Moulding Expo 2017 Klassiker und Exoten schaffen Mehrwert

Autor / Redakteur: Peter Königsreuther / Peter Königsreuther

Um den Informationsbedarf an werkzeugbaulichen Themen besser und lokal günstiger decken zu können, wurde vor über einem halben Jahrzehnt die Idee aufgegriffen, im südlichen Marktgeschehen Deutschlands eine neue Messe für den Werkzeug-, Modell- und Formenbau zu platzieren. Nach einer fulminanten Premiere vor zwei Jahren, steht nun die zweite Auflage der „MEX“ an, wie Fans das Event mittlerweile akronymisch nennen. Dabei bietet sie sowohl Klassikern als auch Exoten aus der Branche eine immer gefragtere Präsentationsplattform.

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Highlights der Moulding Expo 2017
Highlights der Moulding Expo 2017
(Bild: divers)

Nach Aussage des Veranstalters der Moulding Expo, der Landesmesse Stuttgart, ist die Messe auf bestem Weg, eine internationale Leitmesse für die gesamte Wertschöpfungskette im Bereich Werkzeug-, Modell- und Formenbau zu werden. Anfangs hatten noch viele Unternehmen – auch aus dem Ausland – gezögert, einen Auftritt schon bei der Premiere zu wagen. Doch von der Erfolgsbilanz sowie der positiven Resonanz der an der Premiere beteiligten wurden sie überzeugt, nun bei der zweiten Veranstaltung vom 30. Mai bis 2. Juni in Stuttgart mit dabei zu sein. Denn sowohl ein reiner Besuch als auch die Demonstration der eigenen Kompetenzen als Aussteller können sich lohnen. Hier folgen nun einige Highlights des kommenden Messegeschehens.

Vom Kopf in die Wirklichkeit

Was hilft dem Designer und Ingenieur die beste Idee für ein Bauteil, wenn es nicht gemäß den heutigen wettbewerbsgetriebenen Verhältnissen wirtschaftlich Realität werden kann? Deshalb muss der Einfall über CAD/CAM-Tools zunächst zumindest auf dem Bildschirm für alle sichtbare Formen annehmen, um seine Gebrauchsfähigkeit und Machbarkeit zu prüfen – und das möglichst ohne materielle Ressourcen zu verbrauchen. Open Mind Technologies etwa gehört zu den Ausstellern, die dem Anwender bei diesem Vorhaben helfen – vor allem was die klassischen Zerspanungsprozesse betrifft. Unter dem Produktnamen Hypermill will Open Mind auf diese Aufgaben abgestimmte CAM-Lösungen präsentieren, die dem Werkzeug- und Formenbauer mehr Performance beim Programmieren und Anfertigen des Werkstücks an die Hand geben.

Als besonders interessant für die klassischen Werkzeug- und Formenbauer hebt der Aussteller das, wie es heißt, leistungsstarke Paket „Hypermill Maxx Machining“ hervor, das beim Schruppen, Schlichten und Bohren für höhere Spanvolumina sorgt und dabei die eingesetzten Werkzeuge schont. Mit trochoidalen Werkzeugbewegungen klappe das für das High-Performance-Cutting (HPC). Für optimiertes Schlichten gibt es die Funktion des 5-Achs-tangentialen Ebenenschlichtens für konische Tonnenfräser. Open Mind betont, dass man damit 90 % der üblichen Bearbeitungszeit einspart und gleichzeitig sehr gute Oberflächenqualitäten zustande bekommt. Und mit der 5-Achs-helikalen Bohrfunktion, was prinzipiell ein Sturzfräsen mit einem sich spiralig bewegenden torischen Werkzeug betitelt, gelinge es, verschiedene Bohrungsdurchmesser ohne Vorbohren mit nur einem Werkzeug anzufertigen.

Elektroden einfacher fertigen

Für alle, die sich beim Werkzeug- und Formenbau dem Senkerodieren widmen, hat Open Mind das Hypercad-S-Elektrodenmodul entwickelt. Der Konstruktionsaufwand für eine Elektrode werde damit quasi automatisiert. Man müsse lediglich die zu erodierenden Flächen auswählen. Das Modul generiert, wie Open Mind sagt, dann die dazu passende Elektrodenform. Die Elektrodenflächen würden automatisch verlängert und Rohlinge sowie passende Halterungen aus den Anfangsdaten abgeleitet. Tools aus dem Hypermill-Sortiment sorgten für den nahtlosen Prozess- und Bauteiltransfer. Sollten, wie Open Mind anmerkt, bereits Bearbeitungsmakros vorliegen, geschehe die Programmierung der Parameter teil- oder vollautomatisiert.

Normalien sind effektive Zeitsparer

Geht es um den Werkzeug-Formenbau für das Spritzgießen oder Stanzprozesse, sollte man das Rad nicht ständig neu erfinden, sondern für das mehr oder weniger standardisierte „Drumherum“ die reichhaltigen Produktsortimente der Normalienanbieter nutzen. Ein Ansprechpartner für Normalien ist etwa Hasco. Speziell zur Moulding Expo zeigt das Unternehmen eine anwendungsoptimierte Führungsbuchse für Spritzgießwerkzeuge mit sichernder Ringnut. Die Hasco-Spezialisten aus dem Heißkanalsektor stellen außerdem ein, wie es heißt, benutzerfreundliches, günstiges Regelgerät vor.

Unter dem Motto „Eine Düse, tausend Möglichkeiten“ bietet Hasco diverse Modelle von besonders kompakt konstruierten Heißkanaldüsen an. Mehr als 1000 Varianten in Modulbauweise sollen dem Werkzeugkonstrukteur das Leben erleichtern. Dabei bestehe auch die Option für eine einfache Anspritzung auf Umverteiler oder High-End-Nadelverschlussdüsen. Alle Vario-Shot-Düsen heizen laut Hasco die Kunststoffschmelze energieeffizient und gleichmäßig auf Solltemperatur. Scherungsoptimierte Fließwege sollen dabei auch noch das Material schonen, um stets reproduzierbare Einspritzmodalitäten zu schaffen.

Auf die großen Kontursprünge helfen

Der MEX-Aussteller Meusburger legt seinen Berichten zufolge bei den Normalien einen Schwerpunkt des Auftritts auf Komponenten für Stanz- und Biegewerkzeuge. Im Bereich Schneidstempel gehören zwei verschiedene PVD-Beschichtungen dazu, welche die Standzeiten deutlich erhöhen und den Reibkoeffizienten verringern sollen. Als Weltpremiere präsentiert Meusburger eine, wie es heißt, präzise arbeitende Verdrehsicherung für Formschneidstempel mit zylindrischem Kopf. Die Genauigkeit bei der parallelen Stempelpositionierung siedle sich damit im Bereich von ± 0,01 mm an. Mit einem neu entwickelten Schneidstempel-Konfigurator will Meusburger außerdem die Zeit für eine individuelle Konzeption von Schneidwerkzeugen zu verkürzen helfen, bei der man mit nur wenigen Klicks zum fertig konfigurierten Werkzeugelement gelange.

Für Kunststoffverarbeiter hat dem Unternehmen außerdem Angusseinsätze für große Kontursprünge entwickelt, die, wie es weiter heißt, durch ihre „Bananengeometrie“ ideal dafür geeignet seien, Angussmarkierungen zu verdecken, weil sie ein Anspritzen des Teils von dessen Unterseite erlauben. Eine klar definierte Abrisskante garantiere, dass der Anguss exakt vom Teil entfernt werde.

Weil Meusburger außerdem auf die Oberflächenqualität geachtet habe, fließe die Kunststoffschmelze widerstandsarm durch das System. Wie man betont, können die CAD-Daten über die digitalen Kataloge leicht heruntergeladen werden. Auch die neuen Angusseinsätze sollen ab sofort ab Lager lieferbar sein. Wer sich erst ein praktisches Bild machen will, der sollte den Weg zu Meusburger auf der Moulding Expo auf keinen Fall scheuen.

Dynamik ohne Unfallfolgen

Was man nicht mit Normalien erledigen kann, wird klassisch mithilfe mehrachsiger Bearbeitungszentren angefertigt. Passende Anlagen hat beispielsweise Makino im Portfolio. Ganz neu für Werkzeug-, Modell- und Formenbauer gibt es die D200Z, wie Makino berichtet (siehe Aufmacherbild). Dabei handelt es sich um ein 5-Achs-Bearbeitungszentrum, das besonders für die Herstellung von Einzel- oder Multikomponenten-Werkzeugen oder Elektroden für die Kunststoffverarbeitung ausgelegt sei. In Kombination mit Vollhartmetall-Werkzeugen gelängen sogar Spiegeloberflächen. Die neueste CNC Pro 6 soll die Produktivität der D200Z im Vergleich zu ähnlichen Anlagen deutlich steigern. Trotz der erhöhten Produktivität können dank des sogenannten Collision Safe Guards (CSG) die herrschenden Sicherheitsstandards leicht eingehalten werden. Dieses System vermeide Kollisionen in Echtzeit und sei insbesondere bei 5-Achs-Bearbeitungen ein wichtiger Faktor für problemlos ausgeführte Prozesse. CSG berücksichtigt laut Makino dabei den tatsächlichen Zustand der Maschine.

Finishen vom Feinsten

Unter dem Slogan „Fit 2 Part“ hat die Samag Group ihre jüngste Generation der MFZ-Baureihe im März am Markt eingeführt. Strikt nach Baukastenprinzip konstruiert, soll diese Modellreihe den Anwendern mehr Fertigungsflexibilität bescheren. Die bewährten Features sind laut Samag beibehalten worden. Erstmals sind jedoch Finisharbeiten an komplexen Bauteilen über zwei Spindeln durchführbar, weil X-, Y- und Z-Achse unabhängig voneinander korrigiert werden können, so Samag. Die MFZ-Anlagen, von denen es insgesamt vier Baugrößen gibt, sollen sich sowohl für die High-Speed-Bearbeitung von Leichtmetallen als auch für die Zerspanung von Stahl- und Gusswerkstücken nutzen lassen. Insgesamt erlaube das Baukastenprinzip die Konfiguration von 74 unterschiedlichen MFZ-Anlagen.

Spezialmaschine optimiert Kunststoffteile

Ebenfalls aus dem Maschinensektor stellt GF Machining Solutions auf der Moulding Expo die Agie Charmilles AM S 290 Tooling vor. Das Besondere an der Anlage ist, dass sie, unterstützt durch eine strategische Partnerschaft mit dem 3D-Druckerhersteller EOS, mithilfe der Additiven Fertigung das Thermomanagement beim Kunststoffspritzgießen optimieren kann, wie GF erklärt. Diese Partnerschaft soll auch unterstreichen, was die Veranstalter der Moulding-Expo zeigen wollen: dass die oft kritisch beäugten, neuartigen Produktionsverfahren keine Konkurrenz, sondern echte Enabler im Werkzeug- und Formenbau sein können, damit bestehende Machbarkeitsgrenzen wirtschaftlich überschritten und erweitert werden können.

Konturnahe Kühlkanäle

Ein 3R-Macromagnum-Spannfutter ist dazu in das System integriert. In Kombination mit der softwaregestützten Referenzpunktkalibrierung erlaubt es die absolute Positionierung von Teilen in Bezug auf die X/Y-Ebene der Bauplattform, was insbesondere die Herstellung von Hybridwerkstücken unterstützt, wie GF erklärt. Das integrierte Spannfutter könne in Kombination mit Standardpaletten (beispielsweise für Hybridteile) oder Bauplattformen mit einem Standard­referenzelement verwendet werden. So wird laut GF die Fähigkeit zur Upstream- und Down­stream-Integration des additiven Fertigungsprozesses während der Produktion deutlich gesteigert. Dieser Hybridformeinsatz gelte als wirtschaftlichste Lösung für Teile, die sich durch geometrisch einfache und komplexe Abschnitte auszeichneten. Je nach Material und Größe, könnten Hybridteile durch direkte Erzeugung des additiv gefertigten Teils auf der Oberseite der konventionell hergestellten Basis oder durch separates Verarbeiten und Zusammenbauen der beiden Teile entstehen. Mit der AM S 290 Tooling konzentriere sich GF auf Formeinsätze mit konturnah verlaufenden Kühl- und Heizkanälen in Spritzgießwerkzeugen.

Mini-Mekka der additiven Fertigung

Wer außerdem noch genauer wissen will, wie man die klassische Wertschöpfungskette im Werkzeug-, Modell- und Formenbau durch wertvolle Glieder aus der generativen Fertigungswelt erweitern kann, der sollte sich auf den Weg in die Halle 5 machen und die Rapid.Area besuchen, zu der die Macher der Rapid.Tech aus Erfurt herzlich einladen. Ein fest etabliertes Aufgabengebiet in diesem Sonderschaurahmen ist die Gestaltung des Vortragsprogramms, das auch spezielle Themen der Additiven Fertigung für den Modell- sowie auch für den Werkzeug- und Formenbau präsentieren wird.

Wenn auch die Grenzen des Machbaren im Bereich des auf der Moulding Expo fokussierten Themenbereichs immer weiter gesteckt werden, komme ich jedoch, was den Umfang meiner Möglichkeiten zur Berichterstattung über die Trends aus der Welt des Werkzeug- und Formenbaus anbelangt, leider seitentechnisch bereits an meine Limits. Alle Aussteller mit pfiffigen Ideen, die ich im Rahmen dieses Berichts nicht mehr berücksichtigen konnte, mögen mir an dieser Stelle verzeihen. Mehr über die MEX an sich folgt nun im sich anschließenden Interview mit den beiden Projektleitern der Messe Stuttgart, Florian Schmitz und Florian Niethammer. MM

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