Intelligentes Selbstüberwachungssystem Hackerangriffe auf Mikrochips identifizieren

Redakteur: Beate Christmann

Mikrochips sind anfällig gegenüber Hacker-Manipulationen: Durch gezielte Steuerungsüberlastung können sie physisch zerstört werden. Karlsruher Forscher sollen nun einen Nachweis erbracht haben, dass manipulative Steuerbefehle beobachtbare thermische Veränderungen von Prozessoren erzeugen. Dies könnte die Basis für die Entwicklung eines integrierten intelligenten Selbstüberwachungssystems bilden.

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Versuchsaufbau zur Überwachung eines Computerchips mit Infrarotkameras: Wissenschaftler des Karlsruher Instituts für Technologie wollen ein intelligentes Fieberthermometer für Mirkochips entwickeln.
Versuchsaufbau zur Überwachung eines Computerchips mit Infrarotkameras: Wissenschaftler des Karlsruher Instituts für Technologie wollen ein intelligentes Fieberthermometer für Mirkochips entwickeln.
(Bild: CES/KIT)

Computerchips werden immer kleiner. Damit eröffnen sich ganz neue Möglichkeiten im Zusammenhang mit Konstruktion, Automatisierung und Industrie 4.0. Doch bringt die Miniaturisierung nicht nur Vorteile mit sich: Die Prozessoren für die industrielle Fertigung in einer Größenordnung von weniger als 10 Nm sind so empfindlich, dass sie anfällig gegenüber Hackerangriffen sind. Durch eine gezielte Überlastung mittels falscher Steuerbefehle könnte ein künstlicher Alterungsprozess ausgelöst werden, durch den der Prozessor binnen weniger Tage komplett zerstört wird.

Einem Forscherteam des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) soll nun der Nachweis gelungen sein, dass die Thermoüberwachung eben dieser Prozessoren mittels Infrarotkameras manipulative Steuerbefehle sichtbar machen kann.

Der thermische Fingerabdruck eines Computerchips

„Grundlage des neuen Ansatzes ist die Identifikation von thermischen Mustern im Normalbetrieb von Prozessoren. Jeder Chip erzeugt einen spezifischen thermischen Fingerabdruck: Berechnungen werden durchgeführt, etwas wird im Arbeitsspeicher abgelegt oder von der Festplatte abgerufen. Alle diese Operationen führen in unterschiedlichen Bereichen des Prozessors zu einer kurzzeitigen Erwärmung und Abkühlung“, erläutert Professor Jörg Henkel, der die Forschungsgruppe am Chair for Embedded Systems (CES) leitet. Die Forscher beobachteten nun eben dieses Muster mit sensiblen Infrarotkameras und sollen Veränderungen in der Steuerroutine auf Grundlage von minimalen Temperaturschwankungen oder zeitliche Abweichungen im Bereich von Millisekunden nachvollzogen haben.

Der Versuchsaufbau mit Infrarotkameras diente dabei dem Nachweis der Machbarkeit einer solchen Thermoüberwachung. Zukünftig sollen Sensoren auf dem Chip die Funktion der Kameras übernehmen. „Schon heute gibt es Temperatursensoren auf den Chips. Sie dienen dort als Überhitzungsschutz. Wir werden die Zahl der Sensoren vergrößern und sie erstmals zu Zwecken der Cyber-Security einsetzen“, sagt Henkel. Außerdem wollen die Wissenschaftler Chips mit neuronalen Netzen ausstatten, die thermische Abweichungen selbständig identifizieren und so die Überwachung des Chips in Echtzeit übernehmen sollen.

Dynamische Bedrohungslage

Einen praktischen Einsatz ihres intelligenten Fieberthermometers halten die Forscher zunächst bei industriellen Anlagen für wahrscheinlich, da dort meist statische Steuerroutinen ausgeführt würden, bei denen Abweichungen einfacher zu identifizieren seien als etwa in einem Smartphone. „Wenn die Hacker wissen, dass die Temperatur überwacht wird, dann werden sie sich anpassen. Sie werden kleinere oder langsamere Programme schreiben, deren Erwärmungsprofile schwerer zu erkennen sind,“ ist sich der Informatiker Hussam Amrouch, der im Team von Henkel mitarbeitet, sicher. Die neuronalen Netze sollen deshalb von Anfang an so trainiert werden, dass sie auch eine modifizierte Bedrohung erkennen.

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