Fraunhofer ICT Intelligente Kunststoffe in Echtzeit prüfen

Redakteur: Udo Schnell

Mit der On-Box haben Wissenschaftler des Fraunhofer ICT ein Werkzeug entwickelt, dass die Charakterisierung von polymeren Nanokompositen bereits während der laufenden Produktion erlaubt.

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Die On-Box überprüft funktionale Kunststoffe direkt an der Mischanlage auf deren Zusammensetzung und die Verteilung der Nanopartikel.
Die On-Box überprüft funktionale Kunststoffe direkt an der Mischanlage auf deren Zusammensetzung und die Verteilung der Nanopartikel.
(Bild: Fraunhofer)

Das Fraunhofer-Institut für Chemische Technologie ICT in Pfinztal bei Karlsruhe hat zusammen mit anderen Partnern ein Werkzeug entwickelt, das die Charakterisierung von polymeren Nanokompositen bereits während der laufenden Produktion erlaubt. „Das spart nicht nur Materialkosten und Zeit. Es hilft auch, die Qualität der durch Nanozusätze hervorgerufenen zusätzlichen Eigenschaften weiter zu verbessern“, sagt Irma Mikonsaari vom ICT.

Zusätze in Nanogröße werden beigemischt

Mit dem Werkzeug können, wie das ICT erläutert, funktionale Bauteile aus Kunststoff untersucht werden, wie sie zum Beispiel in Haushaltsgeräten, etwa einem Kühlschrank, verwendet werden. Die dort verbauten Materialien seien nicht nur pflegeleicht und hätten eine nützliche Form, sondern wirkten auch antibakteriell. Der Grund dafür seien Zusätze in Nanogröße, die dem Granulat während der Herstellung beigemischt würden.

Solche Bauteile lassen sich je nach Art, Form und Verteilung der Partikel innerhalb der Polymermischung mit unterschiedlichsten Eigenschaften ausstatten, heißt es weiter. Schon äußerst geringe Mengen der kleiner als 100 nm großen Partikel reichen aus, um eine antibakterielle Wirkung, Kratz- und Flammschutz, elektrische oder thermische Leitfähigkeit oder verbesserte mechanische Festigkeit zu erreichen. Damit diese Merkmale auch einwandfrei wirken, muss das Mischverhältnis von Granulat und Zusätzen sowie deren Verteilung exakt stimmen. Das zu überprüfen ist bislang sehr aufwändig und kompliziert: Es geschieht erst nach der Herstellung. Oft wird die gewünschte Zusammensetzung des Kunststoffmischs erst nach mehreren produzierten Testmengen erzielt. Das verzögert den Produktionsprozess und führt zu unnötigem Materialverbrauch, führt das ICT aus.

Direkt am Mischgerät analysieren

Das vom ICT entwickelt Messgerät, die On-Box, wird an der Ausgangsdüse des Fördergeräts montiert. Dort überprüfen Sensoren die Kunststoffmischung – unter anderem mit Hilfe von Spektroskopie, Ultraschall und Mikrowellen. Sie charakterisieren die Masse noch direkt in der Mischanlage und untersuchen, wie diese aus Kunststoff und Nanopartikeln zusammengesetzt ist.

Untersucht wird den Angaben zufolge, wie zähflüssig die Masse ist, welchen Druck sie hat oder wie die Partikel verteilt sind und ob sie Konzentrationsschwankungen aufweisen. Gleichzeitig nehmen die Sensoren die thermische und elektrische Leitfähigkeit des Polymers sowie dessen Temperatur unter die Lupe. Ein Rechner gleicht die Daten mit den Zielgrößen aus dem System ab und verarbeitet sie innerhalb eines künstlichen neuronalen Netzes weiter. Der Computer errechnet dann, so das ICT, je nach gewünschter Anwendung das exakte Mischverhältnis sowie den entsprechenden Verarbeitungsprozess und gibt diese Information direkt an die Steuerung der Maschine weiter. „Das Nanopartikel-Netzwerk bildet sich wie gewünscht aus, die einzelnen Partikel verteilen sich optimal. Der Zustand der Kunststoffschmelze kann bereits beim Austritt aus der Düse charakterisiert werden“, präzisiert Mikonsaari.

Vorstellung am 19. November in Pfinztal

Die Wissenschaftlerin stellt die On-Box am 19. November 2013 beim Nano-On-Spect-Workshop im ICT in Pfinztal vor. Das Messgerät ist an einer Pilotanlage angebracht, die 30 kg Kunststoffmischung verarbeiten kann. Gleichzeitig informieren die Forscher über den Stand des von der EU geförderten Projekts Nano-on-Spect.

Eingeladen sind nicht nur Rohstofflieferanten und Kunststoffhersteller, sondern auch Unternehmen, die intelligente Kunststoffe weiterverarbeiten und verwerten. Das Projekt startete Anfang 2011 und hat eine Laufzeit von insgesamt vier Jahren. Ziel des Konsortiums aus Wissenschaft, Verbänden und Industrie ist es, die Herstellungsprozesse intelligenter Kunststoffe mit zugesetzten Nanopartikeln zu optimieren. Dazu entwickeln die Projektpartner einerseits Techniken, die helfen, Verteilung, Größe und Aufbau der Nanozusätze sowie die Eigenschaften der Kunststoffmischungen besser zu charakterisieren. Andererseits konzipieren die Beteiligten ein neues Mischverfahren, das die Vorteile bestehender Abläufe vereint. „Die On-Box ist bereits ein sehr konkretes Forschungsergebnis, von dem die Industrie ab sofort profitieren kann“, weist Mikonsaari auf die anwendungstechnische Relevanz des neuen Werkzeugs hin.

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