Composite-Zerspanung Produktive 5-Achs-Fräsmaschine beschneidet Faserverbund-Werkstoffe

Von Nikolaus Fecht

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Ein wirtschaftliches Frässystem von HG Grimme sorgt bei Germa Composites für den exakten Beschnitt von mit Naturfasern verstärkten Composite-Teilen für den Automobilbau.

Beim Leichtbau-Teilehersteller Germa Composite sorgt jetzt eine Gantry-CNC-Fräsmaschine von HG Grimme Systech nicht nur für den sauberen Beschnitt von naturfaserverstärkten Composite-Bauteilen. Lesen Sie hier, warum man sich für dieses System entschieden hat.
Beim Leichtbau-Teilehersteller Germa Composite sorgt jetzt eine Gantry-CNC-Fräsmaschine von HG Grimme Systech nicht nur für den sauberen Beschnitt von naturfaserverstärkten Composite-Bauteilen. Lesen Sie hier, warum man sich für dieses System entschieden hat.
(Bild: HG Grimme Systech / K. Rüsberg)

Das eine Unternehmen baut Maschinen in den Allgäuer Bergen, das andere entwickelt und fertigt nah am Kölner Dom anspruchsvolle Fahrzeugkomponenten. Beide sind weit voneinander entfernt, doch eint sie eine Leidenschaft: Faserverbundwerkstoffe (FVW). Germa Composite gelang es im Teamwork mit HG Grimme Systech, das Besäumen von Karosseriebauteilen aus naturfaserverstärktem Kunststoff per Fräsen zu beschleunigen und nicht zuletzt zu automatisieren.

Es ist eine der typischen Erfolgsstorys, die man gerne in der Zeitung liest: Im Jahre 2010 in einer Garage gegründet, heute ein mittelständisches Familienunternehmen mit guter Auftragslage. Vor allem der Autoindustrie und dem Motorsport verdankt die Germa Composite GmbH aus Pulheim bei Köln den Aufstieg zum mittelständischen Composite-Spezialisten. Die Kernkompetenz ist die Herstellung von High-Performance-Bauteilen, die aus mit flüssigem Polymerharz getränkten Fasermatten (Prepregs) in einem beheizbaren Druckbehälter (Autoklav) unter Vakuum, Überdruck und Wärme ausgehärtet werden.

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Naturfaser-Boom erzwingt flottere Prozesse

Zwei Autoklaven stehen in der Produktionshalle, an denen Geschäftsführer Jörg Gehrmann den jüngsten Trend erklärt: „Neuerdings härten wir hier drin immer öfter Composites mit Naturflachfaser-Verstärkung aus, auf die wir uns vor rund zwei Jahren neben anderen Fasern zusätzlich spezialisiert haben.“ Wegen dem regelrechten Booms geht der Trend aktuell hin zu immer größeren Serien bis zur Losgröße 1.000, weshalb dringend automatisiert werden muss, so Gehrmann.

Das betrifft auch die Nachbearbeitung der in den Autoklaven gehärteten Fasermaterialien, die bisher entweder manuell oder auf einer großen CNC-Fräsmaschine ablief. Doch die vorhandene große und schwergängige Portalfräsmaschine eignet sich mit ihrem wuchtigen Bearbeitungskopf eigentlich nur für einfache XXL-Bauteile. Doch stehen immer mehr Bauteile mit sehr komplexen Geometrien zur Debatte. Dafür braucht Germa Composite aber eine Maschine mit kleinem, wendigen Bearbeitungskopf und sehr schnellem Vorschub.

Fräsmaschinen-Eigenentwicklung überzeugt

Über eine Empfehlung aus der süddeutschen Automobilindustrie lernt Gehrmann schließlich HG Grimme Systech aus Wiedergeltingen im Unterallgäu kennen. Das Unternehmen ist seit rund 35 Jahren Experte für CNC-Maschinen, die unter anderem zum Fräsen von Kunststoffen und Verbundwerkstoffen ausgelegt sind. So fräst ein bekannter Fahrzeughersteller mit mehreren HG-Grimme-Anlagen bereits serienmäßig CFK-Rahmenteile (CFK = carbonfaserverstärkter Kunststoff). Nach einem Benchmark mit Wettbewerbsprodukten entscheidet sich das CNC-Team von Germa Composite schließlich für ein 5-Achsen-CNC-Gantry-Fräsanlage von HG Grimme Systech, die außerdem einem in zwei Arbeitsbereiche teilbaren Tisch hat. Entscheidend war, dass es eine freistehende Maschine ist, die sich ohne Bodenvorarbeiten installieren ließ.

Zum Einsatz kommt übrigens eine Eigenentwicklung von HG Grimme: ein einseitig gelagerter Fräskopf mit hochdynamischen Drehachsgetriebe. Beim Blick in den Maschinenraum fällt unter anderem auf, dass im Gegensatz zu anderen Maschinen, sich der Balken mit dem Fräskopf nicht von vorne nach hinten und retour bewegt, sondern von links nach rechts. Für die Maschine sprach laut Gehrmann auch der kleine, flexible Fräskopf, der im Pendelbetrieb die Nachbearbeitung von zwei nebeneinander im Arbeitsraum auf zwei Vakuumspanntischen fixierten Werkstücken erlaubt. Positiv ist außerdem, dass sich der Bearbeitungskopf um 550 Grad drehen lässt, so dass sich damit eigentlich fast alles in einer „Durchfahrt“ bearbeiten lässt.

Saubere Schnittkanten und gute FVK-Oberflächen

Germa stellt aus mit Naturfasern verstärktem Kunststoff vor allem Karosseriebauteile her. Bei diesen sogenannten Außenhautteilen (Exterieur) ist außer der präzisen Bearbeitung vor allem das Aussehen gefragt. Wichtig sind dabei saubere, also nicht ausgefranste, Schnittkanten und qualitativ hochwertige Oberflächen, heißt es. Germa Composite setzt dazu Spezialfräswerkzeuge ein, die aber nur mit hohen Drehzahlen optimale Ergebnisse liefern. Aktuell erziele man auf der HG Grimme-Maschine bei Drehzahlen von 15.000 bis 25.000 Umdrehungen pro Minute sehr saubere Schnittkanten und hohe Oberflächenqualitäten. Die Gantry-Maschine stellt bei einer Maximalspindeldrehzahl von 40.000 Umdrehungen pro Minute sowie einem Vorschubtempo von 80 Metern pro Minute auch genügend dynamische Reserven bereit.

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Wie produktiv und ergonomisch die neue Investition arbeitet, zeigt ein Besuch in Pulheim. Ein Bediener legt zur Nachbearbeitung dabei eine große Innenverstärkungsschale für eine Fahrzeug-Fronthaube auf eine Vorrichtung, die bereits in der Gantry-Anlage auf dem Vakuumspanntisch liegt. Während der Facharbeiter die Schale mit beiden Händen im Werkzeug positioniert, startet er die Vakuumpumpen per Knieschalter. Der Spanntisch hält nun das Werkzeug mit der Schale fest, wodurch Vibrationen vermieden werden. Germa Composite stellt dieses Bauteil übrigens in Losgröße 500 bis maximal 1.000 Stück her.

Flexibler und genauer als ein Roboterfrässystem

Das Nacharbeiten dauerte laut Aussage von Gehrmann früher eineinhalb bis zwei Stunden. Nach Optimierung des CNC-Programms liege man aktuell bei unter 6 Minuten – wenn das kein eindeutiger Vorteile bei der Geschwindigkeit (und auch bei der Qualität) ist?! In dieser kurzen Zeit gilt es aber, die komplexe Form einer rund 7 Meter langen Kontur zu besäumen, Löcher auszuschneiden und Bohrungen zum Anbringen von Bauteilen zu fräsen.

Ein System mit Robotern nahmen die Pulheimer vorher ebenfalls unter die Lupe, entschieden sich aber aus Kosten- und Qualitätsgründen schließlich doch lieber für eine klassische Werkzeugmaschine. Man sei mit dem Roboter nicht auf die nötigen Toleranzen und Wiederholgenauigkeiten gekommen, die eine Gantry-Maschine biete. Außerdem ist eine solche flexibler einsetzbar. So kann Germa Composite auf der HG-Grimme-Fräsmaschine auch die Werkzeuge- und Vorrichtungen bearbeiten.

Hier einige technische Eckdaten der HG-5-Achs-CNC-Gantry-Fräsmaschine / G-S-F 24-13 von HG Grimme:

  • Tischfläche 2.450 × 1.250 Millimeter mit einer Ebenheit von ± 0,05 Millimetern pro Meter;
  • Tischrahmen von drei Seiten begehbar;
  • Verfahrweg von 3.050 × 1.800 × 900 Millimeter;
  • Zahnstangenantrieb und Linearachsen mit gehärteten Präzisionslinearführungen nebst Abstreifern und Edelstahlband;
  • Wiederholgenauigkeit von ± 0,03 bis 0,55 Millimeter;
  • Maximale Beschleunigung von 4.000 Millimeter pro Quadratsekunde;
  • Maximale Geschwindigkeit von 88.000 Millimeter pro Minute in X- und Y-Richtung sowie 40.000 Millimeter pro Minute in Z-Richtung.

Wenig Schulungsaufwand fürs Composite-Fräsen

Auch die Mehrkosten für Gantry-Anlage, Programmiersystem sowie für den anstehenden Schulungs- und Ausbildungsaufwand waren für die Pulheimer offen gestanden keine Hürden. So ist die neue HG-Grimme-Anlage mit demselben Programmiersystem wie die anderen Maschinen ausgestattet, so dass das Bedienungsteam sie sofort nutzen konnte. Alles in allem fiel der Schulungsaufwand gering aus, merkt Gehrmann dazu an. HG Grimme habe das Team so geschult, dass es die Maschine bereits am nächsten Tag produktiv bedienen konnte.

Den Einsatz erleichtert außerdem ein unauffälliger gelber Kasten, der unten an der Gantry-Fräsmaschine zu finden ist. Es handelt sich um einen sogenannten PLS-Laserscanner, der den Gefahrenbereich der Maschine überwacht. Dr.-Ing. Ingo Gehlhaar, Kundenbetreuer bei HG Grimme Systech, erklärt: „Der optische Scanner stellt sicher, dass niemand im Arbeitsraum ist. Nach dem Einlegen des Composite-Bauteils drückt der Bediener „Zyklus Start“. Daraufhin schließen sich die Türen und die Bearbeitung startet automatisch.“ Das spare viel Zeit. Außerdem lässt sich die Maschine so auch von ungeschultem Personal bedienen.

Eine besondere Herausforderung bei der Composite-Bearbeitung sind aber die entstehenden Späne und Stäube, die relativ abrasiv sind. Damit sie nicht die Antriebstechnik blockieren, sitzt diese in der Gantry-Maschine oben. Das Bedienpersonal wird durch eine besondere Einhausung vor gesundheitsschädlichen Stäuben geschützt. Zusätzlich wurde ein leistungsfähiges, horizontal installiertes Absaugsystem implementiert.

Wer sich über diese Art der Composite-Bearbeitung nun weiter informieren will, der kann zum Beispiel zwischen dem 25. und 27. April in Paris die JEC Word besuchen, wo HG Grimme in Halle 6 zu finden ist.

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