Pumpenantriebe Variantenvielfalt im Griff
Pumpen mit Asynchronmotoren arbeiten mit vom Netz vorgegebener konstanter Drehzahl. Dazu muss im Vorfeld jede Pumpe mechanisch an den Betriebspunkt angepasst sein, was eine große Variantenvielfalt nach sich zieht. Ein neues Antriebskonzept soll diese Komplexität verringern und somit die Kosten senken.
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Annähernd 70 % aller Normpumpen arbeiten heute in Anwendungen mit konstantem Förderstrom mit einer konstanten Motordrehzahl. Diese Pumpen werden üblicherweise von Asynchronmotoren der Effizienzklasse IE3 angetrieben. Auf der Hannover Messe 2017 präsentiert KSB eine smarte Antriebslösung, welche mit dieser hundertjährigen Tradition bricht, die Variantenkomplexität reduziert und dabei die Planungssicherheit für den Anlagenbauer erhöht. Das macht die neue sogenannte „My Flow Technology“ vor allem für Erstausrüster interessant (Bild 2).
Pumpen auf konkrete Bedingungen in der Anlage hin optimieren
Bei der neuen Technologie handelt es sich um nichts weniger als einen Paradigmenwechsel. Passt man bei ungeregelten Anwendungen üblicherweise die Pumpe mit ihrem Laufrad durch zerspanende Bearbeitung an den Betriebspunkt an, stellt man bei der neuen Technologie die gewünschte Förderhöhe und die Fördermenge mittels individueller Festdrehzahl über den Motor ein.
Der Vorteil liegt auf der Hand. Jetzt können Pumpen nach dem Fertigungsprozess auf konkrete Bedingungen in einer Anlage hin optimiert werden, anstatt das Laufrad wie bisher in der Produktion auf einen planungsseitig berechneten Betriebspunkt abzudrehen (Bild 3). Zu diesem Zweck hat der Frankenthaler Pumpenhersteller einen kostengünstigen, motormontierten Minimalfrequenzumrichter mit seinem Synchronreluktanzmotor und der jüngsten Generation seiner Etanorm-Pumpenbaureihe kombiniert.
Neue Technologie reduziert Gehäusegrößen von 43 auf 18
Der Asynchronmotor zeichnet sich vor allem durch eine hohe Effizienz am Bemessungspunkt aus. Er ist simpel konstruiert, leicht zu warten, erreicht hohe Standzeiten und ist dabei günstig im Anschaffungspreis. Aus den durch das Stromnetz vorgegebenen Frequenzen von 50 Hz beziehungsweise 60 Hz und den üblichen Polzahlen dieses Motortyps – zwei- oder vierpolig – ergeben sich 1450 oder 2950 min-1. Aufgrund des sogenannten Schlupfes laufen die Rotoren etwas langsamer als das sie umgebende Magnetfeld.
Bei der klassischen Auslegung erfolgt das exakte anpassen an den geforderten Förderstrom bisher durch das Bereitstellen vieler verschiedener Pumpengehäusegrößen und durch verringerte Laufraddurchmesser. Bei der Etanorm sind es allein 43 Gehäusegrößen. Durch die Verwendung der „My Flow Technology“ benötigt der Anwender nur noch 18 Größen, um das gleiche Q/H-Raster abzudecken.
In aufwendigen Kennfelduntersuchungen und Berechnungen konnten KSB-Entwickler nachweisen, dass sich dabei keine Nachteile in Bezug auf den hydraulischen Wirkungsgrad und das Saugverhalten der Pumpen ergeben. Einstellbar sind Drehzahlen im Bereich zwischen rund 1000 und 4500 min-1. Das bedeutet, man erreicht die gleiche Pumpleistung in der Regel mit einem kleineren Gehäuse. Weniger Material bedeutet weniger Kostenanteile der Hydraulik und weniger Platz bei der Lagerhaltung. Natürlich vereinfachen sich damit auch die Produktdatenpflege und die Bestandsführung der Anwender.
Individualisierung der Pumpe erst nach Bestelleingang
Die Versorgungsspannungssysteme weltweiter Netze von 380 bis 480 V mit 50 oder 60 Hz werden unterstützt, ohne dass Sondermotorenwicklungen notwendig wären oder die Pumpenleistung dadurch variieren würde. Dank werkseitig definierter Drehrichtung entfällt der Aufwand für die Drehrichtungskontrolle, die bei ungefüllter Anlage häufig Vorschädigungen der Gleitringdichtung verursacht hat.
In der Praxis sorgt die stark reduzierte Variantenvielfalt dafür, dass Pumpen nicht mehr zwangsläufig auftragsspezifisch gefertigt werden müssen. Sie sind daher problemlos zu lagern. Ihre Individualisierung erfolgt innerhalb weniger Minuten nach Eingang einer Bestellung oder sogar erst in einer Anlage. Einfacher wird die Lagerhaltung auch deshalb, weil die Aggregate universell einsetzbar sind.
Synchronreluktanzmotoren als Antrieb für Pumpen mit konstanter Drehzahl
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Pumpenantriebe
Altes Motorkonzept revolutioniert Pumpenantriebe dank moderner Technik
Ein weiterer technischer Vorteil dieses neuen Antriebskonzeptes für Pumpen mit konstanter Drehzahl ist die Nutzung des Synchronreluktanzprinzips bei den Motoren. Diese IE5-Motoren vom Typ Supreme zeichnen sich durch einen bis zu 4 % höheren Wirkungsgrad am Bemessungspunkt und vor allem durch deutlich höhere Teillastwirkungsgrade gegenüber Asynchronmotoren aus (Bild 4). Außerdem kommen diese Motoren mit der normalen Kupferration eines IE2-Motors aus und im Gegensatz zu konventionellen Synchronmotoren benötigen sie auch keine Magnetwerkstoffe wie etwa Seltene Erden.
Auf den ersten Blick macht der Frequenzumrichter den neuen Antrieb zwar etwas teurer, vergleicht man aber die realen Investitionskosten der Systeme mit allen Komponenten, die beim Einsatz eines Asynchronmotors verbaut sein müssen, kommt man auf ähnliche Gesamtkosten.
Dieser muss durch geeignete Schutzeinrichtungen direkt oder indirekt vor Übertemperatur geschützt werden. Ab 5,5 kW Leistung sind aufwendige Maßnahmen zur Anlaufstrombegrenzung wie beispielsweise eine zeitgesteuerte Stern-Dreieck-Schaltung vom Elektroversorger gefordert. Zu diesem Zweck muss die Motorleitung dann 7-adrig ausgeführt werden, was deutliche Mehrkosten verursacht. Der Minimalumrichter macht die Planung und Installation solcher Maßnahmen überflüssig und senkt damit die Kosten.
Neues Antriebssystem liefert Daten an übergeordnete Leitwarte
Im Unterschied zu Asynchronmotoren, die mit Ausnahme eines Temperatursignals (PTC) keine Zustandsinformationen oder Betriebsdaten zur Verfügung stellen können, bietet der neue Antrieb eine Modbus-Kommunikationsschnittstelle zur Kommunikation mit einer übergeordneten Leitwarte. Vom Start-Stopp-Signal bis zur Fehlerhistorie bietet diese Schnittstelle volle Transparenz und Fernzugriff für Industrie-4.0-Konzepte. Zu jeder Zeit können aktuelle Informationen wie Förderhöhe, Förderleistung, Stromverbrauch, Drehzahl und vieles mehr ausgelesen werden.
Der Gedanke, Förderleistungen direkt im montierten Zustand einzustellen anstatt auf einen berechneten Betriebspunkt, hat großen Charme. Schließlich ist es kein Geheimnis, dass bei Planung und Ausführung gerne mit Sicherheitszuschlägen gearbeitet wird. Jede am Auswahlprozess einer Pumpe beteiligte Instanz rechnet noch eine Reserve oben drauf. Häufig weichen bei der Montage die Rohrdurchmesser oder die Nennweiten der verbauten Ventile vom Plan ab. Dann entfernt sich der berechnete Betriebspunkt einer Pumpe immer weiter vom realen Arbeitspunkt. Sicherheitszuschläge von 10 bis 15 % sind daher keine Ausnahme, sondern vielmehr die Regel. Folglich laufen viele Pumpen in der Praxis nicht energieeffizient.
Drehzahlanpassungen sind jederzeit möglich
Außerdem kann es selbst bei einer optimalen Konditionierung des Fördermediums im Lauf der Zeit zu Inkrustierungen im System kommen, die den Förderwiderstand erhöhen und den Betriebspunkt einer Pumpe in Richtung Fördernullpunkt wandern lassen. Mit einer Drehzahlanpassung, wie sie in dem neuen Antriebskonzept integriert ist, sind – im Unterschied zum klassischen Vorgehen – jederzeit Anpassungen möglich. Das gelingt mittels sogenannter virtueller Laufradanpassung unter Verwendung einer von KSB zur Verfügung gestellten App für iPhones oder Android-Geräte.
Seit gut 100 Jahren sind die robusten und vor allem günstigen Asynchronmotoren für Pumpen mit konstantem Förderstrom die erste Wahl. Der Griff zur einfachen Technik erfolgt nahezu reflexartig. Über die Nachteile, die ihr Einsatz mit sich bringt, sind sich die meisten Anwender nicht im Klaren. Im Zeitalter von Vernetzung, Kommunikation und dezentraler Intelligenz ist es höchste Zeit, diesen Reflex zu hinterfragen.
KSB auf der Hannover Messe 2017: Halle
* Daniel Gontermann ist Leiter Produktmanagement Antriebe und Mechatronik-Lösungen bei der KSB AG in 67227 Frankenthal
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