Bohren und Fräsen Faserverstärkte Keramik mit angepassten Werkzeugen effizient bearbeiten
Für eine wirtschaftliche Komplettbearbeitung von Bauteilen aus faserverstärkter Keramik wie C/C-SiC sind ein angepasster Werkzeugaufbau und eine geeignete Prozessführung unumgänglich. Eine Alternative, insbesondere für die übrigen Bearbeitungsverfahren, sind aufgrund ihrer hohen Formtreue galvanisch belegte Werkzeuge.
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Monolithische Keramiken weisen außer ihrer sehr guten thermischen Beständigkeit, hohen mechanischen Festigkeit und hohen Verschleißwiderstand häufig ein katastrophales Bruchverhalten auf. Letztere Eigenschaft wird mit der Einbringung von Fasern verbessert, wodurch auftretende Risse aufgehalten oder umgelenkt werden. Dadurch entsteht – makroskopisch betrachtet – ein quasi-duktiles Verhalten von Bauteilen aus Faserkeramik.
Diese wurden zunächst vor allem im Hochtemperaturbereich als Hitzeschutz beim Wiedereintritt in der Raumfahrt eingesetzt. Weitere Anwendungen, die vor allem die hohe Temperatur- und Thermoschockbeständigkeit nutzen, sind Brennkammern und Stellklappen von Triebwerken in der Luft- und Raumfahrt sowie thermische Isolatoren in der Reaktortechnik.
Faserkeramiken werden als Friktionswerkstoff für Bremsscheiben eingesetzt
Aufgrund kontinuierlich günstigerer Herstellungsverfahren werden Faserkeramiken auch als Friktionswerkstoff für Bremsscheiben von Pkw sowie für Reibbeläge von Magnetschwebebahnen und Aufzügen verwendet [1]. Trotz einer kontinuierlichen Ausdehnung der Anwendungsbereiche existieren bislang nur wenige Informationen über die Zerspanbarkeit faserverstärkter Keramiken bei der Herstellung von Innenkonturen. Dieser Beitrag stellt einige Ergebnisse der Fertigung von Bohrungen, Nuten, Taschen sowie grundlegende Untersuchungen an Freiformflächen vor.
Bei dem untersuchten Werkstoff stellt Siliziumkarbid den größten Phasenanteil und ist durch die hohe Härte in Bezug auf die entstehenden Prozesskräfte dominierend. Einzelne Bearbeitungsoperationen sind in Bild 1 dargestellt. Sämtliche Untersuchungen fanden ohne Ultraschallunterstützung auf konventionellen Bearbeitungszentren statt.
Hohle Diamantschleifstifte sind fürs Bohren geeignet
Der Materialabtrag erfolgt bei sprödharten Werkstoffen im Allgemeinen und bei dieser Faserkeramik im Speziellen durch eine Initiierung von Mikrorissen und einer spannungsinduzierten Ausbreitung dieser Risse. Zusätzlich wird beim Spanbildungsprozess eine plastische Verformung wirksam, die abhängig von der Einzelkorn-Spanungsdicke ist [2]. Die geringe Schneidstoffhärte schließt die Bearbeitung mit konventionellen Hartmetall-Bohrwerkzeugen aus.
Auch PKD-Werkzeuge haben sich aufgrund hohen Werkzeugverschleißes als ungeeignet erwiesen [3]. Bohrungen werden deshalb mit Diamantschleifstiften in Hohlbohrausführung im Quer-Seiten-Schleifprozess eingebracht. Der hohle Aufbau gewährleistet eine optimale Kühlschmierstoff-Zuführung und vermeidet eine geringe Relativbewegung zwischen Werkzeug und Werkstück. Für die Bohrbearbeitung sind die Schleifstifte an Stirn- und Mantelfläche mit Nuten versehen, um eine adäquate Kühlschmierstoff-Versorgung und einen Abtransport des Kühlschmierstoff-Span-Gemisches gewährleisten zu können [3].
Für die Bohrungsfertigung wurden verschiedene metallische Bindungssysteme untersucht. Galvanisch belegte Diamantschleifstifte weisen aufgrund ihres einschichtigen Kornbelages Standwege von etwa lf > 4 m auf. Die zunehmende Abflachung der Diamantkörner führt zu hohen Einzelkornkräften und zum Ausbruch der Schneidkörner. Gesinterte Werkzeuge zeichnen sich dagegen durch einen linearen axialen Verschleiß aus, der theoretisch höhere Standwege möglich werden lässt.
Diamantschleifstifte und gesinterte Werkzeuge unterliegen radialem Verschleiß
Jedoch unterliegen diese Werkzeuge ebenfalls einem radialen Verschleiß, der zu unzulässigen Maßabweichungen der Bohrungen führt. Eine auf die gesinterte Kronenmantelfläche aufgebrachte galvanische Beschichtung feinerer Körnung konnte bisher aufgrund einer Ablösung dieser Schicht nur eine unzureichende Prozessstabilität gewährleisten. So konnten zwar Bohrungen eingebracht werden, die für diesen inhomogenen Werkstoff hinsichtlich der Oberflächenqualität (Ra < 3,2 µm beziehungsweise Rz < 20 µm) und des Rundheitsfehlers (fr < 12 µm) vergleichsweise gute Ergebnisse lieferten.
Außer der linearen Reduzierung der Kronenlänge von etwa 100 µm pro Meter Bohrweg war jedoch auch eine Radiusabnahme der Werkzeuge zu beobachten, die in einer linearen Verringerung der Bohrungsdurchmesser von etwa 28 µm je Meter Bohrweg resultierte und dadurch den Standweg der Werkzeuge je nach Durchmessertoleranz entsprechend limitiert. Eine Möglichkeit, dies zu kompensieren, stellt die Zirkularbearbeitung dar [4]. Die hohen Einzelkornkräfte bei der Bohrungsbearbeitung werden anhand eines Vergleiches der spezifischen Vorschubkraft für den radialen und tangentialen Vorschub deutlich (Bild 2).
Rundheitsfehler steigert Prozesskräfte
Der Rundheitsfehler der Werkzeuge liegt in der Größenordnung des Radialvorschubes, wodurch mit steigendem Kornverschleiß mehr Körner in Eingriff gelangen und die Prozesskräfte kontinuierlich ansteigen. Im ununterbrochenen Schnitt erfolgt eine kontinuierliche Abflachung und durch die dynamischen Kraftanteile vor allem auch eine Splitterung der Diamantkörner. Diese dynamischen Kraftanteile sind im ununterbrochenen Schnitt wesentlich höher, wodurch Kornsplitterungen häufiger auftreten.
Synthetischer Diamant ist verschleißbeständig
Für die Nutenbearbeitung wurden ebenfalls verschiedene Bindungssysteme verglichen [6]. Dort haben sich die galvanisch belegten Werkzeuge gegenüber gesinterten und gelöteten Bindungssystemen als geeigneter erwiesen. Es wurden sowohl natürliche, normalfeste als auch hochfeste, synthetische, blockförmige Diamantkörner mit stark negativen Spanwinkeln eingesetzt. Die verwendeten Naturdiamanten sind mikrosplitternd, wodurch geringere Prozesskräfte als Summe der Einzelkornkräfte zu verzeichnen sind.
Nachteilig ist dabei die geringere Formtreue der Werkzeuge durch eine vergleichsweise rasche Zurücksetzung des Diamantkorns und eine damit verbundene Radiusabnahme. Dabei erweisen sich die synthetischen Diamantkörner als verschleißbeständiger und dadurch formtreuer. Die durch die stark negativen Spanwinkel verursachten hohen Schleifnormalkräfte verursachen jedoch eine höhere radiale Auslenkung der Werkzeuge, die durch eine abschließende Schlichtoperation kompensiert werden kann. Beim Einbringen von Taschen ist es aufgrund der höheren axialen Steifigkeit sinnvoll, eine Bearbeitungsstrategie und Werkzeuggeometrie zu wählen, die vornehmlich axiale Werkzeugbelastungen hervorrufen, um geometrische Abweichungen durch die Werkzeugabdrängung zu minimieren.
Werkzeuge für die Bearbeitung von Freiformflächen
Für die Bearbeitung von Freiformflächen wurden Werkzeuge eingesetzt, die eine einfache Werkzeuggestaltkompensation ermöglichen. Deshalb wurden für die Grundlagenuntersuchungen zur Freiformflächen-Bearbeitung Schleifstifte in Walzenrundstift-Form eingesetzt. Bei konstanten Schnittwerten wurden dabei Nuten mit unterschiedlichen Anstellwinkeln eingebracht (Bilder 1 und 3).
Erkennbar ist die durchgängige Materialinhomogenität und damit verbundene raue Oberfläche. Im Bild 3a mit der höchsten Schleifstift-Anstellung sind deutlich die Einzelkornbahnen zu erkennen, die sich auch in Formmessungen senkrecht zur Vorschubrichtung wiederfinden. Demgegenüber führt ein steigender Anstellwinkel zu einer zunehmenden Überdeckung der Einzelkornbahnen und damit zu einer signifikanten Verbesserung der Oberflächenqualität. In Bild 4 sind detailliertere REM-Aufnahmen des höchsten und geringsten Anstellwinkels dargestellt.
Faserdurchmesser begrenzt Oberflächengüte
Die erreichbare Oberflächengüte wird bereits durch den Faserdurchmesser von etwa 8 µm begrenzt. In SiC-reichen Gebieten (Bilder 4c und 4f) sind mitunter deutliche Unterschiede feststellbar. Größere Anstellwinkel resultieren in geringeren Einzelkorn-Spanungsdicken und höheren Wirkgeschwindigkeiten am einzelnen Diamantkorn. Bei geringeren Anstellwinkeln, insbesondere im Werkzeugzentrum, sorgt die geringe Relativgeschwindigkeit zwischen Schneidkorn und Werkstück vermutlich dafür, dass die Zerspanprodukte zunächst in der Wirkzone verbleiben und dort sekundäre Zerspanvorgänge hervorrufen.
Dadurch ist insbesondere in SiC-reichen Werkstoffbereichen (Bilder 4c und 4f) eine höhere Werkstoffschädigung erkennbar, die einen größeren Bereich der Werkstückrandzone beeinflusst. Anhand optischer und taktiler Rauheitsmessungen ist dies schwer detektierbar. Die Kernrautiefe beider Einstellungen in Vorschubrichtung liegt in beiden Fällen im Bereich Rk = 9,2 µm. Für die Erzeugung von Freiformflächen sind deshalb Anstellwinkel sinnvoll, bei denen eine Überdeckung der Einzelkornbahnen und eine ausreichende Wirkgeschwindigkeit zwischen Diamantkörnern und Werkstück gewährleistet sind.
Literatur:
- [1] Krenkel, W.: Ceramic Matrix Composites. Fibre Reinforced Ceramics and their Applications. Weinheim: Wiley-VCH 2008.
- [2] König, W. und F. Klocke: Fertigungsverfahren. Band 2: Schleifen, Honen, Läppen. Düsseldorf: VDI-Verlag 2005.
- [3] Weinert, K. und T. Jansen: Faserverstärkte Keramiken – Einsatzverhalten von Schleifstiften bei der Bohrungsfertigung in C/C-SiC. CFI Ceramic Forum International. Berichte der Deutschen Keramischen Gesellschaft 13/2005, S. 34–39.
- [4] Biermann, D., T. Jansen und M. Feldhoff: Spanende Bearbeitung kohlenstofffaserverstärkter SiC-Keramik. ZWF Zeitschrift für wirtschaftlichen Fabrikbetrieb 7-8/2008, S. 501–504.
- [5] Weinert, K. und T. Jansen: Bohrungsfertigung mit Schleifstiften – faserverstärkte Keramik effizient bearbeiten. IDR Industrie Diamanten Rundschau 1/2007, S. 48–50.
- [6] Biermann, D., T. Jansen und M. Feldhoff: Machining of Carbon Fibre-Reinforced Silicon-Carbide Composites. In: Advanced Materials Research 59/2009, S. 51–54. Schweiz: TTP Trans Tech Publications Ltd. 2009.
Prof. Dr.-Ing. Dirk Biermann ist Leiter des Instituts für Spanende Fertigung (ISF) der Universität Dortmund; Dipl.-Ing. Tim Jansen und Dipl.-Ing. Markus Feldhoff sind wissenschaftliche Mitarbeiter am Institut. Die Ergebnisse dieses Berichtes sind Teil eines Forschungsprojektes, das von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert wurde.
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