Teilereinigung Hochdruck-Wasserstrahltechniksteigert Sauberkeit bei Motorteilen
Die Kombination Hochdruck-Wasserstrahlentgraten und -reinigen sorgt für saubere Hohlräume in Kurbelgehäusen und Zylinderköpfen nach dem Zerspanen. Grund dafür sind immer komplexere Hohlraumverläufe. Zur Maximierung der Wirtschaftlichkeit wird von der Anlagentechnik Flexibilität und Schnelligkeit verlangt.
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Ein Aufatmen geht derzeit durch die deutsche Automobilindustrie. Seit dem Sommer 2010 sind die Auftragsbücher wieder prall gefüllt. Insbesondere die Nachfrage aus dem Ausland nach Mittelklassewägen und Luxuskarossen „made in Germany“ zaubert den Automobilbauern wieder ein Lächeln auf die Lippen.
Mehr Bauteilsauberkeit für höhere Qualität
Nachdem sich der Fertigungsfokus in der Automobilindustrie in den vergangenen Jahren deutlich in Richtung Automatisierung – „economies of scale“ – verschob, kommen nun wieder vermehrt Qualitätsfragen auf die Tagesordnung. Insbesondere die gestiegenen Anforderungen bezüglich der Bauteilsauberkeit verlangen nach neuen theoretischen und praktischen Reinigungskonzepten.
Hintergrund sind die immer komplexer werdenden Wasserkanäle zur Kühlung der Zylinderköpfe. Sie werden in unmittelbarer Nähe der Verbrennungskammern platziert.
Bei zunehmender Motorleistung und steigender Anzahl von Ventilen je Zylinder ist eine immer höhere Kühlleistung notwendig. Diese Vorgaben beantworten die Motorentwickler konstruktiv mit aufwendigeren und dünnwandigeren Wasserräumen.
Reinigungsanlage muss jeden einzelnen Span beseitigen
Dabei zeigt sich, dass sich das abschließende Reinigen der Kühlkanäle vor der Montage nur noch mit massivem technischen Know-how und Aufwand erzielen lässt, umgesetzt mit moderner CNC-Technik in effizienten Maschinen (Bild 1). Dieser Reinigungsaufwand ist jedoch zwingend notwendig. Denn der kleinste Span im Kühlwasserkreislauf eines Kurbelgehäuses könnte fatale Folgen haben.
Im späteren Betrieb kann der Span ausgeschwemmt werden und gelangt früher oder später in die Wasserpumpe. Pumpenausfall oder ein Blockieren kleinerer Bereiche des Wassermantels ist die Folge. Mit der Unterbrechung des Wasserkreislaufs geht zwangsläufig eine Überhitzung des Motors einher. Die mögliche Folge ist der „rasche Motorentod“.
Bleibende Bearbeitungsrückstände bereiten den Konstrukteuren Sorgen
Das Einhalten anspruchsvoller Restschmutzwerte ist die „conditio sine qua non“ für die Langlebigkeit eines Motors. Ursächlich lassen sich drei Verschmutzungsrisiken dingfest machen, denen man entsprechend mit moderner Reinigungstechnik „zu Leibe“ rückt: dem Verbleiben von Gießereirückständen, Spänen und Grat in Hohlräumen von Kurbelgehäusen und Gießereirückständen.
Gießereirückstände lassen sich nicht vollständig entfernen: Traditionellerweise wird der Sandkern eines Motorblocks nach dem Metallguss mittels mechanischer Rüttelverfahren aufgelockert. Aufgrund der Schwerkraft fällt im Idealfall ein Großteil der Sande aus dem Motorblock heraus.
Klemmspanproblematik fordert Teilereinigung heraus
Als äußerst problematisch erweisen sich jedoch die engen Wasserkanäle und Windungen, weil sich darin Sande allzu leicht verdichten und nicht mehr komplett entfernen lassen. So findet man in Motorblöcken auch später noch die typischen Gießereirückstände.
Späne verkanten sich und lassen sich nicht mehr auswaschen: Bei spanenden Bearbeitungsverfahren – Bohren und Fräsen – fallen Metallspäne in verwinkelte Bereiche des Kurbelgehäuses.
Angesichts der oben beschriebenen immer komplexer werdenden Wasserräume potenziert sich die Gefahr, dass sich Metallspäne in den engen Wasserräumen verkanten und verdichten. Unter dem Begriff „Klemmspanproblematik“ wird dieses Phänomen zusammengefasst. Es bereitet manchem Motorenfachmann schlaflose Nächte.
Das Szenario: Bei der spanenden Bearbeitung fällt ein heißer Metallspan tief in einen Wasserraum. Beim Abkühlen verändert er seine Form. Im Extremfall dreht sich der spiralförmige Span auf und verkeilt sich quasi in den Kanälen (Bild 2 – siehe Bildergalerie).
Entgraten wird zum wirtschaftlichen Problem
Grate lassen sich nicht mehr wirtschaftlich entfernen: Mit der zunehmenden Komplexität der Wasserräume und Bohrverschneidungen wird letztlich das Entgraten immer mehr zum wirtschaftlichen Problem.
Beim Tieflochbohren zum Beispiel für den Hauptölkanal wird das Kurbelgehäuse von zwei gegenüberliegenden Seiten durchbohrt. Beim Zusammentreffen der beiden Bohrkanäle im Motorinneren sind Gratprobleme vorprogrammiert.
Diese Problematik stellt sich auch aufgrund der vielen Querbohrungen ein (Bild 3). Beide Tatsachen steigern nicht nur die Gefahr, dass sich ein Klemmspan einnistet, sondern treiben auch den wirtschaftlichen Aufwand für das Entgraten in die Höhe.
Restschmutzanforderungen entzweien Entwickler und Fertigungsingenieure
Während Motorenentwickler auf die Einhaltung strengster Restschmutzforderungen pochen, stellt dies die planenden Ingenieure für die Serienfertigung vor fast unlösbare Aufgaben. Denn sie müssen nicht nur eine Lösung zur fertigungstechnischen Umsetzung expliziter Restschmutzforderungen finden, sondern sich auch die Frage stellen: Was darf eine wirtschaftlich vertretbare Teilereinigung eigentlich kosten?
Eines ist dabei klar: Mit der Anwendung traditioneller Reinigungstechniken lassen sich die Restschmutzforderungen nicht mehr einhalten. Anlagenhersteller, wie Piller Entgrattechnik in Ditzingen bei Stuttgart, setzen daher auf die Kombination aus Hochdruckentgraten und Reinigen.
Hochdruckentgraten und Reinigen der Motorteile in einem Aufwasch
In der Automobilindustrie gibt es Unterschiede, was die Teilesauberkeit betrifft. Die VDA-19-Reinigungsnorm enthält für einzelne Bauteile und montagefertige Bauteilgruppen teilweise erheblich abweichende Sauberkeitswerte. Die Parameter, die dazu die VDA 19 heranzieht, sind die Partikelart, deren Morphologie und Gravimetrie.
So hat Piller das horizontale CNC-Wasserstrahlzentrum Vectorjet III entwickelt. Sie ist gleichermaßen zum Entgraten, Entfernen von Spänen und zum Reinigen geeignet. Mittlerweile wurden mehr als 15 Anlagen zur Zylinderkopfreinigung für Automotive-Unternehmen gebaut.
Entgrat- und Teilereinigungsanlage hält hohen Restschmutzanforderungen stand
Die Ergebnisse sind überzeugend: Trotz engster Bohr- und Wasserkanäle können im Allgemeinen in der Zylinderkopf-Hochdruckbearbeitung Restschmutzforderungen und Partikelgrößen eingehalten werden. Das war „vor Jahr und Tag“ nicht denkbar.
Bei besonderen Anforderungen kann noch eine Feinreinigung im Anschluss an den Hochdruckprozess erfolgen. Selbst in komplexen Geometrien wie Wasserräumen, bei Querbohrungen und Sacklöchern lassen sich Grate, Späne und Sandrückstände sicher entfernen.
Bei dieser Entgrat- und Reinigungsanlage handelt es sich um ein CNC-Wasserstrahlzentrum mit schnellem Schwenktisch und Schott für mittlere und große Serien sowie größere Teile bis zu 250 kg wie Zylinderköpfe und Kurbelgehäuse. Die Anlage arbeitet in der Regel mit einem Wasserstrahldruck von 600 bis 1000 bar. CNC-gesteuerte Düsen, Wasserfräsen und Düsenlanzen bearbeiten Grate, Späne oder Verunreinigungen mit einem Wasserstrahldurchmesser von etwa 1 mm.
Beschickung und Bearbeitung geschehen gleichzeitig
Auf dem Schwenktisch der Anlage befinden sich zwei Drehteller (B-Achsen), die durch eine Mittelwand getrennt sind. Dadurch entsteht eine Aufteilung in Belade- und Bearbeitungsraum. Die Bearbeitung sowie das Beladen mit frischen Werkstücken erfolgen damit gleichzeitig – also hauptzeitparallel. Dies ist ein ganz besonderer Ansatz für kurze Taktzeiten.
Für schwere Teile ist eine Portalbeladung von oben möglich. Üblich ist die Roboterbeladung für schwere Teile und verkettete Anlagen. Bis zu drei horizontale Bearbeitungsachsen mit unterschiedlicher Düsenausstattung lassen sich im Bearbeitungsraum installieren. Dies ermöglicht auch bei Mehrfachspannung eine Sechsseitenbearbeitung der Werkstücke.
Eine Drei-Achs-CNC-Einheit führt die Düsen in beliebiger X-Y-Z-Richtung an das Werkstück heran. Von Vorteil ist es, dass sämtliche Werkstücke nicht nur entgratet, sondern auch gereinigt werden – sozusagen in einem Aufwasch. Dazu hat Piller sogar weiterführende Techniken installiert, damit Späne, Restpartikel, Sande und Verunreinigungen, zum Beispiel Kühlschmierstoffe, mit dem abfließenden Wasser ausgespült werden.
Entgrat- und Teilereinigungsanlage lässt sich fortwährend an die Bedingungen anpassen
Das Anlagenkonzept ist auf flexible Werkstückbearbeitung ausgelegt. Flexibel bedeutet, dass der Prozess fortwährend in der Anlaufphase an die tatsächlichen Verschmutzungs- und Gratbedingungen angepasst und die Anlage bei einem Teilewechsel in kürzester Zeit umprogrammiert werden kann.
Aufgabe der Anlage ist das Entfernen lösbarer Grate (Flitter- und Bearbeitungsgrate) bei hoher reproduzierbarer Entgratqualität. Das heißt: das gezielte Lösen und Ausschwemmen verklemmter Späne, Gießereirückstände und Verdichtungen in geometrisch komplexen Hohlräumen wie Bohrungsverschneidungen, Tieflochbohrungen, Ölkanälen, Wasserräumen und Sacklöchern. Dazu kommt das Entfernen von partikelförmigen Oberflächenverunreinigungen, zum Beispiel Gusssand, Laserabbrand, Schweißperlen, Zunder, Hilfs- und Betriebsstoffen sowie Overspray, aber auch das Abtragen filmbildender Oberflächenkontaminationen.
Kurze Taktzeiten für das Entgraten und Teilereinigen
Die Taktzeiten zum Entgraten und Reinigen liegen unter 1 min. Das sorgt für Wirtschaftlichkeit. In diesem Zusammenhang wird in letzter Zeit vermehrt die Frage diskutiert, ob nach dem Motto „robot inside“ die klassischen Philosophien der CNC-Bearbeitung in der Reinigungstechnik überholt seien.
So kann ein Knickarmroboter alle sechs Seiten eines Werkstücks bedienen. Außerdem gibt es heutzutage Handlingroboter am Markt, die unter Wasser arbeiten können. Daher beschäftigt sich Piller auch mit der Wirtschaftlichkeit eines Werkzeugroboters in der Reinigungskammer.
Entgrat- und Teilereinigungsanlage hat Vorteile gegenüber dem Roboter
Dessen Vorteilen stehen jedoch auch Minuspunkte gegenüber: Der Roboter bearbeitet zu einem bestimmten Zeitpunkt meist nur eine Stelle eines Werkstücks. Das heißt: Er ist nicht „multitaskingfähig“.
Die Kinematik der CNC-gesteuerten Piller-Anlage mit Wasserdüsen und Lanzen in der Reinigungskammer ermöglicht dagegen oft ein zeitparalleles Arbeiten. Zudem verliert der Roboter sehr viel Zeit beim Teilewechsel, während der Hochdruckprozess stillsteht.
Deutlich schneller ist – unter dieser Prämisse – der klassische CNC-Ansatz: Die gleichzeitige Installation unterschiedlichster Reinigungsdüsen und -lanzen zur zeitgleichen Werkstückbearbeitung führt zu einem immensen Zeitvorteil. Aufgrund der bereits erwähnten hauptzeitparallelen Beladung der Piller-Anlage lässt sich der Hochdruckprozess praktisch zu 95% der Taktzeit nutzen.
Zeitparalleles Entgraten und Teilereinigen in flexiblen CNC-Zentren
Daher setzt Piller auf flexible CNC-Zentren mit drei bis vier Bearbeitungsachsen, was eine ideale zeitparallele Bearbeitung ermöglicht. Kein anderes Maschinenkonzept bietet gleich viel Prozesszeit. Pro Werkstück lassen sich im Vergleich zu einer Roboterzelle 20 bis 25 s einsparen.
Über eine weitere vertikale Achse ist es zum Beispiel möglich, zeitparallel Tieflochbohrungen und tiefer liegende Bohrungsverschneidungen anzufahren. Nichtsdestotrotz wird den Entwicklungen in Sachen Roboteransatz eine hohe Aufmerksamkeit geschenkt.
Bei der Auswahl einer Anlage zum Hochdruck-Wasserstrahlentgraten und -reinigen sollte auf folgende Parameter geachtet werden:
- auf kurze Taktzyklen bei maximierter Prozessdauer,
- auf hohe Energieeffizienz,
- niedrigen Platzbedarf sowie
- eine komplette Automatisierbarkeit der Entgrat- und Teilereinigungsanlage: einfache Einbindung in Verkettungen über Rollbahnförderer und/oder Transfersysteme.
* Thomas Piller ist Geschäftsführer der Piller Entgrattechnik GmbH in Ditzingen. Dr.-Ing. Matthias Wadle ist Vertriebsleiter im selben Unternehmen.
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