Kommissionierung Pick-by-Vision für gehörlose Mitarbeiter

Redakteur: Rebecca Vogt

An der Technischen Universität München (TUM) haben Wissenschaftler ein inklusives visuelles Kommunikationssystem entwickelt. Das System soll hörbehinderte Mitarbeiter bei ihren Aufgaben in der Logistik unterstützen.

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Im Bild: Marc Pulz, Mitarbeiter bei Schmaus, demonstriert die Nutzung der Datenbrille.
Im Bild: Marc Pulz, Mitarbeiter bei Schmaus, demonstriert die Nutzung der Datenbrille.
(Bild: Holger Vogel/Foto Studio West)

Augmented Reality heißt das Schlagwort, unter dem reale und virtuelle Welt miteinander verknüpft werden. Wie sich diese Technik in der Logistik einsetzen lässt, wird am Lehrstuhl für Fördertechnik, Materialfluss, Logistik der TUM erforscht. Im Blickpunkt steht dabei laut Universität vor allem die Kommissionierung.

Beim Kommissionieren müssen Aufträge abgearbeitet werden. Die Mitarbeiter holen bestimmte Waren aus dem Lager, welche dann wiederum an einem anderen Ort abgelegt werden. „Der Anwender muss wissen, wohin er gehen und welche Produkte er mitnehmen soll“, sagt Prof. Willibald Günthner. In der Regel würden die entsprechenden Informationen auf einen Zettel geschrieben oder auf einem Display angezeigt.

Vor diesem Hintergrund entwickelten Günthner und sein Team eine Datenbrille, die den Mitarbeitern die benötigten Informationen anzeigt. Gleichzeitig haben die Mitarbeiter so ihre Hände frei und mehr Bewegungsspielraum. Unter dem Begriff Pick-by-Vision ist die Technik als Warenzeichen eingetragen.

Inklusion hörbehinderter Mitarbeiter

Im Forschungsprojekt „Work-by-Inclusion“ haben die Forscher ihre Technik nun weiterentwickelt und ein komplettes System für die Inklusion hörbehinderter Menschen in der Logistik verwirklicht. Es sei sowohl für hörbehinderte als auch hörende Menschen nutzbar, heißt es.

In Befragungen mit Angestellten habe sich etwa herausgestellt, dass sich die Verständlichkeit erhöht, wenn Informationen durch Symbole anstatt mithilfe von Text übermittelt werden. Wichtig sei zudem, die Brillengestelle individuell an den Anwender anzupassen.

„Es gibt auch einige Funktionen, die wir zusätzlich implementiert haben. So ist es möglich, vorformulierte Kurznachrichten mit anderen auszutauschen“, erklärt Matthias vom Stein, wissenschaftlicher Mitarbeiter an der TUM. Man habe damit eine Kommunikationsplattform geschaffen, die ohne gesprochene Sprache funktioniere.

Datenbrille mit App, Handscanner und Logistik-Software

Das entwickelte System besteht aus der Datenbrille sowie der darauf installierten Kommissionier-App. Hinzu kommen ein Handscanner, mit dem die Barcodes der Waren abgelesen werden, und eine Lagerverwaltungssoftware.

„Wir haben eine offene Schnittstelle zu der Kommissionier-App auf Android-Basis definiert”, erklärt vom Stein. Auf diese Weise könne das System auch von anderen Firmen oder Institutionen genutzt werden. Die Software sei außerdem auch auf zukünftigen Datenbrillen mit einem Android-Betriebssystem anwendbar.

Nach Angaben der TUM ist das Gesamtsystem seit Ende 2017 bei der Schmaus GmbH in Betrieb. „Die hörbehinderten Mitarbeiter sind mit Begeisterung dabei, weil sie jetzt einfach Teil der ganzen Mannschaft sind”, berichtet vom Stein. Gefördert wurde das Projekt vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales. Projektpartner war – neben Schmaus – das Softwareunternehmen CIM.

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