Spannmittel Spannkonzept für die kombinierte Fräs-Drehbearbeitung

Autor / Redakteur: Markus Michelberger / Mag. Victoria Sonnenberg

Standardisierte Spannmittel aus dem Systembaukasten gewährleisten selbst bei einer hohen Fertigungstiefe kurze Rüstzeiten, eine optimale Zugänglichkeit sowie effiziente Verknüpfung mit nachgelagerten Prozessschritten. Sie können so die Voraussetzungen für eine technologische Produktweiterentwicklung schaffen.

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Das Schunk-Handspannfutter Rota-S flex wiegt bis zu 60 % weniger als konventionelle Drehfutter und deckt einen besonders großen Spannbereich ab.
Das Schunk-Handspannfutter Rota-S flex wiegt bis zu 60 % weniger als konventionelle Drehfutter und deckt einen besonders großen Spannbereich ab.
(Bild: Schunk)

Die MTS Maschinentechnik Schrode AG aus Hayingen ist ein anerkannter Spezialist für Automatisierungsstrategien im Tiefbau und gilt als Pionier in Sachen Effizienzsteigerung auf Baustellen. So können Bauunternehmen mit dem von MTS entwickelten Bodenaufbereitungsverfahren bis zu 80 % der Bodenmanagementkosten einsparen.

Bei hydraulischen Anbauverdichtern ist das schwäbische Unternehmen Innovationsführer. Um am Markt möglichst flexibel agieren zu können und Kundenwünsche, Serviceaufträge sowie die Ideen aus dem Bereich Konstruktion und Entwicklung zeitnah auf hohem Qualitätsniveau zu realisieren, setzt MTS Geschäftsführer Rainer Schrode zuallererst auf die Eigenfertigung.

Flexible Produktion von kleinen und mittleren Serien

Mit der Investition in ein Fräs-Dreh-Zentrum Uni Speed 5T von SHW war es möglich, eine flexible Produktion von Einzelstücken, kleinen und mittleren Serien zu realisieren. Hierfür hat Fertigungsleiter Florian Unmuth in enger Zusammenarbeit mit Schunk-Fachberater Peter Rössler und den Spezialisten am Schunk-Kompetenzzentrum für Drehtechnik und stationäre Spannsysteme in Mengen ein intelligentes Spannkonzept entwickelt, mit dem die Potenziale der kombinierten Fräs-Drehbearbeitung optimal ausgeschöpft werden können.

Grundlage ist das Nullpunktspannsystem Schunk Vero-S sowie das standardisierte Schunk-Baukastensystem für die hocheffiziente Werkstückspannung. Über 1000 Kombinationsmöglichkeiten umfasst das Programm. Es bietet damit eine hohe Investitionssicherheit und jede Menge konstruktiven Spielraum für künftige Aufgaben.

„Die einzelnen Spannlösungen haben sich Schritt für Schritt ergeben und mit ihnen die Möglichkeit, die Maschine wirklich in vollem Umfang zu nutzen“, berichtet Unmuth. Hauptziel sei es zunächst gewesen, ein 5-Achs-Fräszentrum C50 U von Hermle im Bereich runder Teile mit einem Durchmesserspektrum von 100 bis 300 mm zu entlasten. Zugleich sollte nach vorne betrachtet Spielraum für die Bearbeitung von Werkstücken mit größeren Spanndurchmessern geschaffen werden. Die Spannmittelwahl fiel daher auf das Handspannfutter Schunk Rota-S flex, ein flexibles Leichtgewicht, das ein bewährtes Drehfutter der Baureihe Schunk Rota-S plus mit verlängerten Führungsbahnen kombiniert und auf diese Weise in ein leichtes und zugleich besonders flexibel einsetzbares Großfutter verwandelt.

Geringe Bauhöhe des Spannmittels lässt mehr Platz für das Werkstück

Im Vergleich zu konventionellen Drehfuttern für große Spanndurchmesser sinkt das Gewicht mit Rota-S flex um bis zu 60 %, was gerade der kombinierten Fräs-Drehbearbeitung zugutekommt. Zudem bleibt aufgrund der geringen Bauhöhe jede Menge Platz für das Werkstück, den Orthogonalkopf und die Werkzeuge. Zur Bearbeitung kleiner Teile können die verlängerten Führungsbahnen demontiert werden, wodurch die Zugänglichkeit der Werkstücke im Vergleich zur Spannung auf konventionellen Großfuttern deutlich verbessert wird. „Wir profitieren von der Genauigkeit des 315er Futters und haben zugleich den 700er Spannbereich eines großen Futters“, hebt Schunk-Fachberater Peter Rössler hervor. Schlag auf Schlag sei das Teilespektrum in der Folge gewachsen. „Mit der Investition in die Maschine und in die Spannmittel konnten wir die Komplexität des kombinierten Drehens und Fräsen nutzen und Teile realisieren, die zuvor nicht denkbar waren“, erläutert der Fertigungsleiter.

Zur Bearbeitung von Schweißrahmen nutzt MTS das Prinzip der Werkstückdirektspannung. Hierfür werden die Rahmen zunächst an der Unterseite plan gefräst und mit Gewindebohrungen für Schunk Nullpunktspannbolzen versehen. Anschließend erfolgt die zweite Spannung unmittelbar mit Vero-S-Spannbolzen in Vero-S-WSM-plus-Modulerhöhungen, deren Gegenseite mit einer 1600er Rasterplatte, Stichmaß 50 mm, verbunden ist. Aufgrund der Direktspannung sind die Rahmen auf fünf Seiten frei zugänglich. Zudem können sie zur Schweißbearbeitung unmittelbar auf das Palettensystem eines Schweißroboters gewechselt werden, der ebenfalls mit einer Vero-S-Schnittstelle ausgestattet ist, sodass auch die Schweißbearbeitung in einer einzigen Aufspannung erledigt ist.

Spannbolzen erlaubt außermittige und damit besonders einfache Beladung

Über die Vero-S-Schnittstelle ist jederzeit eine Wechselwiederholgenauigkeit < 0,005 mm gewährleistet. Aufgrund der speziellen Geometrie der Schunk-Vero-S-Spannbolzen ist auch eine außermittige und damit besonders einfache Beladung der Module möglich. Um die Lebensdauer und Prozesssicherheit zu erhöhen, sind sämtliche Funktionsteile der Vero-S-Module in gehärtetem Edelstahl ausgeführt und damit absolut korrosionsbeständig. Zudem sind die Module komplett abgedichtet und so vor Verschmutzungen und Kühlschmiermittel geschützt.

Eine abgewandelte Form der Direktspannung kommt bei Reparaturaufträgen von Verdichtern und anderen Bauteilen zum Einsatz. Hier kombiniert Florian Unmuth Vero-S-WSM-plus-Modulerhöhungen mit speziellen Vorrichtungsplatten, die ebenfalls von Schunk konstruiert wurden. Letztere sind mit Prismenbacken bestückt und können in einem 10mm-Raster verschoben werden. Über das 50er Stichmaß der Grundplatte und das 10er Stichmaß der Vorrichtungsplatte lassen sich sämtliche Maße von 150 mm bis 1600 mm abbilden, sodass MTS alle Baugrößen auf ein und derselben Vorrichtung bearbeiten kann. Der Effekt ist nach Aussage von Unmuth enorm: „Früher wurden derartige Reparaturen umständlich bei stehender Maschine auf Schweißböcken hochgepratzt, was inklusive Ausrichten bis zu drei Stunden dauerte. Heute kann ich die Teile mit viel weniger Aufwand komplett außerhalb der Maschine vorrüsten und die fertige Palette in die Maschine einwechseln.“ Damit habe sich das komplette Prozessdenken verändert, denn hoch priorisierte Teile können nun jederzeit mit minimalem Aufwand eingeschoben werden, ohne dass es wirtschaftliche Einbußen gibt.

Damit nicht genug: Um Spundwandklemmen deformationsarm zu spannen, verwendet MTS standardisierte Magnos-Quadratpolplatten aus dem Schunkbaukasten. Bei ihnen passen sich beweglich gelagerte Easyturn-Polverlängerungen individuell an die jeweilige Werkstückkontur an und gewährleisten eine gleichermaßen schonende wie sichere Aufspannung. Zudem minimiert die flächige Spannung Vibrationen und schont sowohl die Maschinenspindel als auch die Werkzeugschneiden.

Gesamtbearbeitungszeit von über 90 auf 45 Minuten verkürzen

Für eine optimale Zugänglichkeit kombiniert MTS die Magnos-Magnetspannplatten ebenfalls mit Vero-S-WSM-plus-Modulerhöhungen. Je nach Folgeoperation kann entweder die Rasterplatte mit dem kompletten Aufbau oder lediglich die Magnetspannplatte gewechselt werden. Der Effekt ist auch hier beachtlich: Mit der Umstellung auf die Magnetspannlösung hat sich die Gesamtbearbeitungszeit nach Angaben von Unmuth von über 90 auf 45 Minuten verkürzt. „Der Spannvorgang ist so schnell erledigt, wie ich die Taste drücke. Früher waren mindestens 20 Minuten erforderlich, um eine einzige Pratze zu setzen“, taxiert der Fertigungsspezialist.

* Markus Michelberger ist Vertriebsleitung Spanntechnik bei der Heinz-Dieter Schunk GmbH & Co. Spanntechnik KG in 88512 Mengen, Tel. (0 75 72) 76 14 10 34, markus.michelberger@de.schunk.com

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