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Rohrkonstruktionen Lasergeschnittene Rohre können mehr
Der Leichtbau macht's möglich: Stahlrohre sind als Konstruktionselemente gefragt. Und weil sich Rohr-Laserschneidmaschinen zur Bearbeitung immer weiter entwickeln, eröffnen sich auch immer mehr Möglichkeiten in der Konstruktion.
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Auf der jüngsten Hausmesse Intube des Rohrbearbeitungsmaschinen-Herstellers BLM Group war er unübersehbar: der Slingshot-Roadster des US-amerikanischen Fahrzeugherstellers Polaris Industries. Doch es war weniger der 2,4-l-Motor oder das Fünfganggetriebe, weshalb das dreirädrige Fahrzeug seinen Weg ins italienische Levico Terme gefunden hatte. Der Grund offenbart sich beim Blick ins Innere: Der Rahmen besteht aus Rohren, die ineinandergesteckt sind – die Laserbearbeitung macht es möglich.
Ganz neu ist der Rohrlaser nicht, doch sollte man sich als Konstrukteur seine Vorteile vor Augen halten: Die Maschine kann vielerlei Arbeitsschritte übernehmen, wie das Sägen, Bohren oder Fräsen, die in der klassischen Rohrbearbeitung hohe Kosten verursachen. An die Aufgabe beziehungsweise das Halbzeug angepasste Werkzeuge sind nicht nötig, der Laser ist flexibel genug und erstellt auch komplexe Konturen in einem Arbeitsgang. Das spart im Zweifelsfall, verglichen mit anderen Verfahren, auch hohe Kosten für eine eigene Werkzeugkonstruktion. Hinzu kommt, dass die Laserschnitte meist sauber und glatt sind – eine Nachbearbeitung wird deutlich einfacher oder entfällt ganz, ebenfalls ein wichtiger Kostenfaktor.
Laserschneiden bietet viele Vorteile für die Rohrbearbeitung
Auch beim Rohrhalbzeug als Ausgangsmaterial zeigen sich die Vorteile des Lasers: Ob rund, oval, viereckig oder gar mit einem ganz individuellen Querschnitt – das Licht als Werkzeug passt sich jeder Kontur an. Der Laserkopf ist bei heutigen Maschinen flexibel genug, um zusammen mit den Dreh- und Linearbewegungen des Spannfutters an jede Stelle zu gelangen. Das eröffnet zusammen mit Schrägschnitten, Aussparungen oder Formschnitten weitere Möglichkeiten für das Konstruieren mit Rohren. Unterschiedliche Wanddicken oder Materialien, ein Materialmix gar, sind ebenfalls kein Anlass mehr für Werkzeugwechsel und die damit verbundenen Kosten. Besonders weit in seinen Möglichkeiten geht das fünfachsige Bearbeitungszentrum LT-Free von BLM. Es schneidet komplexe Geometrien aus bereits gebogenen Rohren, aus tiefgezogenen Blechteilen oder aus hydrogeformten Komponenten.
Doch die Vorteile des Lasers bei der Rohrbearbeitung gehen noch weit über das hinaus, was mit den klassischen Verfahren vergleichbar ist. Erst die Flexibilität ermöglicht es, zu geringen Kosten noch Zapfen, Durchbrüche, Knick- und Steckverbindungen oder Füge- und Codierhilfen in die Bauteile einzubringen.
Unabhängig vom Winkel passen gegenüberliegende, mit dem Laser realisierte Schnittflächen immer. Damit lassen sich der Schweißaufwand reduzieren, die Montage der Bauteile erleichtern oder Montagefehler von vorneherein verhindern. „Es besteht die Möglichkeit, die Teile so zu konstruieren, dass es gar keine andere Möglichkeit gibt, als sie fehlerfrei zusammenzustecken“, erläutert Giovanni Zacco, Marketingleiter bei BLM, im Gespräch mit unserer Redaktion. Sogar schweißlose Verbindungen, beispielsweise ineinanderverriegelte Steckverbindungen, sind möglich und werden in der Praxis auch eingesetzt. „Wenn man mit dem Laser die gleiche Arbeit wie mit konventionellen Maschinen macht, hat das keinen Sinn – man muss für den Laser konstruieren, um die Möglichkeiten auszuschöpfen“, resümiert Zacco.
Laser punktet bei kleinen Losgrößen
Die Flexibilität des Lasers macht sich vor allem bei kleinen Losgrößen bemerkbar. Da der Prozess einfach und schnell anpassbar ist, kann er bereits eine Losgröße eins wirtschaftlich machen. Nach Angaben von Zacco haben die BLM-Laserschneidmaschinen mittlerweile eine Genauigkeit von 0,05 mm im Schnitt und von 0,03 mm in der Positionierung. Damit übertreffen sie die üblichen Toleranzen von Rohren, wie sie beispielsweise nach DIN definiert sind. Das Endergebnis hängt also vor allem von der Qualität des Halbzeugs ab, an der Maschine scheitert es nicht.
Leichtbau auch mithilfe von lasergeschnittenen Rohren realisiert
Am Beispiel des Slingshot-Roadsters zeigt sich, welche Vorteile das Arbeiten mit lasergeschnittenen Rohren haben kann. Das komplette Fahrzeug kommt nach Angaben des Herstellers Polaris Industries auf ein Gesamtgewicht von weniger als 770 kg (1700 lbs). Dank der Möglichkeit, die lasergeschnittenen Rohre ineinanderzuverriegeln, muss nur noch wenig geschweißt werden, wie Zacco erläutert. Dort, wo geschweißt werden muss, vereinfacht zudem die Präzision der Komponenten den Prozess. Insgesamt lässt sich der Fahrzeugrahmen dadurch vergleichsweise schnell zusammenbauen.
Ein anderes Fahrzeug, das allerdings noch nicht über den Stand einer Projektstudie hinausgekommen ist, ist das Sportcoupé Light Cocoon von Edag. Der deutsche Entwicklungsdienstleister für die Automobilindustrie hat es im Rahmen eines Forschungsprojekts zusammen mit BLM, Concept Laser und dem Laser Zentrum Nord entwickelt und auf dem Automobilsalon in Genf vorgestellt.
Zu seinem Design trägt laut BLM auch ein Rohrskelett bei, das transparent unter der Karosserie sichtbar ist. Seine tragende Struktur aus Rohrgitter wurde mit Stahlprofilen produziert, die von Maschinen des italienischen Herstellers gebogen und geschnitten wurden.
Die tragende Grundstruktur des Spaceframes beim Light Cocoon muss ebenfalls verschiedene Lastfälle wie Biege- und Torsionssteifigkeit erfüllen, wie Eric Fritzsche, Entwicklungsingenieur CC Leichtbau, Werkstoffe und Technologien bei Edag, auf dem Leichtbau-Gipfel des Blechnet-Schwestermagazins Automobilindustrie sagte. Spaceframes, also Gitterrahmen als eine spezielle Bauart einer selbsttragenden Karosserie, bestehen aus Profilen, welche an Knoten miteinander verschweißt werden.
Ziel ist es, so wenig Material wie möglich einzusetzen. Dennoch soll die Struktur im Falle eines Crashs bestimmte Werte einhalten. Aus diesem Grund wurde an bestimmten Teilen im Frontbereich ein Lochbildbeschnitt vorgenommen, um die Aufprallenergie zu absorbieren. Auch dies ist eine Aufgabe, die eine Laserschneidmaschine gut übernehmen kann.
Lasergeschnittene Rohre für viele Branchen interessant
Doch auch für andere Branchen ist das Arbeiten mit lasergeschnittenen Rohren interessant. BLM führte dies auf der Hausmesse anhand der Produktion eines Bücherschranks vor. Der Rahmen des Bücherschranks wird mit einer Rohr-Laserschneidemaschine Lasertube LT5 und einer Biegemaschine Elect40 produziert. Zwei Roboter führen die Handhabung automatisch aus.
Die industrialisierte Fertigung kann bereits beim Design der einzelnen Teile berücksichtigt werden. So enthält die Bibliothek der von BLM entwickelten CAD-Software Artube spezielle Funktionen für die Erzeugung von Trennbiegeschnitten, Steckverbindungen und speziellen Verbindungsformen. Das erlaubt nach Angaben des Maschinenbauers große Zeitersparnisse. Gleichzeitig profitieren die folgenden Arbeitsschritte wie die Montage und gegebenenfalls auch das Schweißen von der höheren Zuverlässigkeit und Präzision der Laserschnitte. Im Normalfall sind so die Kosten des gesamten Prozesses reduziert.
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Blechexpo 2017
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