Mobilhydraulik Mit hydraulischem Hybridantrieb arbeitet ein Gabelstapler sparsamer
Je kürzer Leerlauf- und Teillastbetrieb eines Gabelstaplers sind, desto höher ist die Kraftstoffeinsparung. Das zeigt ein Stapler mit Freikolbenmaschine statt Dieselmotor, die alle hydraulischen Verbraucher mit Energie versorgt. Fahr- und Hubantrieb arbeiten drosselfrei. Ein Hydraulikspeicher deckt die Leistungsspitzen ab.
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Die TU Dresden und die Bosch Rexroth AG haben gemeinsam eine thermohydraulische Freikolbenmaschine (FKM) weiterentwickelt und für eine Applikation umgesetzt [1 und 2]. Die Zusammenarbeit dauerte von 2006 bis 2011. Das BMWi förderte das Gemeinschaftsprojekt unter dem Kennzeichen 0327247/D als Folgevorhaben eines vorangegangenen Grundlagenprojekts der Jahre 2000 bis 2005, in dem die FKM [3] erfolgreich konzeptioniert und in mehreren Prototypen umgesetzt wurde. Mit dem Funktionsnachweis und der Erprobung mit Lastabnahme am Prüfstand stand die FKM zur Anwendung als Primäraggregat in mobilhydraulischen Antriebssystemen zur Verfügung. Das Funktionsprinzip und der Entwicklungsprozess der Maschine wird in [4] bis [9] beschrieben.
Zwei Ziele standen in dem anwendungsorientierten Folgevorhaben im Mittelpunkt: erstens die Weiterentwicklung des innermotorischen Verbrennungsprozesses der FKM, sodass die künftig verschärften Abgasemissionsvorschriften eingehalten werden, und zweitens der Aufbau der FKM für eine typische Anwendung mobiler Arbeitsmaschinen und deren Erprobung in dieser Anwendung.
Umstellung auf Freikolbenmaschine und Konstantdrucknetz
Als Beispielapplikation der thermohydraulischen Freikolbenmaschine wurde ein Gabelstapler (Modell DFG 25 BK von Jungheinrich) gewählt (Bilder 1 bis 3). Dessen Antriebssystem wurde vollständig neu konzipiert (Bild 4) und auf eingeprägten Systemdruck umgestellt. Der Spitzenwert der Leistungsquelle im System wird dabei von etwa 30 kW (Dieselmotor) auf rund 15 kW (FKM) verringert. Bedarfsspitzen werden aus einem hydraulischen Speicher bedient. Ausführlich beschrieben ist das Konzept in [10] und [11].
Aus Effizienzgründen werden die leistungsstärksten Verbraucher (Fahr- und Hubantrieb) mit drosselfreier Sekundärregelung ausgeführt. Für die leistungsschwächeren Verbraucher – Lenkung (LZ) und Neigen (NZ) – kommt dagegen die bekannte, feinfühlige Drosselsteuerung (PV) zum Einsatz. Für alle Systemkomponenten sind Sitzventile mit Absperrfunktion (SV) vorgesehen, um bei Stillstand unnötige Leckagen zu vermeiden. Die Verbraucher im System bedienen sich aus dem hydraulischen Hochdruckspeicher, dessen Druck von der FKM zweipunktgeregelt aufrechterhalten wird. Leistungsbereitstellung und -abnahme sind also voneinander entkoppelt.
Neuartiger Antrieb mit Lastspiel ähnlich den Vorgaben nach VDI 2198 erprobt
Zur Erprobung und zur Bestimmung des Energiebedarfs der neuartigen Antriebslösung wurde ein Lastspiel ähnlich den Vorgaben nach VDI 2198 absolviert. Die räumlichen Gegebenheiten an der TU Dresden und die vorhandene Ausrüstung mit Messgewichten erlaubten es jedoch nicht, die Bedingungen dieser Vorschrift einzuhalten.
Anders als gefordert, stand nur ein Fahrweg von 13,2 m zur Verfügung (Bild 5) und anstelle der Nennlast war aufgrund der vorhandenen Messgewichte nur eine Nutzlast von insgesamt 800 kg möglich. Aus Sicherheitsgründen musste auf das Neigen und die Rangierfahrt mit gehobener Last verzichtet werden. Das Erreichen der maximalen Fahrgeschwindigkeit wurde durch eine Geschwindigkeitsbegrenzung aktiv verhindert.
Teillast und Leerlauf beim Hybridstapler deutlich reduziert
Als vergleichbarer konventioneller Serienstapler stand an der TU Dresden ebenfalls ein Modell von Jungheinrich (DFG 430) zur Verfügung. Beide Stapler wurden unter den gegebenen Möglichkeiten 1 h lang im Lastzyklus gefahren. Im Anschluss ermittelte man den Energiebedarf. Vor jeder Messfahrt wurden beide Stapler randvoll mit Dieselkraftstoff betankt, sodass der Einfüllstutzen bis zur Oberkante bündig befüllt war. Nach jeder Messfahrt wurde mit einem Messbecher soviel Kraftstoff nachgefüllt, bis dieser Ausgangsfüllstand wieder erreicht war (Bild 6).
Beim hydraulischen Hybridstapler mit FKM ließen sich Ein- und Ausgangssignale des Entwicklungssteuergerätes zur Messwerterfassung nutzen. Bild 7 zeigt beispielhaft die Werte für die Fahrgeschwindigkeit und die Hubhöhe während zweier aufeinanderfolgender Arbeitsspiele (ASP). Unterhalb des Diagramms dargestellt ist das Ein- und Ausschaltsignal der FKM, an dem man gut den typischen Aussetzbetrieb (Stapelbetrieb) erkennt. Mit weniger als 40 % Einschaltdauer beträgt die Stillstandszeit der FKM während des Lastzyklus über 60 % der Arbeitszeit. Das heißt: In weit mehr als der Hälfte der gesamten Arbeitszeit werden eine ineffiziente Teillast und ein ineffizienter Leerlauf vermieden – und so Kraftstoff eingespart und CO2-Emissionen gemindert.
Weniger Kraftstoffverbrauch bei gleicher technischer Leistung
Mit beiden Staplern wurde die gleiche technische Leistung erbracht. Der konventionelle Stapler verbrauchte hierfür 2,1 l Dieselkraftstoff, der Hybridstapler 1,39 l. Allerdings wurde während dieser Zeit aus den Batterien elektrische Energie entnommen, die sich aufgrund fehlender Generatorfunktion nicht autark nachladen ließ. Dieser elektrische Energiebedarf ist entsprechend umzurechnen und dem verbrauchten Kraftstoffvolumen zuzuschlagen. Mit einem geschätzten Bereitstellungswirkungsgrad von 15 % für eine autarke Elektroenergieerzeugung aus Diesel an Bord des FKM-Staplers sind noch 0,31 l Kraftstoff zum gemessenen Verbrauch hinzuzurechnen. Damit ergibt sich ein Gesamtverbrauch von 1,7 l Dieselkraftstoff. Die Einsparung beträgt 19,86 % für den Hybridstapler mit FKM (Bild 8).
Gesamtes Leistungspotenzial ist noch nicht ausgeschöpft
Die leistungsstarken Hauptverbraucher des FKM-Staplers (Fahr- und Hubantrieb) werden als hydraulischer Hybridantrieb, ausgerüstet mit Hoch- und Niederdruckspeichern, mittels drosselfreier Sekundärregelung betrieben. Alle Verbraucher im Hydrauliksystem mit eingeprägtem Druck werden von der thermohydraulischen Freikolbenmaschine als Primäraggregat versorgt. Sie sind mit Sitzventilen abschaltbar in das System integriert (Nullleckagekonzept). Bereits in der ersten Version funktioniert das System sicher und ist in der Lage, die gleiche technische Leistung wie ein vergleichbarer konventioneller Serienstapler zu erbringen. Im direkten Vergleich ließen sich für einen an VDI 2198 angelehnten Lastzyklus auf Anhieb Kraftstoff- und Emissionseinsparungen von 20 % messtechnisch nachweisen.
Die gemessenen Einspareffekte beruhen jedoch nicht auf der Freikolbenmaschine, in der ein üblicher Zweitakt-Dieselprozess abläuft. Diese Maschine bietet keine besonderen Wirkungsgradvorteile. Auch war die Rekuperation (Rückgewinnung von Energie) im gemessenen Lastspiel vernachlässigbar gering. Die Einsparung resultiert aus dem konsequenten Vermeiden von Leerlauf und Teillast. Die Auslegung der FKM auf mittlere Leistung (Downsizing) und die Deckung von Leistungsbedarfsspitzen aus einem Hydraulikspeicher tragen zusätzlich zur Verbesserung der Systemeffizienz bei.
Die bereits in der ersten Version erzielte Ersparnis zeigt bei Weitem noch nicht das gesamte Potenzial des neuen Antriebssystems. Bedenkt man die bekannten Unzulänglichkeiten, die derzeit noch in der ersten Version enthalten sind, und schätzt deren Einfluss auf den Gesamtenergiebedarf ab, so lassen sich mit verhältnismäßig geringem Aufwand weitere, deutliche Einsparungen in einer verbesserten, zweiten Version erzielen. Die Forschungsergebnisse stehen für die Nutzung in weiteren Systemanwendungen zur Verfügung.
Literatur
- [1] Kunze, G., und A. Winger: Möglichkeiten und Grenzen der Senkung des Energieaufwands bei Hybridantrieben. 1. VDMA-Tagung „Hybridantriebe in mobilen Arbeitsmaschinen“ in Karlsruhe, 22. Februar 2007. Lehrstuhl für mobile Arbeitsmaschinen (Mobima) des KIT.
- [2] Huth, T., A. Winger und G. Kunze: Hybrid-Stapler spart Kraftstoff und Emission. Mobile Maschinen 4/2012.
- [3] Patent DE 101 20 196 A1.
- [4] Kunze, G., et. al.: Thermo-hydraulic free piston engine (fpe) as a primary propulsion unit in mobile hydraulic drives. 5th International Fluid Power Conference in Dresden, March, 20th–22th, 2006. Institute of Fluid Power, TU Dresden.
- [5] Winger, A.,: Thermohydraulische Freikolbenmaschine, 5. Internationales Fluidtechnisches Kolloquium in Dresden, 20.–22. März 2006, Institut für Fluidtechnik (IFD), TU Dresden.
- [6] Fichtl, H.: Theoretische und experimentelle Untersuchungen einer thermohydraulischen Freikolbenmaschine – ein Beitrag zur Auslegung und Optimierung. Dissertation TU Dresden 2006.
- [7] Kunze, G., und andere: Betriebs- und Emissionsverhalten einer thermohydraulischen Freikolbenmaschine. 4. FAD-Konferenz „Herausforderung – Abgasbehandlung für Dieselmotoren“ in Dresden, 8.–9. November 2006. Förderkreis Abgasnachbehandlungstechnologien für Dieselmotoren e.V., Dresden.
- [8] Barciela, B.: Direkt gekoppelte Simulation zur Brennverfahrensentwicklung an einer thermohydraulischen Freikolbenmaschine. Dissertation TU Dresden 2010.
- [9] Kunze, G., und B. Barciela: Simulation einer thermohydraulischen Freikolbenmaschine (FKM). AVL User Conference 2009 in Freising, 16. Juni. AVL Deutschland GmbH, Mainz.
- [10] Kunze, G., und A. Winger: Möglichkeiten und Grenzen der Senkung des Energieaufwands bei Hybridantrieben. 1. VDMA-Tagung „Hybridantriebe in mobilen Arbeitsmaschinen“ in Karlsruhe, 22. Februar 2007. Lehrstuhl für mobile Arbeitsmaschinen (Mobima) des KIT.
- [11] Kunze, G., und andere: Gegengewichtsstapler mit Freikolbenmaschine. 4. Fachtagung Baumaschinentechnik in Dresden, 14. und 15. Mai 2009. Institut für Verarbeitungsmaschinen und mobile Arbeitsmaschinen der TU Dresden.
- [11] Feuser, A., G. Kunze, A. Mark and A. Winger: Forklift with Free Piston Engine. 7th International Fluid Power Conference in Aachen, March, 22th–24th, 2010. Institute for Fluid Power Drive and Controls, RWTH Aachen.
* Dipl.-Ing. Tobias Huth und Dr.-Ing. André Winger sind wissenschaftliche Mitarbeiter am Lehrstuhl für Baumaschinen- und Fördertechnik der TU Dresden. Prof. Dr.-Ing. Günter Kunze ist Inhaber des Lehrstuhls.
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