VDI-Tagung in Heidelberg Top-Informationen zur effizienten Compositeverarbeitung

Autor / Redakteur: Annedore Bose-Munde / Peter Königsreuther

Optimierte Prozesse auf dem Weg zur Serienfertigung stehen im Fokus der 5. VDI-Fachtagung „Composites effizient verarbeiten“, die am 9. und 10. Mai in Heidelberg stattfindet. Trends zur Fertigung und Einsatz von glasfaser- und carbonfaserverstärkten Kunststoffen bilden den Informationskern.

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Das ILK der TU Dresden bildet den großserientauglichen Prozess zur Compositeteileherstellung ab. Informationen zu diesem, und vielen weiteren Aspekten rund um die Funktionsintegration in Multimaterialsysteme, gibt es am 9. und 10. Mai im Rahmen einer VDI-Fachtagung namens „Composites effizient verarbeiten“ in Heidelberg.
Das ILK der TU Dresden bildet den großserientauglichen Prozess zur Compositeteileherstellung ab. Informationen zu diesem, und vielen weiteren Aspekten rund um die Funktionsintegration in Multimaterialsysteme, gibt es am 9. und 10. Mai im Rahmen einer VDI-Fachtagung namens „Composites effizient verarbeiten“ in Heidelberg.
(Bild: ILK/TU Dresden)

Innovative Werkstoffe und Fertigungstechnologien eröffnen für den Leichtbau neue Anwendungsfelder. Prof. Niels Modler vom Institut für Leichtbau und Kunststofftechnik an der Technischen Universität Dresden ist Vorsitzender des VDI-Fachausschusses „Produktionstechnik für Faser-Verbund-Werkstoffe“ und wird als Tagungsleiter durch die Veranstaltung „Composites effizient verarbeiten“ führen. „Der nachhaltige Klimaschutz und die daraus abzuleitende Steigerung der Ressourceneffizienz stellen den Konstrukteur von heute vor große Herausforderungen. Zukünftige wettbewerbsfähige Leichtbaukomponenten für Anwendungen insbesondere im Fahrzeug- und Maschinenbau erfordern deshalb neue Bauweisenkonzepte und effiziente Fertigungsverfahren“, unterstreicht Modler die Bedeutung der Thematik.

Fertigungsaufwand runter, heißt Qualität rauf

Das Tagungsprogramm umfasst einige wesentliche Trends, die sich derzeit hinsichtlich einer effizienten Verarbeitung von Compositewerkstoffen abzeichnen. „Besonders thermoplastische Herstellungsverfahren bieten im Hinblick auf eine zeit und kosteneffiziente Großserienfertigung ein erhebliches Potenzial für größere Stückzahlen, weil außer den kurzen Taktzeiten eine endkonturnahe Bauteilfertigung mit geringem Nachbearbeitungsaufwand sichergestellt werden kann“, erklärt Modler. Darüber hinaus stelle eine durchgängige Qualitätssicherung über den gesamten Fertigungsprozess die reproduzierbare Bauteilqualität sicher. Insbesondere für Automotiveanwendungen mit großen Stückzahlen ist der Einsatz automatisierter Fertigungstechnologien unabdingbar, so Modler.

Gelinge die Minimierung manueller Fertigungsschritte, könnten die Bauteilqualität und die Reproduzierbarkeit weiter gesteigert werden, was vor allem im Luftfahrbereich von großer Bedeutung sei. „Der Einsatz von Multi-Materialsystemen ermöglicht die Integration vielfältiger Funktionalitäten in die Bauteilstruktur. Durch die gezielte Kombination unterschiedlicher Halbzeuge kann auch ein sehr hoher Leichtbaugrad erzielt werden“, wie Modler ergänzt. Gleichzeitig spare die Umsetzung neuartiger Kombinationstechnologien Prozessschritte, und damit Ressourcen ein.

Umformen im Spritzgießwerkzeug

Eine Prozess- und Werkzeugtechnologie, die es ermöglicht, Leichtbauteile mit einem endlosfaserverstärkten Einleger im One-Shot-Spritzgießprozess herzustellen, wird Christian Götze, Leiter Innovation bei der Georg Kaufmann Formenbau AG in Busslingen in der Schweiz, vorstellen. „Durch spezifische Funktionselemente im Spritzgießwerkzeug kann so ein vorgelagerter Umformprozess des Einlegers inklusive der benötigten Prozessperipherie eingespart werden“, wie Götze erklärt. Auch eine Kombination aus mehreren Einlegern, zum Beispiel für eine lastpfadgerechte Verstärkung, sei mit dieser Werkzeugtechnologie umsetzbar. Erstmals, so Götze konnten so mehrere unidirektional verstärkte Einleger mit unterschiedlichen Dicken in einem One-Shot-Prozess verarbeitet werden. Um die aufgeheizten Einleger im Spritzgießwerkzeuge handhaben und fixieren zu können, wurde laut Götze eine spezielle Werkzeugtechnik entwickelt, welche die gewünschte Position der Verstärkungsmaterialien im entstehenden Bauteil zuverlässig sichert.

Composites günstiger verarbeiten

„Die Werkzeug- und Prozesstechnologie ist für lasttragende Bauteile oder -gruppen relevant, bei denen bei gleichbleibender Performance Gewicht eingespart werden soll. Es kann sich dabei etwa um Automobilteile wie Front-End, Cross-Car-Beam oder Heckklappe handeln. Aber auch Anwendungen aus dem Transportwesen, der Luftfahrt sowie dem Sport und der Freizeit sind denkbar“, sagt Götze. Das Einsparpotenzial liege für ihn auf der Hand: Im Vergleich zu bisherigen Compositeverarbeitungsprozessen könnten mit der hier vorgestellten Methode Anwendungen mit unidirektionalem Einleger ohne separatem Umformschritt verarbeitet werden. Das macht den Herstellungsprozess günstiger und das Material wird nicht unnötig thermisch belastet.

Organobleche für die Serie

Der Leichtbau ist für die Automobilindustrie, die Luftfahrt und auch für den Maschinenbau ein bedeutendes Thema. Vor diesem Hintergrund ist die Substitution schwerer Werkstoffe durch Leichtbaumaterialien und die Entwicklung und Einführung von Prozessen, die eine günstige Bauteilherstellung ermöglichen, sehr wichtig. Daniel Petter, Leiter Neue Technologien bei der Pöppelmann in Lohne wird auf der VDI-Fachtagung deshalb einen Einstufenprozess zur automatisierten Verarbeitung vom Organoblech bis zum fertigen Bauteil präsentieren, der für verschiedene industrielle Anwendungen geeignet ist. Aus Sicht von Petter sind für den Prozess zukünftig noch weitere Optimierungsmöglichkeiten gegeben, die sich etwa auf den Prozess und die Materialkosten auswirken.

Kfz-Hochvoltspeicher mit Kunststoffgehäuse

Christoph Klaus, Spezialist Technologieentwicklung Hochvoltspeicher, Batterie-, Brennstoffzelle bei der BMW Group in München, wird das Projekt „Next Generation Hochvoltspeicher“ vorstellen. Dazu Klaus: „Die Elektromobilität ist eines der zentralen Felder der Mobilität von morgen. Das öffentlich geförderte Projekt beschäftigte sich umfassend mit der Entwicklung und Fertigung von Hochvoltspeichern als Teil des elektrischen Antriebsstrangs für Automobile.“ Neu sei dabei der Ansatz, weitestgehend Kunststoffe in den Gehäusekomponenten eines Hochvoltspeichers einzusetzen. Und neu ist laut Klaus auch die prinzipielle Vorgehensweise: „Verfolgt wird ein funktionsorientierter Entwicklungsansatz statt der klassischen Komponentenentwicklung. Daraus wird dann ein Prozess- und Komponentenbaukasten abgeleitet.“ Im Projekt seien zahlreiche Einzelthemen gebündelt gewesen, die für sich betrachtet in unterschiedliche Felder gehörten. „Vorrangig konnten wir Vorteile beim Gewicht, den Investitionskosten und den Prozesszeiten erreichen“, so Klaus zu den erkannten Einsparpotenzialen.

Innovationen für den Autombilbau

Dass eine Großserienfertigung für Composite-Bauteile im RTM-Verfahren bereits möglich ist, wird Frank Kerstan, Global Program Manager Automotive Composites bei Henkel in Düsseldorf, darstellen. „Ein Kette von aufeinander abgestimmten Gliedern, wie Binder, Harz, Katalysator, Trennmittel und Klebstoff, ist entscheidend, dass neue Compositeanwendungen erfolgreich in Serie gehen“, betont Kerstan. Verschiedene praktische Anwendungen werde er präsentieren. Darunter die automatisierte Großserienfertigung im RTM-Verfahren mit Stückzahlen von derzeit circa 100.000 pro Jahr, Hochtemperaturharze für spezielle Anwendungen, wie CFK Räder sowie Klebstoffe mit hoher Festigkeit und hoher Dehnrate zum Fügen von Substraten mit unterschiedlichen Ausdehnungskoeffizienten. Henkel fokussiere sich bei Anwendungen für Harze und Klebstoffe derzeit auf den Automobilsektor. Beispiele dafür sind Schrauben- und Blattfedern, Wellen, Räder, Karosseriebauteile, Dächer sowie auf das Fügen von Multi-Substraten in der Karosserie, heißt es.

Für Tagungsteilnehmer, die zu dieser Thematik an einem Blick hinter die Kulissen interessiert sind, bietet das Unternehmen am zweiten Veranstaltungstag, dem 10. Mai, außerdem die Möglichkeit an, das Henkel Composite Lab in Heidelberg zu besichtigen. MM

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