Bandanlage In einer Linie vom Coil zur kantfertigen Platine

Autor / Redakteur: Dietmar Kuhn / Stéphane Itasse

Flexible und wirtschaftliche Richttechnik verlangt stärker denn je nach automatisierten Systemen. Insbesondere gilt dies auch für den Kantprofilhersteller Schrag Kantprofile GmbH mit seinen vielen Sonderanfertigungen. Platzsparend, weitgehend automatisiert und wartungsarm soll eine solche Anlage sein.

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Die gesamte Fertigungslinie im Überblick (von links) mit Coilbereitstellung, Ladewagen, Wendehaspel, Richtmaschine, Schlaufengrube, Lochstanze und Querteilanlage.
Die gesamte Fertigungslinie im Überblick (von links) mit Coilbereitstellung, Ladewagen, Wendehaspel, Richtmaschine, Schlaufengrube, Lochstanze und Querteilanlage.
(Bild: Kohler)

Bei der Schrag-Niederlassung Heilbronn in Kirchardt-Berwangen setzte sich die Kohler Maschinenbau GmbH aus Lahr bei der Lieferung einer automatisierten Bandanlage durch. Diese umfasst Haspel, Richttechnik, Stanztechnik und Schere.

Der Name Schrag ist bereits seit 1892 mit dem Begriff „Blech“ verbunden. Von Friedrich Schrag in Hilchenbach im Siegerland gegründet, widmet sich das Unternehmen heute noch der Herstellung von Wandbekleidungs- und Dachpfannenblechen. Friedrich Goswin, ein Enkel des Firmengründers, richtete es auf die Herstellung von Kantprofilen und Formteilen für den Industrie- und Gewerbebau aus. Heute erwirtschaftet Schrag mit 460 Mitarbeitern an sechs Standorten in Deutschland, Tschechien und Polen circa 100 Mio. Euro Umsatz.

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Die Schrag Kantprofile GmbH fertigt vor allem Bauteile für Dach und Wand, Pfetten und Riegel, Lichtbandzargen und Profile beziehungsweise Sonderprofile. „Prinzipiell sind alle unsere Kantprofile Sonderlösungen“, konstatiert Jürgen Stötzel, Niederlassungsleiter in Heilbronn. „Hallen gibt es in unzähligen Größen und Ausführungen, Standard gibt es so gut wie nicht. Deshalb fertigen wir von Losgröße 1 bis n passgenaue Bauteile, die sich mit der entsprechenden Kennzeichnung später wie aus dem Baukasten einfach und schnell montieren lassen“, ergänzt er.

Bis zu 4 mm dicke Bleche richten

Auf den Maschinen und Anlagen werden meist verzinkte Stahlbleche in den Dicken von 0,75 bis 4,00 mm, Aluzink von 0,75 bis 2,00 mm, Aluminium von 1,00 bis 3,00 mm und bandbeschichtetes Aluminium von 1,00 bis 1,50 mm und Längen bis 11 m verarbeitet. „Durch die permanent wechselnden Bauteilabmessungen und Losgrößen entschieden wir uns, in die neue Anlage zu investieren“, sagt Stötzel. Die neue Bandanlage ersetzt eine Anlage eines anderen Herstellers, die den Anforderungen an Flexibilität, Geschwindigkeit und Genauigkeit nicht mehr gerecht wurde.

Wegen der oft geringen Stückzahlen waren andere Fertigungsverfahren, wie das Walzprofilieren, ausgeschlossen. Der hardwareseitige Wechsel von Profilrollen ist damit passé. „Wird beispielsweise ein ähnliches Profil mit anderer Schenkellänge benötigt, verändert die Arbeitsvorbereitung die Maschinenparameter und überträgt diese direkt an die Anlage“, erläutert Tobias Frank, der als Projektleiter bei Kohler die Anlage bis ins Detail kennt.

Bandanlage integriert auch Lochstanze

Ein Merkmal der Bandanlage ist die integrierte Lochstanze, die mit zwölf Werkzeugen bestückt ist und somit gleichzeitig zwölf verschiedene Lochdurchmesser stanzen kann. Ebenso lassen sich damit unterschiedliche Konturen schneiden. Möglich macht dies ein um 180° verstellbares Drehwerkzeug. Die Lochstanze ist zu beiden Seiten der Bandkante zangenartig angeordnet und kann Werkzeuge mit Durchmessern von 3,3 bis 88 mm aufnehmen, wobei eine der Werkzeugaufnahmen um 360° rotieren kann. Durch die beidseitige oder spiegelbildliche Anordnung der Stanzeinheiten ist praktisch jedes Lochbild in Sekundenschnelle hergestellt.

Der Materialfluss startet mit einem hydraulischen Coilladewagen mit integrierter Gewichtsmessung. Für spätere Auswertungen werden die Coilgewichte protokolliert. Zur Minimierung von Nebenzeiten wird eine Wendehaspel eingesetzt, die es ermöglicht, hauptzeitparallel zum Beladevorgang ein bereits auf der Haspel befindliches Coil abzuwickeln. „Durch die unterschiedlichen Kantprofilmaße kommt es kaum vor, dass ein Coil vom Anfang bis Ende durchläuft. Deshalb haben wir eine Rückspulautomatik gewählt, die das nicht benötigte Band wieder auf das Coil zurückwickelt“, sagt Stötzel. Der Lade- und Entladevorgang geschieht ohne menschlichen Eingriff. Schrag wählte eine Haspel mit einem maximalen Coilgewicht von 12 t und Bandbreiten von 200 bis 1250 mm aus. „Entscheidend für den Anwender ist vor allem die Vermeidung der unproduktiven Zeiten durch Coilwechsel. Die Band-zu-Band-Wechselzeiten konnten damit um bis zu 60 % reduziert werden“, berichtet Frank.

Bandrichtanlage leicht zu reinigen

Mit einer Einführhilfe wird der Coilanfang über den Bandeinzug in die 9-Walzen-Richtmaschine eingeführt. Dabei handelt es sich um eine Bandrichtanlage mit einer erweiterten Schnellwechseleinrichtung. Diese Einrichtung erlaubt ein schnelles und gründliches Reinigen der Richtwalzen und Stützrollen.

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Für den Produktwechsel zwischen wiederkehrenden Materialien wird auf die Richtparameter in der Steuerung zurückgegriffen. Für neue Materialien werden mit dem Expert Calculation System nach Eingabe der Blechdicke und -breite, Streckgrenze und Materialart die Vorgabewerte für die Walzenstuhlposition ermittelt, die nach Bedarf vom Maschinenführer angepasst werden können. Nach dem Richten erreicht das Band die Stanzeinheiten. Die Lochbilder oder Konturen werden von der Arbeitsvorbereitung zur Verfügung gestellt und entsprechend der Produktionsreihenfolge von der Anlage abgerufen. Ein Walzenvorschub sichert eine präzise Zuführung der Bänder in die Stanzeinheit, sodass die Werkzeuge bis auf 0,05 mm genau positioniert werden. Mit der anschließenden hydraulischen Querteilschere werden die Bänder auf Länge geschnitten.

Die kantbereiten Platinen werden auf einen nachfolgend angeordneten Ablagetisch geschoben. Zuvor wird jedes Blechteil automatisch mit auftragsbezogenen Informationen versehen.

Fertigungsstationen aufeinander abgestimmt

Die Gesamtanlage misst etwa 20 m, die verketteten Fertigungsstationen sind aufeinander abgestimmt. Sämtliche Steuerungs- und Automatisierungsprogramme inklusive der CAD-basierten Funktionen in der Arbeitsvorbereitung wurden von Kohler entwickelt und installiert. Somit steht die Bandanlage nicht nur für eine hohe Flexibilität und Sicherheit bei Schrag, sondern auch für das, was man unter digitalisierter Produktion und Industrie 4.0 versteht.

* Dietmar Kuhn ist freier Fachjournalist in 97922 Lauda-Königshofen; weitere Informationen: Isabell Lehmann, Kohler Maschinenbau GmbH, 77933 Lahr, Tel. (0 78 21) 63 39-1 57, isabell.lehmann@kohler-germany.com

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