Schmierstoffentwicklung Virtuelles Labor optimiert Schmierstoffzusammensetzung
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Am Fraunhofer-Institut für Werkstoffmechanik IWM hat man ein virtuelles Labor entwickelt, mit dem sich die Auswirkungen elektrischer Felder auf die Stabilität von Schmierstoffen vorhersagen lassen.

In tribologischen Systemen wie Lagern, Getrieben nebst Dichtungen beeinflussen elektrische Felder die Wirksamkeit von Schmierstoffen und somit auch die Lebensdauer eingesetzter Bauteile, wie die Forscher des IWM sagen. Besonders kritisch sei die elektrische Aufladung, wenn es um die Elektromobilität oder um Windkraftanlagen gehe. Denn in diesen Systemen wird vergleichsweise viele Schmierstoff gebraucht, der etwa die Reibung der Lager der Rotoren verhindert. Das Schmiermittel kann aber nach und nach degradieren, was im schlimmsten Fall zum Totalausfall der Anlage führt, wie es weiter heißt. Diese Degradation wird unter anderem durch die in den Schmierstoffen eingesetzten Additive ausgelöst, die von den elektrischen Feldern beeinflusst werden. Kurzfristige oder dauerhafte Entmischung dieser Zusätze können außerdem zu Spannungsdurchschlägen führen und wichtige Bauteile auf diese Art schädigen. Deshalb müssen die Schmierstoffe turnusmäßig überwacht werden, was viel Aufwand bedeutet.
Den Schmierstoffen ein längeres Leben geben
Im Verbundprojekt „Lube.Life“ wurde nun aber ein Sensorsystem entwickelt, dass aus Infrarot-, Feuchtigkeits-, Akustik- und Reibungssensoren besteht und auch die passende Auswerteelektronik für eine Echtzeitüberwachung solcher Schmierstoffe beinhaltet. Die Sensorsignale werden dabei per Software des Projektkoordinators Qass gesammelt und in einem virtuellen Schmierstofflabor – dem Herzstück der Software – analysiert. Das ermöglicht nach Aussage der Projektpartner die Bewertung bestehender Schmierstoffe hinsichtlich ihrer elektrotribologischen Eignung sowie mit Blick auch die Qualifizierung von Additiven. Aber auch die Vorbewertung beim Design eines Schmierstoffs kann damit erfolgen. Durch geeignete Nachadditivierung könnten Schmierstoffe anhand der Ergebnisse stabilisiert werden, um ihre Nutzungsdauer zu erhöhen. Mit dem virtuellen Schmierstofflabor lässt sich aber auch die Zusammensetzung der Additive in einem Schmierstoff ändern. Das kann etwa von Vorteil sein, wenn dieselben nicht mehr lieferbar, aus Gründen des Umweltschutzes gesetzlich verboten sind oder wenn ein Additiv Tröpfchen bildet und die dielektrischen Eigenschaften des Schmierstoffs damit so verändert, dass er nicht mehr richtig funktioniert.
Smartes Schmierstofflabor nützt auch anderweitig ...
Die Forscher können aber auch noch viele andere Parameter des Schmierstoffs physikalisch berechnen, heißt es weiter. Dazu gehört etwa die Viskosität, die Wärmeleitfähigkeit sowie die chemische Reaktionsfreudigkeit mit Oberflächen. In Interaktion mit dem virtuellen Schmierstofflabor ließe sich dann ermitteln, welche Auswirkungen die Zugabe einer bestimmten Menge eines Additivs auf das Schmiermittel hat. Es könnten aber auch Benachrichtigungen zur Auslösung eines Wartungsauftrags oder zur automatisierten Nachdosierung von Additiven erfolgen.
Außer der Überwachung von Windkraftanlagen ist das echtzeitfähige sowie dezentrale Analyse- und Prognosesystem für Schmierstoffe auch im Rahmen von Anwendungen in der Industrie- und für Produktionsanlagen sowie in Kraftwerken denkbar, so die IWM-Forscher. Anstelle starrer Wartungsfristen könnten Betreiber damit die Wartung flexibilisieren und den Gegebenheiten anpassen. Aber auch bei der Auslegung von Schmierstoffen kann das virtuelle Schmierstofflabor seine Stärken ausspielen, indem es wichtige Hinweise für neue Formulierungen liefert.
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