Arburg auf der Fakuma 2017 Praxisnahe Kunststoffverarbeitung vom Fakuma-Geburtshelfer
Arburgs Alt-Geschäftsführer Eugen Hehl ist am Erfolg der Fakuma nicht unschuldig, wie im Rahmen der Jubiläums-Messe zu erfahren war. Paul E. Schall konnte Hehl vom Konzept überzeugen, und Arburg als namhaftes Unternehmen, gehört seither zu den treuesten Fakuma-Ausstellern. Diesmal präsentiert man Industrie-4.0-Ideen und viele live arbeitende Turnkey-Systeme in Halle 3 am Stand 3101.
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„In Zusammenarbeit mit Partnern, Hochschulen und Formenbauern haben wir für die Fakuma 2017 wieder spannende Anwendungen vorbereitet, mit denen wir in der Branche Maßstäbe setzen“ betont Dr. Thomas Walther, Abteilungsleiter Anwendungstechnik bei Arburg. Auf dem Messestand könnten die Fachbesucher nun zehn Exponate in Aktion erleben. Darunter erstmals den Allrounder 920 H mit 5000 kN Schließkraft im neuen Design plus neuer Gestica-Steuerung, der ein großes Gehäuse spritzt und von einem Multilift V unterstützt wird. Hinzu kommen zehn weitere Exponate auf Partnerständen, so Walther.
Smarte Kunststoffverarbeitung live
Industrie 4.0: Serienfertigung von Spannseilen „on demand“: Zu den erstmals auf der Fakuma 2017 präsentierten Anwendungen zählt das Industrie-4.0-Praxisbeispiel „Spannseile“. Diese werden laut Arburg von einer kompakten Turnkey-Anlage rund um einen vertikalen Allrounder 375 V nach Kundenwunsch, also „on demand“, von Schuss zu Schuss flexibel in verschiedenen Längen (40, 60 und 80 cm), Farben und Endstück-Kombinationen (Haken/Haken, Haken/Öse oder Öse/Öse) gefertigt. Dank eines cleveren Produkt- und Werkzeugdesigns sowie 4.0-Bausteinen sei trotz vieler Varianten kein Umrüsten erforderlich. In der industriellen Praxis ist eine solche Anwendung etwa für die Kabelkonfektionierung in der Automobilindustrie prädestiniert, wie Arburg erklärt.
Variantenreiche Kunststoffteile aus der Zelle
Vor Ort gibt der Besucher dazu die gewünschte Spannseilvariante direkt am Terminal ein. Der Auftrag wird über das Kommunikationsprotokoll OPC UA direkt an die zentrale Selogica-Steuerung übertragen, heißt es. Daraufhin werde das Seil zunächst von der Rolle auf die gewählte Länge geschnitten und die Enden mittels Plasmabehandlung gespleißt. Die Handhabung der biegeschlaffen Einlegeteile übernimmt ein 6-Achs-Roboter, der platzsparend innerhalb der Maschinenaufstellfläche angeordnet ist und von hinten in das 4-fach-Werkzeug eingreift. Letzteres verfügt über je zwei Kavitäten für Öse und Haken. Die beiden Enden des Seils werden entsprechend des Auftrags in die Kavitäten platziert. Im nächsten Schritt wird das Seil mit einem Stift durchbohrt, damit sich der Kunststoff (PP GF30) stabil verankern kann. Beim Umspritzen der Einlegeteile werden die zwei entsprechenden Kavitäten über Heißkanaldüsen angesteuert. So ließen sich in einer Zykluszeit von rund 40 s die Kombinationen Haken/Haken, Haken/Öse oder Öse/Öse herstellen. Das fertige Spannseil wird dann vom Roboter entnommen und aus der Anlage ausgeschleust, wie Arburg berichtet.
Kleine Rückschau auf die K 2016 gefällig?
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Arburg-Nachlese zur K 2016
Spitzenauftritt für Loßburger Kunststoff-Spezialisten
Großteil aus Kunststoff für den sicheren „Auftritt“
Eine weitere innovative Anwendung, bei der Produktidee, Design und Umsetzung von Arburg stammen, seien gebrauchsfertige Klapp-Trittschemel. Im Mittelpunkt einer entsprechenden Turnkey-Anlage steht die neue hybride Großmaschine Allrounder 1120 H mit 6500 kN Schließkraft. Die acht PP-Einzelteile des insgesamt knapp 1,1 kg schweren, klappbaren Trittschemels werden mit einem 8 t wiegenden Familienwerkzeug in einer Zykluszeit von rund 60 s gefertigt, beschreiben die Loßburger. Ein lineares Robotsystem Multilift V 40 entnimmt die Einzelteile und legt sie in eine Montagestation ab. Hand in Hand mit dem Multilift V 40 arbeitet ein 6-Achs-Roboter, der dann Stopper an den Tischfüßen platziert und den Trittschemel gebrauchsfertig zusammensetzt, heißt es.
Automatisierungssystem hilft beim Spritzgießen gleich doppelt
Ebenfalls im neuen Design und mit visionärer Gestica-Steuerung ist auf der Fakuma 2017 erstmals der hybride Allrounder 920 H mit 5000 kN Schließkraft zu sehen. Das Exponat fertigt in einer Zykluszeit von rund 75 s ein 710 g schweres Gehäuse aus PA 6 (GF 20). Dank eines raffinierten Ablauf- und Greifer-Konzepts und 40 kg Traglast übernimmt ein Multilift V 40 bei dieser Anwendung eine Doppelfunktion: Er handhabt die Bauteile und magaziniert sie einzeln in eine Zwischenablage. Zudem kann der Greifer sieben Gehäuse als Gesamtpaket entnehmen und in Kartons ablegen. Dies ermöglicht integriertes Kartonieren. Die verpackten Endprodukte werden schließlich über ein Förderband ausgeschleust.
Anschmiegsame Silikon-Uhr im Spritzgießtakt
Anspruchsvoll in der Herstellung und ein Maßstab dafür, was mit der Verarbeitung von Flüssigsilikonen heute machbar ist, sind LSR/LSR-Armbanduhren, die laut Arburg erstmals auf der K 2016 produziert wurden und seither für große Aufmerksamkeit sorgen. Im Mittelpunkt der innovativen Turnkey-Anlage steht ein elektrischer 2-Komponenten-Allrounder 570 A mit 2000 kN Schließkraft und in L-Stellung zueinander angeordneten Spritzeinheiten der Größen 400 und 70. In 70 s Zykluszeit entstehen automatisch zwei zweifarbige Armbänder aus den LSR-Materialien Silopren 2670 (Härte 70 Shore A) und 2630 (Härte 30 Shore A) aus schwarzem und Arburg-Grün gefärbtem Material. Das 2+2-fach-Werkzeug stammt von der Firma Rico. Das Dosiersystem der Firma Reinhardt-Technik ist über eine OPC-UA-Schnittstelle an die Selogica-Steuerung angebunden, die alle Abläufe regelt und überwacht, wie Arburg erklärt. Mit einem linearen Robotsystem Multilift V 15 erfolgt die Montage zu einer gebrauchsfertigen Uhr im Spritzgießtakt. Es entnimmt die Armbänder und legt sie in eine Kühl- und danach in einer Montagestation ab. Dort werden sie mit dem Uhrgehäuse und einem Metallverschluss mit Arburg-Logo komplettiert, heißt es.
Kunststoff-Materialmix fürs Auto
Für den Bereich Automobil werden auf der Fakuma 2017 zwei neue Anwendungen gezeigt: Das erste Bauteil ist eine Lenkradblende für das Pkw-Interieur, die ein hydraulischer 2-Komponenten-Allrounder 470 S mit 1100 kN Schließkraft und zwei Spritzeinheiten der Größe 170 im Materialmix produziert: Während PC für die erforderliche Bauteilstabilität sorgt, lässt sich der Bereich aus PC/ABS nachgelagert selektiv galvanisieren um zum Beispiel eine Chromschicht aufzubringen. Die Funktionen des 1+1-fach-Drehwerkzeugs und die Automation sind in die Selogica-Steuerung integriert, wie Arburg sagt. Eine Besonderheit sei die 100-%-Qualitätsprüfung, die jedes fertige 2-Komponentenbauteils erfahre, und die mithilfe einer Wärmebildkamera direkt im Werkzeug stattfinde. So lassen sich der Ausschuss reduzieren sowie eine gleichbleibend hohe Teilequalität sicherstellen, sagt Arburg. Außerdem punkte der Verzicht auf eine separate Prüfstation und die kompakte Automationslösung durch eine geringe Aufstellfläche. Ein horizontal eingreifender Multilift H entnimmt die Teile dabei schonend und legt sie auf ein Förderband ab, wie es heißt.
Leichtbauteil mit transparenten Energiedaten
Das zweite Automotivebauteil, ein 8,5 g leichtes Hohlrad, komme in Gehäusen kleiner Planetengetriebe zum Einsatz. Gefertigt wird es auf einem elektrischen Allrounder 370 E Golden Electric mit 600 kN Schließkraft. Sie gilt als Einstiegsbaureihe in die elektrisch betriebene Spritzgießerwelt und ist prädestiniert für das wirtschaftliche und präzise Spritzgießen technischer Qualitätsbauteile. Je vier Hohlräder aus PA 6 (GF 40) fallen in einer Zykluszeit von rund 30 s aus der Anlage. Die Handhabung übernimmt ein lineares Robotsystem Multilift Select. Auch bei dieser individuellen Turnkey-Lösung finde eine 100-%-Qualitätskontrolle mit optischer Prüfung inline statt – in diesem Fall aber nach der Teileentnahme. Zudem wird an dieser Anwendung demonstriert, wie sich die Energiedaten von Spritzgießmaschine, Robotsystem und Peripherie auftragsbezogen erfassen und für eine systematische Energieauswertung mit dem Modul „Energy visualisation“ des Arburg Leitrechnersystems darstellen und dokumentieren lassen.
Der "Schnellbecherer" mit Labelfunktion
Die hybriden Allrounder der Baureihe Hidrive seien für schnelllaufende Anwendungen prädestiniert. Die Leistungsfähigkeit demonstriert nun ein speziell für Dünnwandartikel ausgelegter Allrounder 570 H in Packagingausführung. In einer Zykluszeit von rund 1,9 s produziert diese Fertigungszelle vier IML-Becher aus PP und ist damit die wohl schnellste Verpackungsanwendung auf der Fakuma 2017. Das Werkzeug sowie die Automation zum Einlegen der IML-Labels, Entnahme und Stapelung der je 3,55 g wiegenden dekorierten Fertigteile mit einer Wandstärke von 0,32 mm hat Brink beigesteuert.
Drei weitere Allrounder speziell für die Verpackungsindustrie sind bei den Partnern Campetella (Halle A7, Stand 7208), Erkoc/Roboplas (Halle A7, Stand 7116) und Ilsemann (Halle A7, Stand 7403) zu sehen.
Additive Kunststoffverarbeitung mit neuen Materialien
Der große Vorteil des Freeformers und des AKF-Verfahrens (Arburg Kunststoff-Freiformen) ist, dass das offenen System Originalmaterialien additiv verarbeiten kann, wie sie auch beim Spritzgießen eingesetzt werden. Neben Werkstoffen wie etwa ABS, PA12 (amorph), PC, PEI und elastischem TPE erweitert nun mit PP (teilkristallin) ein weiteres qualifiziertes Standardgranulat die AKF-Materialpalette. Auf der Fakuma 2017 fertigt ein Freeformer aus PP (Moplen) und dem neuen Stützmaterial Armat 12, das später im Wasserbad aufgelöst wird, funktionsfähige Kabelklemmen. Deren komplexe Geometrien demonstrieren eindrucksvoll den industriellen Anspruch des AKF-Verfahrens: Die filigranen und dennoch belastbaren Strukturen verfügen über den spritzgießtypischen „Klick-Effekt“.
Das Fraunhofer-Institut für Chemische Technologie (ICT) stellt in Halle B2, Stand 2104, ebenfalls einen Freeformer aus und zeigt am Beispiel eines 2-Komponenten-Bauteils, für welche Anwendungen das offene System in der industriellen additiven Fertigung genutzt werden kann.
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