Hannover Messe 2016 Technik und Politik trafen sich in Hannover
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Fünf Tage im Zeichen von Lösungen für die Integrated Industry liegen hinter uns. Auf der Hannover Messe 2016 gab es neben frischen Produkten endlich Anwendungen für Industrie 4.0 zu sehen. Und die Politk spielte auch noch eine gewichtige Rolle.

Bauarbeiten sowie Streiks beim städtischen Verkehr und an mehreren Flughäfen gaben der Anreise zur diesjährigen Hannover Messe eine gewisse Spannung. Doch trotz all der Hindernisse – nicht zu vergessen die guten Vorkehrungen zur Sicherheit des US-Staatshauptes –, gelang es 190.000 Besuchern zur Messe zu kommen. Das sind sogar 15.000 mehr als im Vergleichsjahr 2014. Auch die 5.000 Aussteller ließen sich von der vorverlegten Aufbauzeit für Ihre Stände nicht abschrecken.
Belohnt wurden alle mit konkreten Anwendungen für die Fabriken der Zukunft. Das spiegelte sich auch im diesjährigen Preisträger des Hermes Awards wieder. Die Jury um Prof. Wahlster vom Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz hat den industrietauglichen Einplatinencomputer Mica von Harting auf den ersten Platz gewählt. Er kann als Embedded-System viele Steuer-, Mess- und Regelaufgaben übernehmen oder als intelligentes Kommunikationsmodul eingesetzt werden. Ein wichtiges Argument: Mica unterstützt organisch das Referenzarchitekturmodell Industrie 4.0 (RAMI 4.0). Das System in Schutzart IP67 ermöglicht es, Daten im direkten Umfeld von bereits existierenden Maschinen auszuwerten und mit dem IT-System eines Betriebes zu vernetzen.
Detaillierteres über die Trends der Messe, wie Mensch-Roboter-Kollaboration, vorausschauende Instandhaltung oder Energieversorgung, haben unsere Scouts für Sie ab Seite 30 zusammengefasst.
Von TTIP und digitaler Infrastruktur
Neben der Technik gab es auch viel Politik. Barack Obama nutzte den Messerundgang, um sich bei den Ausstellern nach der Zusammenarbeit zu erkundigen. Siemens-Vorstand Joe Kaeser versicherte, dass der Konzern schon seit hundert Jahren TTIP lebe. So arbeiteten fast 50.000 Siemens-Kollegen in den USA. Das hat Obama hoffentlich beruhigt, denn anfangs klang sein Anliegen zwischen Flehen und Drohen, als er sagte: „Wenn wir es nicht schaffen, TTIP in diesem Jahr erfolgreich auf den Weg zu bringen, wird sich das Fenster der Möglichkeiten schließen. Genauso, wie ich meine Bereitschaft gezeigt habe, mein politisches Kapital zu investieren, rufe ich alle europäischen Führer auf, es mit mir und Angela Merkel gleichzutun, um wieder ein Programm des Wachstums einzuläuten.“ Auch Merkel betonte die Chancen von TTIP: „Jedes Handelsabkommen, denken wir nur an das mit Südkorea, hat zu wirtschaftlichem Erfolg in Europa geführt. Über die transatlantische Partnerschaft wird viel gesprochen, doch hier in Hannover kann man sie von ihrer praktischen Seite sehen.“
Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel forderte bei seiner Rede im Rahmen der Veranstaltung zur Plattform Industrie 4.0: „Europa muss den Anspruch haben, weltweit die leistungsfähigste digitale Infrastruktur vorzuhalten!“. Ziel sei es, bis 2025 deutlich weiter als heute zu sein, betonte er und nimmt Konzerne in die Verantwortung: „Es braucht auch entsprechend große Unternehmen, welche die Kraft für einen solchen Ausbau besitzen.“ Es könne nicht sein, dass in Europa ein falsch verstandener Wettbewerbsschutz dazu führe, dass die Abhängigkeit von außen steige. Das gelte auch im Bereich der Mikroelektronik oder Elektromobilität. Das notwendige Geld für den Ausbau will er aus den bald anstehenden Versteigerungen der UMTS-Lizenzen verwenden.
Bundesforschungsministerin Prof. Johanna Wanka stellte Initiativen vor, die heute schon Standardisierung und Praxistransfer beschleunigen sollen. Um die Akzeptanzprobleme bei kleineren Unternehmen zu beseitigen, „starten wir ein Programm, in dem der Mittelstand seine Ideen in Testfeldern ausprobieren kann. Die Unternehmen können für beantragte Projekte mit einer Dauer von drei bis zwölf Monaten bis zu 100.000 Euro erhalten.“
Nun kippt die Pyramide
Als hätten sie die Forderungen nach Zusammenarbeit und digitaler Infrastruktur gehört, verwenden die großen Cloud-Anbieter SAP und Microsoft jetzt den unabhängigen OPC-UA-Standard. Spätestens das löst die klassische Automatisierungspyramide mit ihrer strikten Trennung von der Automatisierungstechnik bis hin zur ERP-Ebene auf, stürzt sie regelrecht.
Ein wichtiger Punkt für Anwender: Eine Umrüstung der Maschinen sei nicht erforderlich. Auch die bestehende Sicherheitsinfrastruktur, wie Firewalls oder Proxy-Server, kann ohne Umkonfiguration weiter genutzt werden. Der Vorteil auch für kleinere Betriebe liegt darin, die Fertigung damit effizienter und flexibler zentral steuern zu können. Das führt zu kürzeren Reaktionszeiten für Wartungsarbeiten, weniger Verwaltungsaufwand und niedrigeren Kosten im laufenden Betrieb. Zusätzlich erleichtern die OPC-UA-kompatiblen Telemetriedaten, die in die Cloud geschickt werden, die Umsetzung von Industrie-4.0-Szenarien, zum Beispiel die vorausschauende Wartung, selbst wenn die Maschinen quer über den Globus verteilt sind.
Kommendes Jahr findet die Hannover Messe vom 24. bis zum 28. April statt, mit Polen als Partnerland. MM
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