Hydraulikzylinder Leichte Hydraulikzylinder in Serie

Autor / Redakteur: Alfred Kindl / Stefanie Michel |

Hydraulische Aktoren bewegen große Massen, sodass wegen der hohen Belastung die Zylinderrohre und Kolbenstangen meist aus Stahl gefertigt sind. Mit kohlefaserverstärkten Hydraulikzylindern lassen sich allerdings bis zu 70 % Gewicht einsparen. Doch beim Einsatz ist einiges zu beachten und die Serienfertigung erfordert viel Know-how.

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Die CFK-Zylinder sind nicht nur leicht und korrosionsbeständig, sie lassen sich auch in Serie fertigen.
Die CFK-Zylinder sind nicht nur leicht und korrosionsbeständig, sie lassen sich auch in Serie fertigen.
(Bild: Mark Hydraulik)

Hydraulische Aktoren bewegen die unterschiedlichsten Dinge: von Baggerschaufeln bis hin zu Windkraftflügeln. Im Gegensatz zu den vielfältigen, oft innovativen Einsatzbereichen gleichen sich die Hydraulikzylinder selbst aber meist sehr. Wegen der großen Belastung durch hohe Drücke sind Zylinderrohre und Kolbenstangen fast immer aus Stahl gefertigt. Zunehmend setzt der Markt aber auf Leichtbau. Selbst in Branchen, die bislang klassischen Stahlbau bevorzugen, halten moderne Composite-Werkstoffe Einzug. Mit kohlefaserverstärkten Hydraulikzylindern lassen sich bis zu 70 % Gewicht einsparen. Also einfach Stahl durch Kohlefaser-Composites ersetzen? Nicht ganz, denn es gilt einige Details zu beachten und auch die Serienfertigung erfordert viel Know-how.

Das Einsatzfeld für Leichtbau- Hydraulikzylinder ist groß: ein reduziertes Gewicht macht (mobile) Maschinen oder Elektromobile leichter. Auch andere dynamische Anwendungen können aufgrund einer geringeren bewegten Masse anders dimensioniert werden, beispielsweise Zylinder an langen Auslegern. Zudem spielt der Leichtbau-Werkstoff im korrosiven Umfeld seine Stärken aus. Die Mark Hydraulik GmbH hat daher das klassische Arbeitselement „Hydraulikzylinder“ von Grund auf neu entwickelt und mit einem optimierten Materialmix aus kohlefaserverstärktem Kunststoff (CFK), Aluminium und Stahl deutlich „abgespeckt“. Dabei wurde von Anfang an auch eine rationelle Fertigung berücksichtigt, damit die Vorteile des Leichtbaus nicht durch hohe Produktionskosten unattraktiv werden.

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Mit weniger Masse die gleichen Kräfte auffangen

Kohle und Stahl spielen seit der Industrialisierung in der Technik eine grundlegende Rolle. Auch moderne Hightechprodukte wie die Leichtbauzylinder setzen auf diese Stoffe – jedoch mit einer ganz neuen Zielrichtung. Dünnere, dafür hochfeste Stahllegierungen und Kohlefasern können mit weniger Masse die gleichen Kräfte auffangen; das spart Gewicht. Vergleicht man das spezifische Gewicht der gängigen Werkstoffe, so betragen die relativen Unterschiede bezogen auf Stahl mit 7,85 kg/l = 100 % für Titan 58 %, Aluminium 34 % und Carbonfaser wiegt sogar nur etwa 22 % der gleichen Volumenmenge Stahl. Mit modernen Aluminiumlegierungen und Kohlefaser-Verbundwerkstoffen lassen sich folglich gerade bei voluminösen Bauteilen enorme Gewichtseinsparungen erzielen. Allerdings erfordern diese Werkstoffe völlig neue Fertigungskonzepte – ein Aspekt, der beim Einsatz neuer Materialien in der Serienfertigung oft unterschätzt wird. Die Entwicklung der Carbonzylinder wurde daher von Anfang an an die Fertigungsmöglichkeiten angepasst.

Der richtige Werkstoff an den richtigen Stellen

Grundsätzlich muss das Zylinderrohr eines Hydraulikzylinders dem Innendruck ohne allzu große Verformung standhalten und die Zylinderinnenwand abriebfest und tribologisch optimal an die verwendeten Dichtungsmaterialien angepasst sein. Nur so können die Zylinder über viele Betriebszyklen zuverlässig arbeiten. Um das zu gewährleisten, setzen die Spezialisten aus Spital auf einen dünnen Inliner aus Stahl, was den Einsatz bewährter Dichtungsmaterialien ermöglicht. Die mechanische Belastung fängt ein aus vorgespannten Kohlefaser-Rovings gefertigter CFK-Mantel auf, der maschinell um den Inliner gewickelt wird.

Um das CFK-Rohr als rein rotationssymetrisches Teil mit ressourcenschonendem Endlosfilament optimal an den Kräfteverlauf anzupassen und vollautomatisch zu fertigen, wurden alle Anschlüsse in die Endstücke verlegt. Auch in diesen Endstücken der Zylinder schlummert Optimierungspotenzial. Sie dienen der Abdichtung und Ölzufuhr und führen gleichzeitig die Kolbenstange.

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Moderne hochfeste Aluminiumlegierungen sind bei den hier auftretenden Belastungen konventionellen Stahlpendants ebenbürtig und reduzieren das Gewicht zusätzlich. Jeder Werkstoff übernimmt in diesem Verbund seine Aufgabe:

  • der Inliner sorgt für eine ideale Dichtungsschonung,
  • der CFK-Mantel fängt die Kräfte auf,
  • die Aluminiumendstücke sorgen für Führung und Ölzufuhr.

Der deutlich leichtere Composite-Zylinder ist mechanisch stabil, abriebfest und lässt sich automatisiert in großen Stückzahlen herstellen. Vergleicht man den Leichtbauzylinder mit konventionellen Pendants, lassen sich beim Zylinder je nach Stahlwandung mit üblichen Dicken von 5 bis 15 mm zwischen 30 und 70 % des Gewichts einsparen – und das bei gleichen mechanischen Eigenschaften. Zudem ist CFK beziehungsweise das Harz im Verbundwerkstoff von Hause aus korrosionsfest.

Der Stahlinliner wird für eine optimale Haftung und gegen Kontaktkorrosion behandelt. Die Aluminiumendstücke sind harteloxiert und damit ebenfalls korrosionsgeschützt. Die Kolbenfläche und Stange besteht bei heutigen Zylinderausführungen aus Kompatibilitätsgründen meist noch aus Stahl. Mark reduziert jedoch mit dem Einsatz von neuen Stahlsorten gezielt das Gewicht. Theoretisch ist aber auch hier der Einsatz abgestimmter Stahl-Kunststoff-Hybridbauteile möglich.

Serienfertigung oder Hydraulikzylinder nach Maß

Hybridzylinder aus CFK-Verbund gibt es einige Zeit am Markt, jedoch sind das durchweg Einzel­anfertigungen oder Kleinserien. Ziel der Neuentwicklung war aber, mehrere Tausend bis Zigtausend Einheiten im Jahr wirtschaftlich zu fertigen. Dennoch sollten einfache, anwendungsspezifische Anpassungen für einzelne Kunden schnell umsetzbar sein, um immer marktgerechte Lösung anbieten zu können. Standardgrößen sind daher momentan Modelle mit Kolbendurchmessern von 32 bis 125 mm bei Arbeitsdrücken von 100 beziehungsweise 300 bar (Prüfdruck 450 bar) mit Längen bis zu 2 m und gegebenenfalls auch darüber. Die Arbeitstemperatur des Mineralöls darf bei Standardanwendungen zwischen -20 und +80 °C liegen. Aber auch für andere Temperaturfenster ist eine Auslegung möglich. Dafür wurde die Fertigung komplett an den neuen Bedingungen ausgerichtet: Im ersten Schritt wird der Zylinder mit allen Metallbestandteilen und Dichtungen, wie dem dünnen Inlinerrohr, der Kolbenstange mit Dichtungen und den Endteilen komplett montiert. Danach kommt der Zylinderrohling in die automatische CFK-Bewicklung. Dabei arbeitet Mark mit Roving-Vorspannung, gegebenenfalls auch mit Zylindervorspannungen (eines der Mark-Patente), um die Dehnungstoleranzen bei höherem Innendruck zu minimieren. Die komplette Einheit wird dann in einem Ofen fertig gebacken, also ausgehärtet.

Weniger Gewicht, mehr Korrosionsbeständigkeit

Die leichten, korrosionsbeständigen Zylinder sind nach dem Aushärten im Ofen direkt einsatzbereit und ihre Anwendungsbereiche sind breit gefächert: Von Transportfahrzeugen über landwirtschaftliche Geräte bis hin zu Luftfahrt und Marine reicht die Bandbreite schon heute. Ein typisches Beispiel in der Baubranche sind hydraulisch abgestützte Betonschalungen. Diese werden üblicherweise von Hand zusammengebaut, wobei Einzelteile oft über 100 kg wiegen. Selbst eine Gewichtseinsparung von nur 50 % machen bei 100 kg Grundgewicht der Hydraulikzylinder immerhin 50 kg aus, die weniger zu tragen sind. Das erleichtert das Handling auf der Baustelle deutlich.

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Auch bei kleinen Baggern, die bei Abrissarbeiten im Inneren von Gebäuden fahren, ist das Gewicht ein entscheidender Faktor. Die Tragfähigkeit der Decken ist hier das Maß aller Dinge und leichte Hydraulikzylinder vermindern das Einsatzgewicht. Bei langen Kranauslegern oder Betonpumpen bietet die reduzierte Masse der Zylinder deutliche Vorteile bei der möglichen Auslegerlänge. Im Kommunalbereich sind heute zunehmend elektrisch angetriebene Fahrzeuge im Einsatz. Auch hier können die Leichtbauzylinder punkten. Ob Kehrmaschine oder Müllwagen, je weniger Gewicht, umso weniger Antriebsenergie ist nötig, der Akku (für mehr Reichweite) oder die Nutzlast kann größer ausfallen.

In solchen Anwendungen ist zudem die Korrosionsbeständigkeit ein wesentlicher Pluspunkt. Gleiches gilt für Containerstapler, Offshoreeinrichtungen oder Windkraftanlagen. Wenn bei Letzteren die Rotorblätter der Windsituation angepasst werden, senkt eine geringere bewegte Masse das Trägheitsmoment des Rotors und entlastet die tragenden Teile vom Rotorlager bis zum Turm. Auch bei langen Kranauslegern oder Betonpumpen bietet die reduzierte Masse deutliche Vorteile bei der Dynamik beziehungsweise der möglichen Auslegerlänge. Selbst in der Logistik finden sich viele Anwendungen für die Leichtbauzylinder: Kleine Arbeitsbühnen oder mobile und stationäre Roboter profitieren von jedem Kilogramm eingesparter Masse.

* Alfred Kindl ist Leiter Entwicklungskoordination, Marketing und Vertrieb bei der Mark Hydraulik GmbH in 4582 Spital am Pyhrn (Österreich)

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