Grundlagen Servoantrieb Servomotor & Co. – Was einen Servoantrieb ausmacht

Von Stefanie Michel

Was ist ein Servoantrieb und aus welchen Komponenten besteht er? Hier erhalten Sie einen Überblick darüber und erfahren, wo die Einsatzgebiete solcher Servoantriebssysteme liegen.

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En Servoantrieb besteht aus Servomotor – Motoren unterschiedlicher Bauart – und einer (elektronischen) Regelung.
En Servoantrieb besteht aus Servomotor – Motoren unterschiedlicher Bauart – und einer (elektronischen) Regelung.
(Bild: Stefanie Michel)

Früher wurde der Servoantrieb fast ausschließlich zusätzlich unterstützend zu einem Hauptantrieb eingesetzt (lat. „servus“ = Diener). Die klassische Servolenkung im Auto ist jedem sofort ein Begriff, die Lenkung auch eines stehenden Autos wird entscheidend durch diese Technologie erleichtert. Der Wirkungsgrad konventioneller Servoantriebssysteme war allerdings sehr beschränkt, daher kam es zu einem begrenzten Einsatz im Anlagen- und Maschinenbau. An Gleichstrommaschinen war die Spannung in den Lamellen der analogen Antriebsmöglichkeit einfach nicht leistungsfähig genug, der Funktionsumfang des Servoantriebs vergleichsweise gering. Eine Erweiterung der Funktionen gelang nur unter großem Aufwand von Arbeitszeit und war sehr kostenintensiv.

Aufgrund rapider Innovationen in der Halbleitertechnologie und einer ständigen Weiterentwicklung von Mikrocontrollern konnten Servoantriebe dahingehend verbessert werden, eine digitale Steuerung durch hoch kompatible und leistungsstarke Rechnersysteme zu implementieren; gesteuert werden diese über die Servoverstärker. Die einzelnen Speicherbausteine im Servoantriebssystem haben maßgeblich zu einer Erweiterung des allgemeinen Funktionsumfangs von Servomotoren und dem gesamten Antriebssystem beigetragen, sodass der Servoantrieb derzeit oftmals als Hauptantrieb eingebaut wird. Immer mehr Servoregler lassen sich digital bedienen.

Aus welchen Komponenten besteht ein Servoantriebssystem?

In einem Servoantriebssystem können verschiedene Elektromotoren zum Einsatz kommen:

  • Schrittmotoren
  • Gleichstrommotoren mit oder ohne Bürsten (DC Motoren)
  • Wechselstrommotoren (AC Motoren)
  • Synchronmotoren
  • Asynchronmotoren

Wechselstrommotoren können synchron oder asynchron betrieben werden, wobei beide Varianten eine hohe Dynamik in Drehzahlbereichen von 1:5.000 erreichen. Synchrone AC-Motoren funktionieren rotativ oder linear, was eine größtmögliche Flexibilität im Einsatz bietet. Sie sind bei starker wie auch bei verminderter Motorenleistung thermisch sehr strapazierfähig, bei einer bis zu sechsfachen Überlastfähigkeit. Das Stillstandsmoment ist ständig im synchronen Servomotor verfügbar.

Die wichtigsten Eigenschaften der Servoantriebe im Vergleich.
Die wichtigsten Eigenschaften der Servoantriebe im Vergleich.
(Bild: Vogel Communications Group/Peter F. Brosch)

Bei asynchronen AC-Motoren in einem Servoantriebssystem kann die Dynamik leicht vermindert sein, der wohl größte Unterschied ist aber die drehzahlabhängige Dauerbelastbarkeit bei einer lediglich dreifachen Überlastfähigkeit. Ist die Drehzahl gering, wird eine zusätzliche, externe Belüftung benötigt, außerdem ist dann auch kein Moment abrufbar.

Allgemein zeichnet sich ein Servomotor durch eine hohe Dynamik und eine gesteigerte Überlastfähigkeit aus, die Positioniergenauigkeit ist sehr exakt bei einem gleichzeitig relativ großen Drehzahlbereich. Die kompakten Servomotoren sorgen für ein geringes Gewicht des gesamten Servoantriebssystems, wobei eine hohe Präzision im gesamten Drehzahlbereich vorherrscht. Im großen Drehzahl-Stellbereich überzeugen vergleichsweise kurze Hochlaufzeit bei einer minimalen Drehmoment-Anregelzeit. Ein Servoantrieb bietet somit ein geringes Massenträgheitsmoment bei einem bauartbedingten hohen Stillstandsmoment.

Die Servoregler: Steuerung im Antriebssystem

Gesteuert wird der Servoantrieb über programmierbare und teilweise dezentrale Servoverstärker, wobei zwischen Einfach- und Mehrfachverstärker unterschieden wird. Diese Servoregler ermöglichen ein 3-phasiges Wechselspannungssystem im Antrieb, sowohl die Amplitude wie auch die Frequenz des Stroms lassen sich flexibel über diese Stellglieder im Servoantriebssystem regeln. Servoregler beziehungsweise Servoverstärker wandeln die Signale im Antriebssystem für den Servomotor um. Moderne Servoverstärker lassen sich hoch flexibel in Anlagen und Maschinen einsetzen, die grafische Konfigurierbarkeit ist dabei besonders anwenderfreundlich. Die größten Vorteile aktueller Servoregler sind:

  • Integration von Achskoordination und SPS-Leistungsmerkmalen
  • Umsetzen von Winkelsynchronlauf
  • Koordination im Kurvengetriebe

Wo werden Servoantriebe eingesetzt?

Die Digitalisierung hält branchenübergreifen in den Anlagen- und Maschinenbau Einzug, viele Unternehmen haben den Schritt in den digitalen Wandel bereits gewagt. Werden Prozesse automatisiert, sind kurze Taktzeiten bei Servomotoren unabdingbar, Servoantriebssysteme müssen hoch flexibel auch bei einem Produktwechseln einsetzbar sein. Herkömmliche Technologien, welche mit Hydraulik oder Pneumatik funktionieren, stoßen immer häufiger an ihre Grenzen. Vergleichbar sind diese Prozesse mit der additiven Fertigung, die in der Industrie aufgrund der vielfältigen Vorteile bald das konventionelle Spritzgussverfahren abgelöst haben wird. In der modernen Antriebstechnik werden heute vornehmlich synchrone und asynchrone Servomotoren mit oder ohne Bürsten im Servoantrieb eingesetzt, außerdem synchrone Linearmotoren.

Nicht nur in der Robotertechnik ist die Implementierung von Servoantriebssystemen bereits sehr fortgeschritten, auch in der Verpackungs- und Fördertechnik sowie bei den meisten Werkzeugmaschinen findet sich heute ein Servoantrieb. In leistungsfähigen Handling-Systemen sind ebenso Servomotoren in Kombination mit performanten Servoreglern im Einsatz wie im papier- und blechverarbeitenden Gewerbe. Auch bei der Produktion von Glas oder im Bereich der Textilindustrie kommt es zu einer gesteigerten Produktivität mit hoher Genauigkeit durch den Einsatz von Servoantriebssystemen.

Auch im Modellbau erfreut sich der Servoantrieb immer größerer Beliebtheit, für die Hobbybastler ergeben sich ganz neue Möglichkeiten aufgrund der leistungsfähigen Technologie. Sowohl im industriellen Einsatz wie auch für Heimanwender ergibt sich ein besonders leises Arbeiten durch hochleistungsfähige Servoverstärker und -motoren. Es kommt durch die Nutzung moderner Servoregler allgemein zu einer hoch dynamischen Beweglichkeit bei jeder individuell gewünschten Betriebsgeschwindigkeit.

Unterschied des Servoantriebs zu klassischen Antriebssysteme

Ein Servomotor lässt sich durch den Einsatz von Servoverstärkern besonders schnell und dabei absolut präzise positionieren. Es kommt zu weniger Ausfällen, da die exakte Position im Servoantriebssystem stets bekannt ist, ein Positionszähler wird im Servoantrieb überflüssig, weil ein ständiger Soll-Ist-Vergleich im Antriebssystem durchgeführt wird. Derzeit funktionieren Maschinen und Anlagen noch mit Mischsystemen, die zum Beispiel über Lichtschranken eine Positionierung der Motoren ermöglichen, auch Strichscheiben kommen vereinzelt noch zum Einsatz. Durch die digitale Steuerbarkeit ergibt sich eine Vielzahl an Vorteilen, in der industriellen Produktion von morgen wird ein Servoantriebssystem unerlässlich sein. Ein moderner Servoantrieb lässt sich einfach durch eine digitale Steuerelektronik mittels digitaler Decoder erweitern. Mit einem Servoantriebssystem lassen sich hohe Lasten bewegen, es steht durch die Servo-Umsetzung mehr Kraft zur Verfügung als bei konventionellen Antriebssystemen.

Trends am Markt: Der Servoantrieb von morgen

Der elektrische Servoantrieb wird in Zukunft unterschiedliche Arbeitsprozesse weiter stark beschleunigen und präzisieren, ein dezentraler Servoantrieb benötigt noch weniger Volumen und Platz im Raum, da wesentliche Steuerelemente direkt im Servomotor integriert sind. Die Abwärme eines Servoantriebssystems kann dadurch ebenfalls gesenkt werden, dies ermöglicht ein nachhaltiges und energiesparendes Arbeiten. Für modulare Maschinenkonzepte ist ein dezentraler Servoantrieb mit integrierter Leistungselektronik bestens geeignet, es entfallen umständliche Verkabelungen im Schaltschrank.

Literatur: Mehr über Servoantriebe erfahren

Weidauer, Jens (2008): Elektrische Antriebstechnik.- Erlangen: Publicis Corporate Publishing

Fräger, Carsten (2006): Leistungsauslegung Servogetriebeantriebe .- Hameln: Lenze AG

Praxis Antriebstechnik - Servotechnik (2006): Bruchsal: SEW-Eurodrive GmbH & Co KG

Brosch, Peter F. (1999): Intelligente Antriebe in der Servotechnik.- Bibliothek der Technik, Bd. 186. Landsberg: Verlag Moderne Industrie

Servoantriebe: Grundlagen, Eigenschaften, Projektierung (1997): Praxis der Antriebstechnik Bd. 7

Buchtipp

Das Buch „Antriebspraxis“ enthält eine Gesamtschau der Antriebe mit fester oder variabler Drehzahl, wie sie in der Automatisierung eingesetzt werden. Erklärt werden sowohl die einzelnen Komponenten als auch ihr Zusammenwirken im Antriebssystem bis hin zur Vernetzung in betrieblichen oder globalen Netzen.

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