Sensortechnik Empfindliche Sensoren verleihen Autos Durchblick

Redakteur: Beate Christmann

Fraunhofer-Forscher arbeiten an der Umsetzung des automatisierten Fahrens. Nun haben sie ein extrem empfindliches und kompaktes Sensorsystem entwickelt, das für mehr Sicherheit sorgen soll.

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Beim Sensorsystem des Fraunhofer-IMS befinden sich auf einem Chip sowohl Sensor als auch Auswertelektronik – es fällt damit besonders kompakt aus, was das Verbauen im Fahrzeug erleichtert.
Beim Sensorsystem des Fraunhofer-IMS befinden sich auf einem Chip sowohl Sensor als auch Auswertelektronik – es fällt damit besonders kompakt aus, was das Verbauen im Fahrzeug erleichtert.
(Bild: Fraunhofer-IMS)

Die Automobilbranche steuert mit Höchstgeschwindigkeit auf das automatisierte Fahren zu. In Sachen Sicherheit scheint die Technologie allerdings noch nicht vollends ausgereift zu sein. Die Nachricht über die Kollision eines Fahrzeugs bei eingeschalteter Autopilotfunktion mit einem Lkw war eine der Negativschlagzeilen des Sommers 2016. Forscher des Fraunhofer-Instituts für Mikroelektronische Schaltungen und Systeme IMS in Duisburg wollen die Sicherheit des automatisierten Fahrens erhöhen.

Komplette Aufnahme des Fahrzeugumfelds

Die Wissenschaftler konnten nun ein neues, extrem empfindliches und kompaktes Sensorsystem vorstellen. Sie haben die sogenannte Light-Detection-and-Ranging-Technologie (kurz: Lidar) weiterentwickelt: Als Flash-Lidar bezeichnen die Forscher ihre neue Generation von Sensoren. Diese sollen in Kombination mit anderen Komponenten die Voraussetzung für das selbstständige Lenken, Bremsen und Beschleunigen schaffen. Das System soll die bisher genutzte Kamera- und Radartechnik ergänzen, um eine komplette Aufnahme des Fahrzeugumfelds zu erhalten.

Der Unfall im Sommer wurde laut Hersteller dadurch verursacht, dass die Frontkameras den Sattelzug nicht richtig erkennen konnten. Zudem habe eine falsche Radarmessung die Vollbremsung verhindert. „Die Genauigkeit der Kamera ist von der jeweiligen Lichtsituation abhängig. In diesem Fall hat sie versagt – das Radarsystem hat das Hindernis zwar erkannt, konnte es aber nicht genau lokalisieren und verwechselte den Lkw mit einem Wegweiserschild“, erklärt Werner Brockherde, Leiter des Geschäftsfelds CMOS Image Sensors am Fraunhofer-IMS. Der Wissenschaftler glaubt, dass Lidar den Unfall wahrscheinlich hätte verhindern können.

Laserstrahlen machen Umwelt sichtbar

Lidar-Systeme senden gepulste Laserstrahlen, die an der Oberfläche von Objekten reflektiert werden. Mit sogenannten Time-of-Flight-Kameras empfängt das Lidar-Gerät die zurückgestreuten Signale: Anhand der Laufzeit, die das Licht zu den Objekten und zurück benötigt, werden Abstand, Position und Geschwindigkeit von Fahrzeugen, Radfahrern, Passanten oder Baustellen errechnet. Mit diesen Daten lassen sich Kollisionen vermeiden.

Beim traditionellen Lidar wird ein einziger Laserstrahl auf einen rotierenden Spiegel gelenkt, der so die Umgebung im 360°-Winkel erfasst. Beispielsweise verwendet Google die Technologie für seine Driverless Cars. Allerdings sind diese Spiegelvarianten sehr klobig und mechanisch fehleranfällig, daher entscheiden sich viele Automobilhersteller gegen das System.

Brockherde und seine Kollegen am Fraunhofer-IMS verwenden mit Flash-Lidar sehr empfindliche Sensoren, die ohne rotierenden Spiegel auskommen. Diese erfassen mit einem einzigen Laserblitz die gesamte Umgebung des Fahrzeugs. Die Sensoren bestehen aus mehreren speziellen am IMS entwickelten Photodioden, sogenannten Single-Photon-Avalanche-Dioden (SPADs). „In unserem Fall wird nicht nur ein Punkt beleuchtet wie beim klassischen Lidar, sondern ein rechteckiges Messfeld“, erläutert Brockherde.

Besonders kompakte Entwicklung

Die SPADs sind nach Aussage des Forscherteams hundertmal empfindlicher als beispielsweise in Smartphones integrierte Photodioden. Ein weiterer Vorteil gegenüber dem klassischen Lidar-System sei, dass sowohl Sensor als auch Auswertelektronik auf nur einem Chip verbaut sind. Dadurch falle die Entwicklung besonders klein und flach aus. Automobilhersteller könnten sie somit problemlos etwa hinter der Windschutzscheibe oder dem Scheinwerfer verbauen. Ziel der Fraunhofer-IMS-Forscher ist es, mit Flash-Lidar eine Entfernung von bis zu 100 m abzudecken.

„Die ersten Systeme mit unseren Sensoren werden bereits 2018 in Serie gehen“, blickt Brockherde in die Zukunft. Auch für andere Anwendungsfelder wie Medizin, Analytik oder Mikroskopie seien die empfindlichen Sensoren interessant, weil sie auch bei schwachen Lichtintensitäten funktionierten.

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