Schnittstellenintegration In Catia integrierte Werkzeugverwaltung – der Weg in die Digitalisierung

Von Stefanie Michel

Die digitale Transformation ist für viele eine Herausforderung – das ist nichts Neues. Viel interessanter ist die Umsetzung, wie sie Zoller zeigt: Was mit einer Schnittstelle zwischen CAD und Werkzeugverwaltung begonnen hat, wächst zu einer Etablierung durchgängiger Datenprozesse.

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Zoller sichert seinen Kunden digital durchgängige Prozesse zu – von der CAD/CAM-Programmierung bis hin zur Werkzeugbereitstellung.
Zoller sichert seinen Kunden digital durchgängige Prozesse zu – von der CAD/CAM-Programmierung bis hin zur Werkzeugbereitstellung.
(Bild: Zoller)
  • Um den eigenen Kunden digital durchgängige Datenprozesse zu liefern, hat Zoller eine Schnittstelle zwischen der Werkzeugverwaltung Zoller-TMS und Catia geschaffen.
  • Somit stehen in Catia reale Schneidkonturen und 3D-Darstellungen aus der Zoller-TMS für die Simulation und NC-Programmierung bereit.
  • Gemeinsam mit Cenit ist aus dem Projekt eine Entwicklungspartnerschaft für die Etablierung vernetzter und digital durchgängiger Datenprozesse entstanden.

Digital vernetzte Prozesse, Datenverfügbarkeit und integrierte Wertschöpfungsketten: Die digitale Zukunft stellt heute nahezu jedes fertigende Unternehmen vor die Aufgabe, eine Lösung für diese Herausforderungen zu finden. Die digitale Transformation – ihr Anspruch scheint groß. Der Druck, alles richtig zu machen, ebenso. Doch es ist zumeist nicht der eine große Rundumschlag, sondern eine konsequente Abfolge klarer Schritte im Hinblick auf das digitale Ziel, die den sicheren Erfolg mit sich bringen. Genau diesen Weg verfolgt Zoller, ein weltweit führender Hersteller von Einstell- und Messgeräten, auch bei internen Optimierungsvorhaben.

Für Zoller ist die Gestaltung der digitalen Transformation gleich in zweifacher Weise von Bedeutung: In den vergangenen Jahrzehnten hat sich das Unternehmen immer mehr in Richtung Systemanbieter rund um die vollautomatisierte Werkzeugvermessung und -bereitstellung entwickelt. Mit seinen Maschinen und Lösungen im Bereich der zerspanenden Fertigung will Zoller Rüstzeiten und Stillstand in der Produktion seiner Kunden minimieren.

Höhere Produktivität, bessere Qualität, Sicherheit in den Fertigungsprozessen – und damit auch Effizienz und Zukunftsfähigkeit. so das Versprechen, für das Zoller bei seinen Kunden einsteht. Dazu bedarf es der Synthese aus Maschinen und Software, die eben jenen Anspruch an Datendurchgängigkeit und -verfügbarkeit optimal erfüllt.

Ohne Schnittstelle keine durchgängigen Datenprozesse

Heute sichert die Firma ihren Kunden vernetzte und digital durchgängige Datenprozesse zu – von der Programmierung im CAD/CAM-System über die Werkzeugvorbereitung, -einstellung und -vermessung bis hin zur Werkzeugbereitstellung an den Maschinen. Ein durchdachtes Werkzeugdatenmanagement gehört für Zoller somit zu den Grundlagen einer smarten Produktion. Eines der zentralen Elemente innerhalb dieser integrierten Werkzeugdatenverwaltung ist die Software-Lösung „Zoller Tool Management Solution“ (Zoller-TMS). Die Software bietet heute Schnittstellen zu allen gängigen CAD/CAM-Systemen. Durch die Einbindung der Werkzeugverwaltung in sein jeweiliges CAM-System hat der Benutzer direkt und einfach Zugriff auf die zur Programmierung erforderlichen Werkzeugdaten. Die Einrichte- und Verwendungsinformationen aus dem CAM-System werden wiederum direkt an die Zoller-TMS übertragen und zur digitalen, fertigungsnahen Arbeitsplanung und -vorbereitung weiterverwendet.

Import der Werkzeugdaten aus der Werkzeugdatenverwaltung Zoller-TMS in Catia.
Import der Werkzeugdaten aus der Werkzeugdatenverwaltung Zoller-TMS in Catia.
(Bild: Cenit)

Bis vor wenigen Jahren existierte jedoch keine Schnittstelle zwischen Zoller-TMS und der Software Catia. „Wir wussten, dass die Schnittstelle zu Catia V5 eine anspruchsvolle Aufgabe ist, weil die Werkzeugverwaltung in CAD/CAM-Systemen generell anders gehandhabt wird, als dies in der Werkzeugverwaltung üblich ist“, erklärt Marco Windisch, Produktmanager für CAM-Schnittstellen bei Zoller, die Anfänge der Zusammenarbeit mit Cenit. „Wir hatten also bewusst nach einem Partner gesucht, der im CAD/CAM-Bereich Expertise hat und fachlich versteht, was eine intelligente Werkzeugverwaltung ausmacht“, führt er fort. Die Cenit überzeugte Zoller als etablierter Catia-Partner und als Unternehmen mit Expertise im Bereich Digital Manufacturing.

Optimaler Datenaustausch zwischen Catia und Zoller-TMS im Fokus

Da die Zusammenarbeit buchstäblich auf einer Tabula rasa startete, war es für beide Unternehmen wichtig, die entscheidenden Eckpunkte des gewünschten digitalen Workflows festzuhalten: Dieser fängt beim CAD/CAM-System – in diesem Fall Catia V5 – an. Hier werden im ersten Schritt Werkzeugdaten für die Erstellung der NC-Programme aus der Zoller-TMS-Datenbank herangezogen. Nach der Erstellung der NC-Programme werden die für die Fertigung relevanten Informationen in einem Einrichteblatt zusammengefasst, welches dann an die Zoller-TMS übertragen wird. Dadurch stehen alle notwendigen Informationen für die Produktionsvorbereitung und Fertigung zur Verfügung.

Gleich zu Beginn war somit klar, dass die zu programmierende Catia-TMS-Schnittstelle einen optimalen Datenaustausch in beide Richtungen ermöglichen muss. „Initial beschäftigten wir uns bei der Programmierung der Integration mit insgesamt drei großen Anwendungssituationen: dem Datenimport, dem -export sowie einer Check-up-Funktionalität“, erklärt Ralph Werner, Projektleiter Software Services bei Cenit. Beim Import sollten Werkzeugdaten aus der Zoller-TMS in Catia transferiert und für die Programmierung zur Verfügung gestellt werden. Das Ergebnis der Programmierung, das Einrichteblatt, galt es in die Toolmanagement-Software zu exportieren. Der dritte Anwendungsfall war die sogenannte Check-up-Funktionalität. Hierbei sollte ein Abgleich der in Catia angelegten Werkzeugdaten mit ihrem Pendant in der Zoller-TMS erfolgen. Veränderungen an den Werkzeugen im Bestand des Toolmanagement-Systems sollten mit den Daten in bestehenden Catia-Dokumenten synchronisiert werden.

Für Zoller von Anfang an entscheidend war eine benutzerfreundliche Schnittstellenintegration in Catia: Die Interaktion mit Zoller-TMS soll für den User direkt aus Catia heraus möglich sein, ohne die Anwendung wechseln zu müssen. Daher implementierte Cenit direkt in Catia eine neue Toolbar, welche den Start der Hauptanwendungen „ZTI import“, „ZTI export“ und „ZTI check-up“ mit einem Click ermöglicht.

Das echte Werkzeug bei der Programmierung sehen

Im Zuge der Zusammenarbeit zwischen Zoller und Cenit folgten konsequent weitere Schritte, im Rahmen derer die Schnittstelle um wichtige Funktionalitäten erweitert wurde. Dazu gehörte unter anderem die Übernahme von Technologiedaten in Catia, beispielsweise Schnitt- und Vorschubgeschwindigkeiten. Hierbei kann der Anwender beim Import die jeweilige Zerspanungsgruppe festlegen – ein Aspekt, der die Leistungsfähigkeit sowie den Bedienkomfort der Cenit-Lösung steigerte.

Beinhaltete die umgesetzte Lösung zu Beginn den Austausch von Werkzeug-Sachmerkmalen anhand von Basisinformationen, wie Durchmesser und Länge, so kamen im weiteren Verlauf entscheidende neue Funktionen hinzu. „Beiden Seiten war schnell klar, dass wir den Anwendern die Übernahme von realen Schneidkonturen aus der Zoller-TMS in Catia ermöglichen müssen. Basierend auf den Parametern bietet Catia zwar einen Mechanismus, vereinfachte Repräsentationen zu erzeugen, die dem Werkzeug zu einem gewissen Grad ähneln. Diese entsprechen jedoch nicht der realen Werkzeuggeometrie. Komplexere Werkzeuge lassen sich damit nicht mehr optimal darstellen. Für reale Kollisionsanalysen und Erreichbarkeitsprüfungen bedarf es also exakter Geometriedarstellungen. Damit die Nutzer zusätzlich reale 3D-Geometrien der Werkzeuge in Catia verwenden können, gingen wir im Folgeschritt somit die Übernahme von 3D-Darstellungen aus der Zoller-TMS in Catia an. Das echte Werkzeug bei der Programmierung sehen und simulieren zu können, ist nämlich ein zentraler Aspekt für die Kunden von Zoller,“ erläutert Ralph Werner.

Inzwischen lassen sich reale 3D-Geometrien der Werkzeuge in Catia verwenden. Somit ist die Simulation mit dem echten Werkzeug möglich.
Inzwischen lassen sich reale 3D-Geometrien der Werkzeuge in Catia verwenden. Somit ist die Simulation mit dem echten Werkzeug möglich.
(Bild: Cenit)

Vorausdenken, um Kunden Vorteile zu verschaffen

Blicken beide Unternehmen heute auf den Verlauf ihrer Zusammenarbeit zurück, lässt sich feststellen, dass sich das anfängliche Projekt der Schnittstellenprogrammierung zu einer Entwicklungskooperation etabliert hat: Zum einen stellten die kontinuierlichen Optimierungen beziehungsweise Erweiterungen geplante, logische Schritte zu einer verbesserten Leistungsfähigkeit des Softwaresystems dar. Zum anderen resultierten sie aus der Entwicklungsdynamik bei den Kunden von Zoller – und somit in der gesamten Branche. „Im Austausch mit unseren Kunden war es stets unser Anliegen, ihre Erwartungen an die Integration zeitnah und zuverlässig umzusetzen. Wir haben uns somit einerseits von ihren spezifischen Anforderungen leiten lassen. Andererseits wollten wir aber auch vorausdenken – und überlegene Funktionalitäten schaffen. Damit wollten wir unseren Kunden die Möglichkeit eröffnen, die Potenziale optimal bereitgestellter Daten im Rahmen der Digitalisierung noch besser zu nutzen“, resümiert Marco Windisch.

Heute kommt der Entwicklungszusammenarbeit der beiden Unternehmen somit eine noch höhere Bedeutung zu: Als einer der Branchenführer stand Zoller seit jeher für den Anspruch, den täglichen Produktionsbetrieb seiner Kunden effizienter zu machen. Im Zuge der digitalen Transformation weitet sich das Aufgabenspektrum: Über das optimale, integrierte Werkzeugmanagement hinaus will das Unternehmen seine Kunden auch bei der Umsetzung von Themen wie digitaler Zwilling oder Losgröße 1 unterstützen. Als Beispiel dient ein aktuelles Projekt, bei dem Cenit Zoller begleitet: die Dokumentation von Einsatzzeiten der Werkzeuge in Catia. Hierzu simuliert der Anwender zunächst den Fertigungsprozess in Catia. Anschließend bereitet Cenit die Simulationsergebnisse auf und ermittelt die Einsatzzeiten der Werkzeuge. Diese werden im Anschluss in der Zoller-TMS bereitgestellt. Mit diesen Informationen können noch genauere Abschätzungen bezüglich der Produktionsplanung getroffen werden. „Das Teure an der Maschine ist die Umrüstung der Werkzeuge. Je besser man weiß, welche Werkzeuge wie lange im Einsatz waren und welche es zu ersetzen gilt, desto besser kann die Produktion an die Auftragslage angepasst werden. Werkzeugplanung und Produktionsvorbereitung – vor dem Stichwort „Losgröße 1“ sind dies einige der zentralen Begriffe“, erklärt Windisch

Eine Partnerschaft, die sich bewährt

Selbst wenn der „Digitale Zwilling“ und „Losgröße 1“ nicht jeden Kunden von Zoller in gleicher Weise bewegen, sind dennoch zahlreiche Unternehmen dabei, die Digitalisierung und Integration ihrer Prozesse voranzutreiben. Dazu gehört für einige Unternehmen der Umstieg auf die 3D-Experience-Plattform von Dassault Systèmes. „Selbstverständlich wollen wir unsere Kunden auch hier vollumfänglich mit integrierter Werkzeugverwaltung unterstützen. Damit ist für Zoller aktuell, neben der Weiterentwicklung der Catia-V5-TMS-Integration auch das Schaffen einer Integration zwischen der 3D-Experience-Plattform und Zoller-TMS ein wichtiges Thema“, beschreibt Windisch die Herausforderung. „Auch bei diesem Vorhaben war es für uns klar, dass wir auf die Zusammenarbeit mit Cenit setzen. Die Ergebnisse der bisherigen Projekte haben sich eben bewährt“, führt er anerkennend fort. „Wir freuen uns natürlich sehr, dass wir ein Unternehmen wie die Zoller GmbH in der Kooperation überzeugen konnten. Für uns ist es zweifellos eine spannende Aufgabe, gemeinsam mit Zoller anderen Unternehmen Wege in die Digitalisierung ihrer Prozesse zu eröffnen“, entgegnet Werner.

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