Kleingetriebe Planetengetriebe mit wälzgelagerten Planetenrädern
Wie Forschungsarbeit aus der Raumfahrt in Industrieprodukte einfließt, zeigt Maxon an einer neuen Produktreihe von Planetengetrieben. Durch konstruktive Veränderungen konnten für die Standard-Kleingetriebe Leistung, Drehmoment, Wirkungsgrad und Lebensdauer erhöht werden.
Anbieter zum Thema

Wenn von neuen Mars-Missionen die Rede ist, dann ist der Antriebsspezialist Maxon fast immer in einer Form beteiligt ist. So entstanden auch die ersten Ideen zum UP-Getriebe im Rahmen der Mars-Projekte der ESA „Exomars“ und der Nasa „Mars 2020“, um auch bei extremen Umgebungsbedingungen eine möglichst hohe Verfügbarkeit gewährleisten zu können. Die technische Pionierarbeit, die in solchen Projekten entsteht, findet bei Maxon dann auch Einzug in Industriegetrieben – wie bei der neuen Getriebereihe.
Wirkungsgrad der Planetengetriebe um 30 % gesteigert
Ein wesentlicher Vorteil dieser neuen Getriebereihe ist der Wirkungsgrad. Er definiert sich als Verhältnis von abgegebener zu aufgenommener Leistung. Verringert man die in jedem mechanischen System auftretende Reibung signifikant, so lässt sich damit unmittelbar der Wirkungsgrad des Antriebes optimieren. In den neuen GPX-Planetengetrieben der UP-Baureihe wird dies technisch so umgesetzt, dass die Planetenräder, die in herkömmlichen Planetengetrieben direkt auf den tragenden Achsen gleitgelagert sind, nun über Kugel- bzw. Nadellager gelagert werden. Der Maschinenbauer würde es „Übergang von der Gleit- zur Rollreibung“ nennen.
Betrachtet man beispielhaft ein GPX32 UP in dreistufigem Aufbau, lässt sich damit ein maximaler Wirkungsgrad von etwa 90 Prozent erzielen, während vergleichbare Kleingetriebe hier bei etwa 70 Prozent liegen. Bezogen auf die Standardausführung lässt sich durch die oben genannten Konstruktionsverbesserungen eine Erhöhung des Wirkungsgrades um Faktor 1,3 erreichen – also um 30 Prozent (Bild 3).
Dies hat auch unmittelbare Auswirkung auf weitere Parameter des Antriebssystems: Bei gleicher Eingangsleistung, also beim Verwenden des gleichen Motors und der gleichen Motoransteuerung, kann das Getriebe 30 Prozent mehr Drehmoment abgegeben. Oder umgekehrt gesprochen: Bei gleicher abgenommener Leistung reicht bereits eine 23 Prozent niedrigere Eingangsleitung für den Antrieb aus. Insbesondere bei batteriebetriebenen Anwendungen ergibt sich dadurch eine deutliche Verlängerung der möglichen Einsatzdauer bis zum nächsten Ladezyklus.
Durch die Absenkung der erforderlichen Eingangsleistung kann der verwendete Motor zudem in einem günstigeren Arbeitspunkt betrieben werden. Dieser Aspekt verbessert zusätzlich den Wirkungsgrad beim Motor und damit beim gesamten Antriebssystem. Alternativ ist es möglich kleinere bzw. leichtere Motoren und Elektronik einzusetzen, was sich nicht nur auf das Gewicht, sondern grundsätzlich auch auf die Kosten positiv auswirkt.
Geringere Wärmeentwicklung sorgt für längere Lebensdauer
Wie erwähnt, konnte die Reibung zwischen Planetenrad und Achse deutlich verringert werden. Gleichzeitig verringert sich dadurch beim Betrieb des Antriebs auch die Wärmeentwicklung merklich, weil weniger Reibleistung erbracht werden muss. Insbesondere bei Anwendungen, die einen bestimmten Temperaturbereich nicht überschreiten dürfen (z. B. Medical Power Tools), können dadurch wesentlich bessere Leistungen übertragen werden.
Eine hohe Wärmeentwicklung hat auch Auswirkungen auf die Dauerhaftigkeit des eingesetzten Schmierstoffes. Je höherer dessen Wärmebelastung, desto schneller gehen seine Schmiereigenschaften verloren und desto eher und stärker tritt abrasives Verhalten im mechanischen System zu Tage. Durch die abgeriebenen Metallpartikel verklumpt der Schmierstoffs, sodass die Schmierwirkung in der Folge komplett versagen kann.
:quality(80)/images.vogel.de/vogelonline/bdb/1942100/1942157/original.jpg)
Elektromotor
Wie Antriebe von Maxon von der Raumfahrt profitieren
Lässt sich der Wärmeeintrag jedoch eindämmen, so kann darüber eine deutlich längere Lebensdauer bei sonst gleichen Einsatzbedingungen realisiert werden. Dieser Effekt fällt bei den Getrieben des Typs GPX UP enorm aus: Die erreichbare Lebensdauer ist gegenüber herkömmlichen Vergleichsgetrieben von Maxon etwa fünf Mal höher, gegenüber marktgängigen Varianten des Wettbewerbs sogar elf Mal höher. Alternativ zur längeren Lebensdauer können kleinere und leichtere Getriebe einsetzt werden, da das Verhältnis Drehmoment zu Durchmesser (Leistungsdichte) deutlich verbessert wurde.
Konstruktion des Getriebes erlaubt Rückdrehbarkeit
Es sind nicht nur die Verbesserungen in den einzelnen Parametern der Getriebespezifikation, die die Vorteile der neuen Bauweise widerspiegeln. Vielmehr lassen sich mit diesen Getrieben nun zusätzliche Einsatzfälle abdecken, insbesondere sogenannte Force-Feedback-Anwendungen.
Bei solchen Anwendungen kommen die Vorteile der Konstruktion der GPX-UP-Ausführung richtig zum Tragen: Der Einsatz von gelagerten Planetenrädern ermöglicht die Rückdrehbarkeit der Getriebe im Normalbetrieb ohne Hakeln und bei Bedarf ein Feedback an den Bediener auszugeben. Genau genommen werden dem kraft- bzw. drehmomentaufbringenden Element eine mess- bzw. fühlbare mechanische Rückmeldung verliehen. Um das zu erreichen, müssen die Getriebe rückdrehbar sein, also Drehmomente bzw. Drehmomentänderungen, die an der Abtriebsseite anliegen, auf die Antriebseite proportional übertragen werden.
Folgende Beispiele veranschaulichen diese Anwendung:
- Bei der elektronischen Flugsteuerung (Fly-by-Wire) werden die Steuerbewegungen des Piloten nicht wie herkömmlich mechanisch oder hydraulisch an die Aktoren übertragen, sondern elektronisch. Dadurch verliert der Bediener zunächst jede spürbare Rückmeldung zu seinen Steuerhandlungen. Durch den Einsatz eines Antriebs im Steuerknüppel, lassen sich die elektronisch ermittelten Rückmeldungen darüber mechanisch an die Hand des Piloten weitergeben. Die Rückdrehbarkeit wird vor allem im Normalbetrieb benötigt, da der zusätzlich installierte Antrieb die Bewegung des Steuerknüppels nicht behindern darf.
- Ähnliches gilt für die innovativen Operationsroboter im Bereich der Mikro- und Telechirurgie (Bild 5). Gerade hier ist es unabdingbar, dass der Operateur eine unmittelbar fühlbare Rückmeldung über die ausgeführten Bewegungen vernehmen kann.
- Die Forderung der Rückdrehbarkeits von Antrieben gibt es zum Beispiel auch im Anlagenbau. Im Einrichtebetrieb müssen die Achsen stromlos von der Abtriebsseite aus zu bewegen sein.
Die neuen GPX-UP-Typen vereinen also eine Reihe von Produktvorteilen: Mehr Leistung, mehr Drehmoment, mehr Wirkungsgrad, längere Lebensdauer, geringere Wärmeentwicklung, geringeres Gewicht des Antriebssystems sowie die zusätzliche Funktion der Rückdrehbarkeit auch bei mehrstufigen Getrieben. Aufgrund dieser Eigenschaften lässt sich der Namenspate der Getriebe leicht erkennen: Ultra Performance, kurz UP. Sie sind in den Durchmessern 22, 32, 42, 52 und 70 mm verfügbar und wie alle "X-Typen" konfigurierbar und online bestellbar. Zudem können auch kundenspezifische Getriebe der Baureihe ab 8 mm Durchmesser produziert werden.
* Felix Schinner ist tätig in der Getriebeentwicklung bei der Maxon Motor GmbH in 79350 Sexau, Tel. +49 7641 9114-0, info.de@maxongroup.com
(ID:48086258)