm aufgerufen werden, welches dann für die kommende Bearbeitungsaufgabe das optimale Aerosol erzeugt. Nach dem Öffnen des Kugelhahns vor der Spindel steht dieses sofort für die nächste Bearbeitungsaufgabe zur Verfügung. Damit beim Werkzeugwechsel kein überschüssiges Aerosol aus dem Bypass in die Umgebung entweicht, wird es in dem Rückführbehälter aufgefangen, der darin enthaltene Öl-Anteil abgeschieden und in den Nachfüllbehälter des Systems zurückgeführt.
Feiner, gleichmäßiger Aerosol-Austritt am Werkzeug
SKF bietet das MMS-System als modularen Baukasten an und eröffnet damit eine hohe Anwendungsvielfalt. Welche weiteren Vorteile das System gegenüber den technisch aufwändigeren Zwei-Kanal-Lösungen bietet, haben umfangreiche Praxistests gezeigt. Zu diesem Zweck stellte der Präzisionswerkzeug-Spezialist Gühring moderne Messtechnik zur Verfügung. Zum Einsatz in AlSi7Mg kam ein Bohrer mit 4,5 mm Durchmesser und 200 mm Länge bei Kühlkanaldurchmessern von 0,6 mm. Messungen in Versuchsaufbauten haben ergeben, dass ein höherer Eingangsdruck von 10 bar in Verbindung mit der patentierten SKF Bypass Control zu einer verstärkten Ausbringung von Aerosolpartikeln mit kleinerem Durchmesser führt. Dies begünstigt eine gute Benetzung der Bearbeitungszone und damit eine Verbesserung der Werkzeugstandzeit und der Werkstückqualität.
An einem speziellen MMS-Prüfstand (Bild 3) von Gühring fanden Sprüh- und Mengentests sowie eine visuelle Erfassung des Sprühverhaltens mit einer Kamera statt. Ergebnis: Der Einsatz von Digital Super samt Bypass Control mit 10 bar Eingangsdruck zeigte eine prozesstechnisch günstigere, homogenere Aerosol-Verteilung als beim Zwei-Kanal-System (Bild 4). Videoaufnahmen lieferten den Nachweis eines feinen, gleichmäßigen Aerosol-Austritts am Werkzeug, der für eine hohe Bearbeitungsqualität erforderlich ist.
Ein-Kanal-System benötigt weniger Schmiermenge pro Stunde
Im Anschluss an die Prüfstandsanalysen wurde ein Block aus AlSi7Mg mit Schnittgeschwindigkeit 130 m/min und Vorschub 0,2 mm/U bearbeitet. Das Werkzeug befand sich in einem Hydrodehnspannfutter. Ziel war es, Bohrverhalten und Verschleiß auf einer Strecke von insgesamt 100 m zu untersuchen und einen Vergleich von Ein- und Zwei-Kanal-Systemen herauszuarbeiten. Die Lösung von SKF benötigte eine Schmiermenge von 18 mm pro Stunde. Nach einer Gesamtbohrstrecke von 100 m befand sich das Werkzeug noch in ausgezeichnetem Zustand (Bild 5).
Das Zwei-Kanal-System lag im Verbrauch deutlich höher und benötigte 40 mm Schmierstoff pro Stunde bei zum Teil höherem Werkzeugverschleiß.
Zusätzliche Untersuchungen auf dem Prüfstand haben ergeben, dass ein deutlich homogeneres Aerosol gegenüber der Zwei-Kanal-Variante entsteht. Prozessbeeinträchtigende größere Tropfen – wie beim Zwei-Kanal-System üblich – traten nicht auf (Bild 6). Die Bohrversuche zeigten, dass mit der SKF-Lösung teilweise höhere Standwege realisiert werden können als beim Zwei-Kanal-System. Mit dem SKF Digital Super lassen sich damit trotz geringerer Ölmengen gleiche bis bessere Zerspanergebnisse erzielen. Dabei ist in der industriellen Praxis vielfach die Meinung verbreitet, höhere Ölmengen führten zu besseren Prozessen. Die Tests von SKF haben dies widerlegt.
SKF auf der EMO Hannover 2017: Halle 7, Stand B31
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