Polyurethan-Forschung Hochofengas als Rohstoff für nachhaltigere Kunststoffsysteme
Covestro-Forscher zeigen, dass man mit kohlenstoffhaltigem Hochofengas aus der Stahlverhüttung Kunststoffe herstellen kann. In Sachen Polyurethan (PUR) klappt das schon.
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Gase fallen in der Industrie in vielfältiger Weise als „Abfall“ an. Auch sie bestehen aber bekanntermaßen aus Molekülen und Atomen, die man als Bausteine für andere Substanzen nutzen kann. Das ist eine Chance, die man ausnutzen sollte, denn Ressourcenschonung und Kreislaufwirtschaft gehören zu den Geboten der Zeit. Um Erdöl einsparen zu können, hat ein Forschungskonsortium im Rahmen des jetzt abgeschlossenen Projekts Carbon4pur an Möglichkeiten gearbeitet, um Hochofengase sinnvoll nutzbar zu machen. Jetzt liegen die Ergebnisse vor. Als zentraler Erfolg der Projektarbeit gilt nach Aussage der Forschenden die Identifizierung neuartiger Katalysatoren, die die Herstellung von Polyolen ermöglichen – neben Isocyanat einer der zweite Ausgangsstoff für Polyurethane. Mithilfe dieser Katalysatoren ist es nämlich gelungen, neue Polyole unter Einsatz von kohlenstoffmonoxid-haltigen (CO) Gasgemischen (wie Hochofengas) im Labormaßstab herzustellen. In diesen PUR-Vorprodukten, betonen die Spezialisten, konnten bereits 27 % CO gebunden werden.
Ressourcenschonende Schaumstoffe und Lacksysteme aus Gasen
Die aus dem Projekt gewonnenen Erkenntnisse könnten auch die von Covestro entwickelte CO₂-Technik bereichern. Denn das mit der derzeitigen CO₂-Technologie entwickelte nachhaltige Polyol cardyon enthält immerhin bis zu 20 % Kohlenstoffdioxid statt Erdöl, heißt es dazu. Damit werden schon Polyurethan-Weichschaum für Matratzen, Bindemittel für Sportböden oder elastische Fasern hergestellt. Die Projektergebnisse seien der Beweis, dass auch CO₂-haltige Gasgemische aus der Stahlherstellung für nachhaltigere Polyurethane nutzbar gemacht werden können. Im Rahmen des Forschungsprojekts wurde die gleichnamige Carbon4pur-Techologie auch schon im semi industriellen Maßstab umgesetzt. Erste Anwendungsbeispiele stammen von der Geschäftseinheit Dämmung des Unternehmens Recticel aus Belgien hat demonstriert, dass Polyole, die auf der neuen Carbon4pur-Technologie basieren, in Hartschaumstoffe eingearbeitet werden können. So entstehen Dämmplatten mit technischen Spezifikationen, die mit dem aktuellen Marktstandard vergleichbar sind. Und Megara Resins aus Griechenland hat die aus der neuartigen Quelle stammenden Polyole in wässrige Polyurethan-Dispersionen für Holzbeschichtungen zugesetzt.
Stahl- und Chemieindustrie sorgen für alternative Rohstoffquellen
Darüber hinaus hat die RWTH Aachen im Rahmen des Projekts die Akzeptanz von Carbon-Capture-and-Utilisation (CCU) am Beispiel von PUR-Dämmplatten in einer wissenschaftlichen Studie untersucht und bewertet, heißt es weiter. Der Begriff steht für die Abscheidung von Kohlenstoffdioxid, um es für weitere chemische Prozesse zu nutzen. „Die Öffentlichkeit weiß noch viel zu wenig über die Vorteile der CCU-Technologie. Wenn die Endverbraucher aber ausreichend informiert und überzeugt werden, stellt sich eine generell positive Meinung ein“, weiß Prof. Dr. Martina Ziefle vom Lehrstuhl für Communications Science an der RWTH Aachen, aus Erfahrung. Dennoch sei es weiterhin nötig, das Wissen über die Möglichkeiten von CCU zu verbreiten.
Carbon4pur gilt als gutes Beispiel dafür, wie die Kooperation von Partnern aus der gesamten Wertschöpfungskette, neue Wertschöpfungsansätze hervor bringen kann. So, heißt es weiter, konnte etwa die erstmalige Zusammenarbeit zwischen Stahl- und Chemieindustrie am französischen Standort Marseille-Fos evaluiert werden. Das biete Chancen, denn dort stehen ein Stahlwerk von Arcelormittal und eine Produktionsanlage von Covestro in unmittelbarer Nachbarschaft
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