Gesellschaft für Wolfram Industrie Erstmalig Umformgrade von 63 % für Rundstäbe auf Wolframbasis

Autor / Redakteur: Andrea Schütz / M.A. Frauke Finus

Im Rahmen eines Forschungsprojekts entwickelte die Gesellschaft für Wolfram Industrie mbH für einen nachhaltigeren Umgang mit den Werkstoffen ein spanloses Fertigungsverfahren zur Produktion von Schwermetall-Rundstäben.

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Im Rahmen eines Forschungsprojekts entwickelte die Gesellschaft für Wolfram Industrie mbH für einen nachhaltigeren Umgang mit den Werkstoffen ein spanloses Fertigungsverfahren zur Produktion von Schwermetall-Rundstäben.
Im Rahmen eines Forschungsprojekts entwickelte die Gesellschaft für Wolfram Industrie mbH für einen nachhaltigeren Umgang mit den Werkstoffen ein spanloses Fertigungsverfahren zur Produktion von Schwermetall-Rundstäben.
(Bild: Gesellschaft für Wolfram Industrie)

In der Fertigung der Gesellschaft für Wolfram Industrie mbH wurden bisher zur Produktion von Rundstäben etwa 26 bis 40 % des gesinterten Materials spanend abgetragen. Der Abfallanteil nahm bei geringen Durchmessern zu und führte zu einem deutlich erhöhten Rohstoffverbrauch. Daher entwickelte das Unternehmen von 2016 bis 2018 im Rahmen eines Forschungsprojekts ein spanloses Fertigungsverfahren zur Produktion von Schwermetall-Rundstäben auf Wolframbasis. Es verringert durch seinen iterativen Rundknet-Glühprozess den Materialverbrauch. Dabei bleiben die mechanischen Eigenschaften der Legierung erhalten und dank der endkonturnahen Formgebung wird der Materialabfall auf durchschnittlich 8 bis 10 % gesenkt. Außerdem ist auf diese Weise eine Verdopplung der Werkstücklänge von bisher 370 mm auf bis zu 720 mm selbst bei einem Durchmesser von 10,5 mm möglich. Das Projekt wurde vom Zentralen Innovationsprogramm Mittelstand (ZIM) und dem Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) gefördert.

Die Rundstäbe von Wolfram Industrie werden vorrangig aus einer Schwermetalllegierung auf Wolframbasis hergestellt: Triamet G17. Bei diesen Verbundwerkstoffen werden Wolframausscheidungen in eine Ni-Fe-W-Matrix eingebettet, wodurch sie eine ganze Reihe von einzigartigen mechanischen Eigenschaften wie hohe Dichte, Zugfestigkeit und Duktilität aufweisen. „Das Pulver wird während des Fertigungsprozesses gemischt und unter hohem Druck zu Grünlingen verpresst“, erklärt Dipl.-Ing. Wolfgang Jung, zuständiger Metallexperte für Forschung und Entwicklung bei der Gesellschaft für Wolfram Industrie mbH. „Allerdings gingen beim bisherigen Produktionsverfahren durch den letzten Schritt im CNC-Bearbeitungsprozess etwa 20 bis 30 % des Werkstoffs verloren. Diese Späne konnten nicht mehr genutzt und mussten aufwendig entsorgt werden.“ Daher entwickelte Wolfram Industrie einen iterativen Rundknetprozess mit einer endkonturnahen Formgebung, um eine nachhaltigere und wirtschaftlichere Produktion zu ermöglichen.

Vorversuche und Identifikation der essenziellen Prozessparameter

Zu Beginn des Forschungsprojekts wurden die Projektziele auf Basis der internationalen Norm ASTM B 777-15 sowie den firmeneigenen Produktstandards für Triamet vereinbart und in einem Pflichtenheft zusammengefasst. Dies diente als Grundlage für das Vorgehen bei der Analyse und Entwicklung des Umformprozesses. „Bisherige Versuche in dieser Richtung ergaben, dass beim Umformprozess des Schwermetalls die Kornstruktur in die Länge gezogen und dadurch die mechanischen Eigenschaften verändert werden“, berichtet Jung. „Unerwünschte Folgen sind dabei eine Erhöhung der Festigkeit und Härte der verformten Schwermetalllegierungen – die geforderten Eigenschaften werden nicht mehr erreicht.“ Daher suchte Wolfram Industrie durch eine gezielte Versuchsplanung nach Wegen, wie die Härte des verformten Materials vermindert, aber gleichzeitig die Bruchdehnung erhöht werden konnte.

Im Laufe dieser Versuche evaluierte Wolfram Industrie eine optimale Umformtemperatur für den Umformprozess und auch die Umformgrade wurden im Hinblick auf Rissentstehung optimiert. „So gelang es uns, durch einen speziell entwickelten thermomechanischen Umformprozess die Änderung der mechanischen Eigenschaften zu minimieren“, erklärt Jung.

Gleichbleibende mechanische Eigenschaften

Auf Grundlage der bisherigen Ergebnisse entwickelte Wolfram Industrie einen Rundknetprozess mit maximalem Umformgrad und analysierte die dabei entstehende Kornstruktur sowie die mechanischen Eigenschaften. „Wir erkannten, dass ein Erreichen der ursprünglichen Materialkennwerte mit einer einzigen thermischen Nachbehandlung technisch äußerst aufwendig und wirtschaftlich nicht zu realisieren wäre“, so Jung. „Daher entstand die Idee eines iterativen Gesamtprozesses als wirtschaftlichere Alternative. Durch gezielte und wiederholte Wärmebehandlung waren wir in der Lage, unabhängig vom Umformgrad nahezu vollständig das Ursprungsgefüge und die mechanischen Eigenschaften des Materials wiederherzustellen.“

Anschließend wurde die Riefenbildung minimiert und der Nachbearbeitungsaufwand sowie die Prozessdauer optimiert. „Um das Material besser schleifen und bearbeiten zu können, sollten die Rundstäbe möglichst gerade werden“, erläutert Jung. „Dafür verwendeten wir in unserem Glatthämmerprozess eine neue Backengeometrie, wodurch in diesem Prozessschritt nicht nur die Stäbe besser ausgerichtet, sondern auch die Bearbeitungszeit gesenkt werden konnten.“ Auf diese Weise gelang Wolfram Industrie eine Rohstoffeinsparung von durchschnittlich 18 bis 32 % je nach Geometrie des Werkstücks.

Das neue Rundknetverfahren von Wolfram Industrie kann in der Praxis für verschiedene Bereiche eingesetzt werden. Ein solches Anwendungsgebiet für die Schwermetall-Rundstäbe auf Wolframbasis sind Werkzeughalterungen für eine hochpräzise Fertigung. Bei der CNC-Bearbeitungen entstehen oftmals große Schwingungen, die sich bis in die Halterungen übertragen können. Triamet besitzt allerdings ein hohes Elastizitätsmodul, wodurch es schwingungsdämpfend wirkt. Die längere Ausführung der Stäbe ermöglicht in vielen bisherigen Anwendungen auch eine effizientere Bearbeitung mit weniger Verschnitt. „Sicherlich gibt es noch weitere Nutzungsmöglichkeiten für unsere langen Rundstäbe, an die wir bisher gar nicht gedacht haben“, resümiert Jung. „Daher freuen wir uns besonders auf den Dialog mit Anwendern und auf neue Impulse für unsere weitere Forschungsarbeit.“

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