Intech Trumpf fokussiert die vernetzte Fertigung
Die Digitalisierung der Arbeitswelt ist in aller Munde. Einer der Innovationstreiber ist der Werkzeugmaschinen- und Laserspezialist Trumpf aus Ditzingen, was anlässlich der Hausmesse Intech Mitte April deutlich wurde.
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Zur Hausmesse Intech kommen jährlich mehrere Tausend Besucher nach Ditzingen. Zusätzlich zu den einschlägigen Messen stellt die Veranstaltung eine Möglichkeit dar, die Tore zu öffnen und sich zu zeigen. „Uns ist es eine Herzensangelegenheit zu zeigen, was es Neues gibt. Gerade bei dem abstrakten Thema Industrie 4.0 ist es wichtig, Kundenfragen zu beantworten und auch Orientierung und Führung zu geben. Deshalb steht die Intech einmal mehr unter dem Motto vernetzte Fertigung“, sagte Dr.-Ing. Mathias Kammüller, Vorsitzender des Geschäftsbereichs Werkzeugmaschinen, anlässlich der Intech. „Die Entwicklung geht hin zu kleineren Losgrößen und dabei dann mehr kleine statt wenige große Aufträge sowie die immer wichtiger werdende Abwicklung der Logistik sind die neuen Herausforderungen – der Bedarf zur Prozessoptimierung ist also vorhanden“, so Kammüller weiter.
Produktivitätssteigerung von 30 % erwartet
In Ditzingen ist in der „Produktionseinheit Blech“ deshalb eine Pilotfabrik realisiert worden. Die PE Blech ist vergleichbar mit einem klassischen Blechfertigungsunternehmen, da hier Blechteile zum Beispiel für die Gehäuse der Trumpf-Maschinen gefertigt werden. Sie ist auf digitalisierte Prozessabläufe umgestellt: Es werden Bausteine aus der Trumpf eigenen Lösungswelt Tru Connect und der digitalen Geschäftsplattform Axoom selbst angewendet und aufgrund von eigenen Erfahrungswerten weiterentwickelt. So kann beispielsweise ein MES-System Maschinenzustände erfassen, darstellen und auswerten – papierlos, interaktiv und mit stets aktuellen Produktionsmeldungen auf einem mobilen Handheld. „Das ist ein sehr konkretes Beispiel dafür, wie Industrie 4.0 funktioniert. Mit solchen Anwendungsfällen können wir es schaffen, die Produktivität in den nächsten Jahren um bis zu 30 % zu steigern, Fehlerquoten zu senken sowie Kosten und Materialbedarf zu reduzieren“, erklärt Kammüller. „Wir halten es für realistisch, dass wir unsere komplette Produktion in fünf Jahren mithilfe von digitalen Prozessen steuern. Die gesamte Industrie wird etwas länger brauchen, Industrie-4.0-Konzepte durchgängig einzusetzen.“
Kammüller erklärt weiter, dass die Grundlage von Industrie 4.0 digitale Geschäftsplattformen seien, mit deren Hilfe sich alle Schritte in der Wertschöpfungskette einfach und schnell vernetzten lassen. Im Herbst letzten Jahres hat Trumpf Axoom gegründet (wir haben berichtet), das eine Plattform für Software zur Planung von Produktionsabläufen anbietet. „Inzwischen haben etwa 270 Interessenten das System begutachtet und zum Teil mit uns zusammen weiterentwickelt. Das ist deutlich mehr, als wir erwartet hatten“, freut sich Kammüller. Auf der Hannover Messe nächste Woche soll Axoom einer Fertigungswelt über die Blechbearbeitung hinaus vorgestellt werden.
Arbeit und Ausbildung 4.0
Dass die vierte industrielle Revolution auch mit einer Veränderung der Arbeitsbedingungen einher geht, erklärte Trumpf-Arbeitsdirektor Dr. rer. soc. Gerhard Rübling. „Industrie 4.0 führt zu veränderten Arbeitsaufgaben, die andere Kommunikations-Kompetenz-Muster unserer Mitarbeiter nötig machen. Diese Kompetenzen müssen aufgrund der Geschwindigkeit der Veränderungen mit modernen Lernformen vermittelt werden. Deshalb erarbeiten wir derzeit ein neues Qualifizierungskonzept für die zunehmend disziplinübergreifenden und prozessorientierten Tätigkeiten unserer Mitarbeiter.“ In die Veränderungen, die die vernetzte Fertigung mit sich bringen, werden die Trumpf-Mitarbeiter eng miteinbezogen. Kammüller betont, dass Industrie 4.0 kein Risiko für den einzelnen Arbeitsplatz darstelle. Und Rübling erklärt weiter, es sei außerdem eine „Didaktik 4.0“ bereits in der Schule nötig, arbeitsintegratives Lernen sei mehr denn je gefragt. „Unsere Auszubildenden vernetzten sich bereits, bevor sie überhaupt den ersten Arbeitstag haben.“
Für Trumpf zeichnet sich ab, dass die zukünftige Arbeitswelt durch Mobilität und Agilität der Arbeitnehmer gekennzeichnet sein wird. Folglich sind dies auch zentrale Punkte im neuen „Bündnis für Arbeit“, über das derzeit mit dem Betriebsrat und der IG Metall verhandelt wird. „In Zukunft könnten bis zu 20 % der wöchentlichen Arbeitszeit im Home Office oder woanders erbracht werden. Wir möchten außerdem weg von der starren Wochenarbeitszeit hin zu einer Jahresarbeitszeit“, erklärt Rübling. „Das bietet mehr Flexibilität für das Unternehmen und für die Mitarbeiter.“ So lassen sich beispielsweise Auslastungsspitzen in der Produktion besser auffangen oder zusätzlich zum Urlaub längere Freizeitblöcke realisieren. „Es müssen arbeitsorganisatorische Maßnahmen ergriffen werden, damit abgebildet werden kann, was technisch bereits möglich ist“, so Rübling.
Partnerschaften sind essenziell
Für das Gelingen der vernetzten Fertigung ist das Zusammenspiel vieler Player nötig. Trumpf arbeitet deshalb mit verschiedenen Hochschulen und außeruniversitären Forschungseinrichtungen zusammen. Dr.-Ing. E.h. Peter Leibinger, stellvertretender Vorsitzender der Geschäftsführung und Vorsitzender des Geschäftsbereichs Lasertechnik/Elektronik erklärt: „Der Leitfaden unserer nachhaltigen Technologieentwicklung besteht aus vier Prinzipien: erstens technologische Breite, zweitens selektive vertikale Integration, drittens frühzeitiges Besetzen von Technologietrends und strategische Partnerschaften und viertens unternehmerische Nachhaltigkeit.“ In der industriellen Lasertechnik bewege man sich in einer Hochtechnologiebranche. Trumpf decke einerseits eine große Breite an Themen ab, müssen diese aber gleichzeitig auch in großer Tiefe beherrschen, so Leibinger weiter. „Deshalb können wir letztlich nur als Cluster funktionieren. Das macht die Partnerschaften so essenziell.“
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