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Durch das Eindrehen der Schraube entsteht Reibung, die von der Geometrie der Schraube aber auch dem Material des Bauteils abhängt. Die Reibung verändert die Beziehung zwischen Drehmoment und erreichter Vorspannkraft, sie ist eine der großen Unbekannten bei der Festlegung der Anzugsparameter. Der Techniker im Labor kommt ihr auf die Spur, indem er die eingedrehte Schraube löst und danach wieder anzieht. Vergleicht er den Kurvenverlauf des Drehmoments beim ersten und zweiten Schraubvorgang, erkennt er mögliche Reibungsverluste.
Anwendungstechniker Schmidbauer forscht auch nach Setzerscheinungen beim Schraubvorgang. Wird beispielsweise eine Dichtung aus Silikon mit vier Schrauben an einer Pumpe befestigt, so geht, selbst wenn das Anzugsdrehmoment eine hundertprozentige Vorspannkraft erwarten lässt, durch das „Setzen“ des Silikons Vorspannkraft verloren. Folge in der Praxis: Die Pumpe ist undicht.
Bei einer derartigen „weichen Verschraubung“ zieht der Techniker im Testlabor die Schraube zunächst bis zum ermittelten Anziehdrehmoment an. „Setzerscheinungen können während der Verschraubung selbst auftreten, nach Stunden oder erst nach mehreren Tagen“, erläutert Rudolf Schmidbauer.
Überlastmomente deformieren Schrauben oder zu verbindende Bauteile
Nachdem eine gewisse Zeit vergangen ist, zieht er die Schraube deshalb nochmals nach. Das „Weiterdrehmoment“ gibt nun Aufschluss über Setzerscheinungen und ihre Auswirkung auf die Vorspannkraft. „In so einem Fall kann es sein, dass wir empfehlen, die Verschraubung in zwei Phasen vorzunehmen“, erklärt der Schraubexperte.
Ein weiteres Beispiel ist die Schraubenmontage eines Kühlschrankgehäuses: Zwei Bleche sollen miteinander verschraubt werden, deren Bohrungen nicht ganz deckungsgleich sind. Zunächst muss viel Kraft aufgewendet werden, um die Bleche passgenau aufeinander zu platzieren, in der Endphase des Schraubprozesses, wenn die Bohrungen übereinander liegen, reicht jedoch ein niedrigeres Drehmoment für den Endanzug aus.
Beim Verschrauben mit gleich bleibend hohem Drehmoment würde bei dieser Schraubaufgabe ungewollt das zerstörende Überlastmoment erreicht, Schrauben oder die zu verbindenden Bauteile verformt. Auch hier fördert die Schraubfallanalyse die Problematik zu Tage und legt prozesssichere Parameter und Sequenzen fest.
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