Composites Faserverstärkte Kunststoffe dringen weiter in klassische Disziplinen vor

Autor / Redakteur: Thomas Isenburg / Peter Königsreuther

Faserverstärkte Kunststoffe und Matrixsysteme aus Thermoplasten setzen sich weiter durch, um im Automobilbau für leichte Komponenten zu sorgen oder Windkraftanlagen zu bauen, die größer sind als bisherige und deshalb mehr Leistung erreichen. Hier ein Blick auf die Trends.

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Endlosfaserverstärkte Kunststoffe bieten eine vielversprechende, innovative Lösung für den Leichtbau. Evonik hat endlosfaserverstärkte Bänder, sogenannte UD-Tapes, mit thermoplastischer Matrix zur Marktreife entwickelt. Vestape ist der Produktname.
Endlosfaserverstärkte Kunststoffe bieten eine vielversprechende, innovative Lösung für den Leichtbau. Evonik hat endlosfaserverstärkte Bänder, sogenannte UD-Tapes, mit thermoplastischer Matrix zur Marktreife entwickelt. Vestape ist der Produktname.
(Bild: Evonik)

In 2018 ist der Markt für glasfaserverstärkte Kunststoffe (GFK) wieder gewachsen. Das verkündete der Branchenverband AVK (Industrievereinigung verstärkte Kunststoffe e. V.) aus Frankfurt a. Main bereits im November 2018. Der Zuwachs betrug dieses Mal 2 %, das sind 1,141 Mio. t mehr als zuvor.

Ein tieferer Blick schlüsselt das Ergebnis auf: Der AVK registriert im Automotivesektor etwa starke Veränderungen. Hier führt auch aus der Presselandschaft bekannte Impulse an. Dazu gehören gestiegene Anforderungen an die Abgas- und Emissionswerte, das autonome Fahren sowie Probleme beim innerstädtischen Autoverkehr samt einer steigenden Vernetzung durch digitale Systeme. Neue Antriebskonzepte mit erweiterten Plattformstrategien der OEMs kommen dazu.

Umbruch bei der Materialstrategie

Deshalb strukturiert der Autobau die Ziele für den Einsatz faserverstärkter Kunststoffe (FVK) um, was auch die Materialauswahl beeinflusst. Die Chance für GVK & Co. Alle Entwicklungen zusammen betrachtet, offenbaren nichts Geringeres als eine massive Umstrukturierung der Branche, die auch entsprechende Materialentscheidungen notwendig machen wird. Die Automobilbranche wird sich also verändern, wahrscheinlich nicht schlagartig, aber zumindest mittelfristig. Es gibt neue Player am Markt und bisher etablierte Zulieferstrukturen verändern sich. Und GFK weist für den dazu nötigen Leichtbau viele förderliche Eigenschaften auf, die in diverse Segmente, etwa den Transportbereich, hineinspielen können. Ein geringeres Fahrzeuggewicht senkt den Verbrauch, egal ob dieser durch fossile Brennstoffe oder Strom gedeckt wird. Außerdem sind die Materialien nicht nur sehr langlebig und wartungsarm, sie leiten auch weder Strom noch behindern sie, anders als viele metallische Materialien, die allgegenwärtige Datenübertragung.

Auch Gesetzliches wirkt sich unter Umständen aus

Allerdings hemmen verschärfte gesetzliche Regeln oft den Einsatz von Werkstoffsystemen. Man denke an Styrol, Cobaltoktoat oder Titandioxid. Eine Änderung der Grenzwerte und Richtlinien beeinflusst stets die Verarbeitbarkeit der Werkstoffe. Es ist abzuwarten, inwieweit das die Marktentwicklung einzelner Segmente betrifft.

In der Luftfahrt steigen die Passagier- und auch Frachtzahlen stetig an. Das mündet in einen gestiegenen Bedarf an Flugzeugen, die – bei einer Senkung der Flugpreise – effektiver sein müssen. Dazu bedarf es umfangreicher Leichtbaukonzepte, bei denen Composites schon eine wichtige Rolle spielen und diese auch weiter haben werden Auch ist das Thema Erneuerbare Energie ein Dauerbrenner. Jedoch sind in einer Domäne der FVK, den Windkraftanlagen, die Beschäftigungszahlen leicht zurückgegangen.

Die Thermoplastmatrix gewinnt an Boden

Ein Kenner der Branche ist Business Director Composites Martin Risthaus von Evonik. Er ist dafür verantwortlich Märkte und Kunden weiter zu entwickeln. In sein Geschäftsfeld fallen thermoplastische Bänder, bei denen Endlosfasern aus Carbon in eine Matrix aus Polyamid 12 oder PEEK eingebettet sind. Dieser Materialmix ist die Basis für sehr leichte Laminatplatten und gewickelte Rohre mit hoher Festigkeit. Verwendet werden die Produkte etwa für Ölförderleitungen. Und nicht zuletzt die Luftfahrt greift darauf zurück. Die Märkte betreffend, meint Risthaus: „Im Autosektor sind FVK trotz ihrer Stärken kaum gefragt, denn die Branche ist sehr kostengetrieben. Composites sind eben teurer als Metall.“ Für Evonik dominiert der Flugzeugbau und man setzt auf strategische Partnerschaften mit bedeutenden Playern. Auch die Windkraft ist ein Evonik-Thema, für das man Additive für FVK mit Duromermatrix liefert.

Polyurethan als brauchbare Matrix

Im Windkraftsektor ist auch Covestro aktiver: Rotorblätter bestehen meist aus Glasfasern, die per Vakuuminfusion mit einer Harzmatrix umhüllt werden. Geht es nach Covestro, soll die Matrix bald aus Polyurethan (PUR) bestehen, das gute mechanische Eigenschaften und einen hohen Ermüdungswiderstand hat. Ein weiteres Argument dafür sind kürzere Aushärtungszeiten. Und jüngst hat Covestro einen Holmgurt und den Schersteg für ein 55,2 m langes Rotorblatt einer 2-MW-Windkraftanlage so gebaut, das nun in China arbeitet. Das Windrad steht in einem Windpark in Tieling in der Provinz Liaoning im Nordosten Chinas. Hierzu meint Julien Guiu, Vice President Industrial Marketing APAC Segment Polyurethane: „Die erfolgreiche Installation der Pilot-Windkraftanlagen im Nordosten Chinas ist der Beweis für die Stärken unseres Polyurethan-Infusionsharzes und zeigt, dass es für den Einsatz in funktionsfähige Rotorblätter geeignet ist. Wir hoffen, dass dies ein starkes Signal für unsere Industriepartner ist, stärkere und längere Rotorblätter herzustellen und zu installieren.

Wachstumschance Composite

Im Bereich der faserverstärkten Kunststoffe ist nach wie vor Einiges in Bewegung. Dabei dominieren Schlüsselanwendungen wie zum Beispiel die Luftfahrt und Rotorblätter das Geschehen. Begleitet wird dieses von zahlreichen Nischenanwendungen. Dabei werden immer mehr Segmente durch die innovationsfreundliche Branche angesprochen. Das ist ein Trend, der in Deutschland benötigt wird und ein Wachstumsmotor sein kann. MM

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