Customer Relationship Management Roundtable „CRM im produzierenden Gewerbe“: CRM-Systeme auf dem Prüfstand
Wie weit ist das produzierende Gewerbe in Sachen Kundenbeziehungsmanagement? Was tragen CRM-Systeme zum digitalen Wandel bei? Im Round-Table-Gespräch befragte der MM dazu Experten aus der Branche – und erhielt interessante Einblicke.
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Es war eine interessante Mischung an Fachleuten, die sich da Ende des letzten Jahres zum Gespräch versammelt hatte: Der MM MaschinenMarkt hatte zum Round Table geladen, Thema „CRM im produzierenden Gewerbe“. Etwa Andreas Dutz, Director Marketing und Business Developement von Microsoft, einem CRM-Hersteller also. Daneben Ralf Korb, Senior Analyst beim Softwareberatungsunternehmen Barc und meinungsstarker Round-Table-Teilnehmer. Extra aus Österreich angereist war Patrick Weilch, CEO der FWI Deutschland GmbH, eines Microsoft-Partners. Um die Beleuchtung des Marketingaspekts von CRM-Systemen kümmerten sich während des Gesprächs Martin Philipp, Geschäftsführer der SC-Networks GmbH, und Dr. Gesine Herzberger, leitende Redakteurin bei Marconomy.
Leuchtturmfunktion des Maschinenbaus
Wie fortschrittlich ist der deutsche Maschinenbau beim Thema CRM, fragen wir die Experten. Barc-Mann Korb sieht ganz klar einen Vorzeigekandidaten, den deutschen Maschinenbau in einer Leuchtturmfunktion. Denn schon in den 1990er-Jahren habe man in dieser Branche angefangen, im Außendienst Mitarbeiter mit einem Computer auszustatten. Zwar war man vom Begriff CRM noch weit entfernt, doch dienten Vertriebsinformationssysteme damals schon zur Bündelung der Kundeninformationen.
Der Maschinenbau, so Korb, war dadurch in der Lage, so nicht nur technisch Mögliches zu produzieren, sondern mit den Kunden Lösungen für seine Bedürfnisse zu entwickeln – und so Kundenbindung zu schaffen, wie sie ein modernes CRM heute aufrechterhalten und unterstützen soll. Korb nennt das eine B2B2C-Kombination, eine Begrifflichkeit, die sehr präzise die Funktionalität eines CRM-Systems umschreibt.
Märkte verändern sich rasend schnell
Microsoft-Mann Dutz sieht die Notwendigkeit eines modernen CRM-Systems vor allem bei der Erschließung neuer Markt- und Kundensegmente. Denn die traditionelle Rolle vieler Unternehmen ändert sich. Wo ein Unternehmen, Dutz nennt als Beispiel einen Automobilzulieferer und Microsoft-Kunden, früher einen festen und vorhersehbaren Kundenstamm bediente (was ein CRM-System überflüssig macht), kommen heute viele neue Segmente ins Spiel. Ein zweiter Aspekt ist laut Andreas Dutz, die Relavanz beim Kunden zu erhöhen. Es gehe darum, weniger austauschbar zu sein, und zwar sowohl bei Neu- als auch bei Bestandskunden. Ein CRM unterstütze ein Unternehmen dabei, eine längerfristige Beziehung aufzubauen, ein Potenzial zu erschließen und neue Dienstleistungen anbieten zu können.
Microsoft-Partner Patrick Weilch pflichtet diesen Aspekten bei: „Was das produzierende Gewerbe im Speziellen auszeichnet, sind die sehr starken Kompetenzen und der Fokus auf die Produktentwicklung und auf die Produktion“, vertieft der Österreicher. Dagegen stehe traditionell eine eher geringe Investitionsfreudigkeit in Themen wie Marketing oder Vertrieb. Doch genau das ändere sich in den letzten Jahren.
Investitionsbereitschaft steigt
Viele Unternehmen würden durch die Marktsituation gezwungen, sich Gedanken darüber zu machen, Zusatzleistungen zu platzieren. „Da geht es speziell um das Thema Aftersale und den Service“, so Weilch. „Und diese Bewegung innerhalb des produzierenden Gewerbes führt dazu, dass sie sich – wenn wir beim Thema CRM bleiben – sehr stark den klassischen CRM-Projekten oder CRM-Systemen zuwenden, sich damit intensiv beschäftigen und jetzt bereit sind, deutlich mehr Investitionen zu tätigen als noch vor wenigen Jahren.“ Die Aufgabe eines CRM-Systems sei es, diese beiden Stoßrichtungen, den Vermarktungsdruck und den Servicecharakter, zu unterstützen. Denn Kunden, die aus reiner Notwendigkeit immer beim gleichen Anbieter bestellen und auch nur dann, wenn ein Bauteil kaputtgeht, werden in Zeiten der Digitalisierung immer seltener.
Immer komplexere Entscheidungen fällen
Woher aber, wollen wir von unseren Diskussionsteilnehmern wissen, kommt dieser Druck? Zum Beispiel von den immer komplexer werdenden Entscheidungsprozessen, erklärt Dutz. Es gilt, immer komplexere Verkaufssituationen abzubilden; hinzu kommen komplizierte Auswahlverfahren oder Ausschreibungen. Die Sättigung des Marktes, so fügt Weilch an, trage ebenfalls ihren Teil dazu bei. Denn gerade Industrieprodukte zeichneten sich durch Langlebigkeit aus, sodass irgendwann andere Marktstrategien notwendig würden, gerade im Aftersales- und Servicebereich.
Denn, so trägt Martin Philipp von SC-Networks bei, die Kaufsituation habe sich bei Kunden dramatisch geändert. „Das heißt, der Interessent selber fängt ja schon an, sich viel früher zu informieren, bewusst oder unbewusst. In einem Zeitraum von 24 Monaten weiß er teilweise schon mehr über das Produkt als die Mitarbeiter im Unternehmen selber, weil er sehr viele Informationen über das Internet gesammelt hat, und dann bewertet und evaluiert er es. Im Rahmen dieser Käuferreise die richtige Botschaft zum richtigen Zeitpunkt zu senden, ist etwas, was den gesamten Kaufprozess verändert hat und worauf die Unternehmen reagieren müssen.“
Bedeutet: Unternehmen brauchen eine Differenzierungsstrategie, eine vom Nutzen gesteuerte Denkweise und die Fokussierung auf Kernfähigkeiten, etwa wenn altgediente Märkte durch disruptive Mitbewerber oder neue Technologien plötzlich wegbrechen.
Auf den Punkt gebracht
Den Nutzen eines CRM in diesem Gefüge fasst Patrick Weilch in ein Wort: Customer Lifetime Value. „Das heißt, ich produziere etwas und schaffe es, über zusätzliche Serviceleistungen danach noch Mehrwert für meinen Kunden zu leisten und Dienstleistungen zu platzieren“, erläutert Weilch. „Mit CRM lassen sich Dinge einfacher kontrollieren und auch planen, um die Wertigkeit und Erfolgschancen zu bewerten“, fügt Ralf Korb an. „Ganz platt formuliert: alles einfach einfacher machen.“ Und Andreas Dutz bringt es auf den Punkt: „Ein CRM-System erlaubt es Unternehmen, in einem komplexeren Umfeld im Vertrieb und Service deutlich produktiver zu arbeiten.“
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