Sharing Economy Tauschkultur für die Industrie
Dank des Prinzips der sogenannten Sharing Economy wird heute alles, was zeitlich nur begrenzt gebraucht wird, geteilt. Während die wirtschaftliche Tauschkultur bereits sehr ausgereift ist, existieren für die Industrie kaum ausgereifte Sharing-Konzepte. Das wollen Forscher mit dem Projekt „WICE“ nun ändern.
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Wohn- und Arbeitsraum, Fahrzeuge, Kleidungsstücke: Fast alles, was nur zeitlich begrenzt benötigt wird, kann heute dank mehr oder weniger innovativer Sharing-Konzepte geteilt werden – teilweise gegen Bezahlung, teilweise auch nur für das gute Gewissen. Die voranschreitende Digitalisierung und sich mit ihr entwickelnde Technologien sorgen für die einfache Organisation der Tauschvorgänge. Dabei tauschen entweder Privatpersonen (Consumer-to-Consumer) bestimmte Dienstleistungen untereinander aus oder Unternehmen bieten den Endkunden ihre Dienste ganz klassisch gegen Bezahlung an (Business-to-Consumer). Doch was in der Wirtschaft bereits Gang und Gäbe ist, ist für die Industrie noch kaum entwickelt oder untersucht: Tauschbeziehungen zwischen Unternehmen sowie in der Industrie (Business-to-Business) spielen bislang kaum eine Rolle.
Das wollen Forscher des Fraunhofer-Instituts für System- und Innovationsforschung ISI nun ändern. Dazu führen sie das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderte Projekt „Potenziale eines Wandels zu einer Industrial Collaborative Economy – Grundzüge einer kollaborativen Wirtschaftsform in der Industrie“ (WICE) durch. Dabei geht es vor allem um die Frage, wie neue Nutzungs- und Eigentumsmodelle zu mehr Wachstum, Innovation und Nachhaltigkeit in industriellen Betrieben und der Gesamtwirtschaft führen können. Die Entwicklung entsprechender Konzepte in der Industrie dürfte insbesondere von der fortschreitenden Digitalisierung vorangetrieben werden, was eine Reindustrialisierung begünstigen und zur Etablierung einer neuen Tauschkultur in der Industrie beitragen könnte.
„Nutzen des Industrieguts maximieren“
Dr. Christian Lerch, der das Projekt WICE am Fraunhofer-ISI leitet, erläutert dessen Ziele wie folgt: „Im Projekt wurden zunächst relevante wirtschaftswissenschaftliche Theorien identifiziert, mit Beispielen aus der Praxis verknüpft und daraus ein Konzept für eine industriell-kollaborative Wirtschaft entwickelt. Diese Wirtschaftsform ist zwischen dem vorherrschenden, traditionellen Produktionsparadigma und der Sharing Economy angesiedelt und weist drei Schlüsselkriterien auf: den fehlenden Eigentumsübergang an den Kunden, die lediglich temporäre Nutzung eines Produkts durch einen oder mehrere Kunden sowie die wichtige Rolle von Intermediären beziehungsweise dritten Akteuren als neuen Anbietern. Durch die Übertragung des Produktnutzungsrechts auf mehrere Kunden lässt sich einerseits der Nutzen eines Industrieguts maximieren – aber dem einzelnen Kunden stehen andererseits nicht mehr sämtliche Verfügungsrechte über das Produkt zu.“
Innovationspolitische Handlungsoptionen entwickeln
Je nach Erfüllung der genannten Schlüsselkriterien lassen sich laut Lerch verschiedene Subformen der industriell-kollaborativen Wirtschaft unterscheiden: Dazu zählen klassische Leasing- und Outsourcing-Angebote, aber auch Pooling- oder Betreiberkonzepte sowie neuartige Kollaborationsformen wie mobile Vor-Ort-Produktionsanlagen von Herstellern für ihre Kunden. Teilweise kommen auch hochkomplexe Akteurskonstellationen durch intermediäre Akteure zustande. Als Beispiel lassen sich neue internetbasierte Plattformen nennen, auf denen Betriebe ihre Maschinen und Werkzeuge oder ganze Produktionsanlagen anderen Unternehmen zur entgeltlichen Nutzung anbieten.
Neben der Erforschung neuer Nutzungs- und Eigentumsmodelle werden im Projekt auch Handlungsoptionen aus den bisherigen Erkenntnissen für innovationspolitische Maßnahmen abgeleitet, um die Entwicklung industriell-kollaborativer Wirtschaftsformen gezielter mitgestalten zu können. Dies soll wirtschaftliche Potenziale freisetzen, nicht-intendierte Folgen vermeiden und zu einer positiven Gesamtentwicklung der deutschen Industrie beitragen.
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