Elektronik Neuer Verbundstoff als Substrat für Hochfrequenz-Leiterplatten
Wissenschaftler der Universität Bayreuth haben einen Verbundstoff aus thermoplastischen Kunststoffen und keramischen Füllstoffen entwickelt, der sich als Substrat für Leiterplatten insbesondere im Hochfrequenz-Bereich eignet. Das hitzebeständige Material kommt ohne zusätzliche Flammschutzmittel aus und lässt sich auch nach Auftragen der Leiterbahnen noch verformen.
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Leiterplatten bestehen im wesentlichen aus einem Substrat und den darin installierten Kupferleiterbahnen. Wenn sich beide Bestandteile infolge von Wärme unterschiedlich stark ausdehnen, kommt es zu Spannungen, die zu einem Versagen der Leiterplatte führen können. Der Verbundstoff, der sich aus präzise berechneten Anteilen an thermoplastischen Kunststoffen und keramischen Füllstoffen zusammensetzt, sorgt dafür, dass sich die wärmebedingte Ausdehnung des Substrats an die wärmebedingte Ausdehnung der Kupferleiterbahnen anpasst.
Die Leiterplatten sollen sich daher insbesondere für Anwendungen im Hochfrequenzbereich (bis zu 60 GHz) eignen. Der Verbundstoff lässt sich nach Angaben der Entwickler mit einem hohen Automatisierungsgrad und deshalb deutlich kostengünstiger produzieren als bisher verwendete polymere Materialien.
Viel Raum für Elektronik durch Folienschichtung
Eine in der Kunststoffproduktion übliche Verfahrenstechnik, die Extrusion, bringt die keramischen Füllstoffe in die thermoplastischen Kunststoffe ein. Und noch im gleichen Arbeitsschritt entsteht aus diesem Verbund eine extrem dünne Folie, die eine Dicke zwischen 0,2 mm und 1,0 mm aufweist.
Diese Folie übernimmt nun die Funktion des Substrats. Es werden mehrere Ebenen von Kupferleitbahnen übereinander geschichtet; und zwar so, dass diese Ebenen jeweils durch dazwischen liegende Folien voneinander getrennt und isoliert werden. So wird das Ziel erreicht, möglichst viele elektronische Elemente auf möglichst engem Raum unterzubringen.
Prototyp überzeugt in der Luftfahrt
Mit dem neuen Substratmaterial wurde in Zusammenarbeit mit der Heger GmbH in Norderstedt bereits der Prototyp einer neuen Leiterplatte, das "Luvo Board", hergestellt. Die Abkürzung „Luvo“ verweist auf das Luftfahrtforschungsprogramm des Hamburger Senats, aus dem die Entwicklung gefördert wurde.
Das Material lässt sich, selbst nachdem die Leiterbahnen aufgetragen wurden, unter Hitze ohne weiteren technischen Aufwand dreidimensional verformen. So können die fertigen Leiterplatten nachträglich dem raumsparenden Design von Flugzeugen und Raumfähren angepasst werden.
Hitzebeständiger Verbundwerkstoff erspart Flammschutzmittel
Zudem wird infolge der Füllstoffe die Menge der Luftfeuchtigkeit gesenkt, die bei einer starken Ausdehnung in das Material eindringt. Weil der Verbundstoff äußerst hitzebeständig ist, benötigt er keine zusätzlichen Flammschutzmittel. Somit ist der Leiterplattenprototyp uneingeschränkt recyclingfähig und entspricht auch der EU-Richtlinie RoHS, welche die Verwendung bestimmter gefährlicher Stoffe in Elektro- und Elektronikgeräten beschränkt.
„Wir sind mit der Performance unseres neuen Materials hochzufrieden“, erklärt Dr.-Ing. Felipe Wolff Fabris. „Wir wollen die Forschungsarbeiten an den Standorten Bayreuth und Hamburg vorantreiben und mit weiteren Tests auch den industriellen Einsatz des Luvo-Boards unterstützen.“
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