Trends Von 4D-Druck bis 3D-Druck-Fabrik
Was hat uns das Jahr 2019 bisher in der Additiven Fertigung gebracht und wo geht die Reise noch hin? Wir haben die Aussagen von Experten und die bereits umgesetzten Trends zusammengebracht.
Anbieter zum Thema

- Anwendungen werden stärker fokussiert. Das wiederum befördert die Ausbildungssparte. Neben erweiterten Studiengängen finden sich auch Weiterbildungsangebote.
- Im Bereich der Werkstoffe wird viel Neues im 3D-Kunststoffdruck erwartet. Im Metallsektor arbeiten Unternehmen intensiv an der Druckbarkeit von Kupfer.
- Im April wurde die erste vollautomatisierte Produktionslinie für Additive Fertigung vorgestellt.
3D Printing Accelerates, 4D Printing Gets Started“ (3D-Druck nimmt zu, 4D-Druck beginnt) titelte Pete Basiliere Anfang diesen Jahres in seinem Blog bei Gartner. Er ist Research Vice President des Marktforschungsunternehmens. 4D-Druck heißt, dass sich ein additiv gefertigtes Bauteil aufgrund äußerer Reize verändert. Vorstellbar ist ein Flugzeugflügel, der sich der Windgeschwindigkeit anpasst. „Airbus, Autodesk, HP und Stratasys haben bereits publik gemacht, dass sie am 4D-Druck arbeiten”, schreibt Basiliere weiter. Zudem hält er es für wahrscheinlich, dass auch Unternehmen der Militärtechnik an solchen Projekten beteiligt sind. „Im Jahr 2023 werden Start-ups, die an der Markteinführung für 4D-Druck arbeiten, 300 Mio. Dollar Risikokapital einnehmen”, ist seine Einschätzung.
Auf unserem Partnerportal Mission Additive spricht Prof. Dr. Kristina Shea von der ETH Zürich über die neuen Funktionalitäten und Einsatzmöglichkeiten des 4D-Drucks.
Anwendungen
Während also einige von den Möglichkeiten des 4D-Drucks träumen, bringt uns die Vorhersage von Materialise wieder in die Realität zurück. Bereits für 2018 hatte das belgische Softwarehaus und Auftragsfertigungsunternehmen einen „nutzungsorientierten Ansatz“ als Trend vorhergesehen. Also weg von immer neuen Verfahren und Techniken hin zur Identifizierung sinnvoller Anwendungen. Wer kauft schon eine Maschine, wenn er nicht weiß, was er damit anfangen könnte? Laut Materialise wird sich „diese Tendenz verstärken, da die anwendungsorientierte Herangehensweise des 3D-Drucks in der Finanzwelt an Bedeutung gewinnen dürfte“. Es geht auch darum, die Anwender anzuregen, die Additive Fertigung zu nutzen. Trotzdem haben in den vergangenen Monaten einige Hersteller neue Verfahren vorgestellt. So verkündete Stratasys im Herbst, man arbeite an einem Verfahren für die Metallfertigung namens LPM (Layered Powder Metallurgy), und Formlabs treibt den Kunststoffdruck mit LFS (Low-Force Stereolithography) weiter voran.
In Asien wiederum sei der Fokus auf die Anwendung ein klarer Trend, heißt es in der Einschätzung von Materialise weiter, die dortigen Regierungen förderten inzwischen Beratungs- und Co-Creation-Projekte im Bereich des 3D-Drucks. „Die Schaffung und Stimulierung der Nutzernachfrage wird den 3D-Druck tatsächlich weiter beschleunigen“, so Materialise-CEO Fried Vancraen. Das Unternehmen selbst unterstützt beispielsweise die südkoreanische Regierung im Rahmen von Co-Creation-Projekten.
Weiter- und Ausbildung
Solche regierungsgetriebenen, aber auch von Unternehmen selbst finanzierten Beratungsleistungen sind nötig, weil das Wissen um die additiven Verfahren und ihre Besonderheiten fehlt. Daher bieten einige IHKs inzwischen Fortbildungen an, beispielsweise die IHK Mittleres Ruhrgebiet. Der Verband 3D-Druck hat mit dem Kunststoff-Institut Lüdenscheid sogar Qualitätsstandards für einen Grundlagenlehrgang definiert und beim Europäischen Markenamt eintragen lassen. Den Kurs zum „Verfahrensmanager industrieller 3D-Druck“ bietet das Kunststoff-Institut Lüdenscheid diesen Juni zum ersten Mal an.
:quality(80)/images.vogel.de/vogelonline/bdb/1578900/1578966/original.jpg)
Vom Ingenieur zum 3D-Drucker
Das lernt eine Fachkraft für Additive Fertigung
Werkstoffe
Mehr Anwender und Anwendungen heißt anscheinend auch mehr Werkstoffe. Besonders Materialien, die aufgrund ihrer Eigenschaften neue Funktionen ermöglichen, werden von Materialise erwartet. Damit soll es Unternehmen möglich sein, den konstruktiven Nutzen und den Wettbewerbsvorteil, den Additive Fertigung bieten kann, auszuspielen, ohne am Kostenfaktor hängen zu bleiben.
Doch es kommen Herausforderungen auf die Maschinen- und Materialhersteller zu: Gegeben sei „die Notwendigkeit einer Materialstandardisierung und einer besseren Maschinensteuerung, insbesondere für Branchen mit hohen Qualitätsanforderungen wie die Luft- und Raumfahrt und die Medizintechnik“, schreiben die Belgier in ihrem Trendreport.
- Wie erfolgt bei Ihnen die Nachbearbeitung additiv gefertigter Bauteile?
- Welcher Nachbearbeitungsschritt erfordert den höchsten Aufwand?
- Was haben Sie bisher unternommen, um den Nachbearbeitungsaufwand zu senken?
- Was planen Sie in näherer Zukunft, um den Nachbearbeitungsaufwand zu senken?
- Welche Möglichkeiten zur Nachbearbeitung additiv gefertigter Bauteile vermissen Sie bei den aktuell erhältlichen Maschinen und Verfahren?
- Kunststoffe
In diesem Jahr erwartet Materialise ein starkes Wachstum im Bereich der Kunststoffe für die Additive Fertigung. Dafür sprechen wachsende Materialdatenbanken, das vermehrte Einsteigen großer Chemiekonzerne beziehungsweise Werkstoffherstellern in den 3D-Druck wie BASF und neue Verfahren im Polymerbereich wie das LSF von Formlabs. Auch 3D-druckbare Elastomere konnte man bei Unternehmen vermehrt sehen.
Als einen gesonderten Punkt führt Materialise „technologie-neutrale Vernetzung“ an und meint damit offene Marktmodelle. Diese findet man zunehmend unter den Kunststoffen. Ein Beispiel dafür ist die offene Materialdatenbank von Ultimaker. Auch andere Maschinenhersteller versteifen sich nicht mehr darauf, dass ihr ganz spezieller Werkstoff gekauft werden muss, sondern öffnen sich für Materialien verschiedener Hersteller. Technologieneutrale Vernetzung und offene Marktmodelle sind aber auch Themen, welche die Vernetzung von Maschinen betreffen.
- Kupfer
Auch im 3D-Metalldruck tut sich etwas. Das additive Fertigen von Kupfer rückt immer mehr in Reichweite. Bereits auf der Formnext 2018 konnte man bei Trumpf und Heraeus den kommenden Anspruch sehen. Der Materialhersteller Heraeus hat ein leitfähiges, mikrolegiertes Kupfer produziert, dass mit Standarddruckern in SLM- und LBM-Verfahren verarbeitet werden kann. Dabei sollen Dichten von 99,8 % und eine elektrische Leitfähigkeit von mindestens 90 % erreicht werden. Der Auftragsfertiger Protolabs verwendet für seine 3D-Druck-Services das niedrig legierte Kupfer CuNi2SiCr und druckt auf einer Concept-Laser-Maschine. Auch der Auftragsfertiger Protiq freut sich, ein hoch leitfähiges Kupfer drucken zu können. Außerdem stellte Trumpf auf der Formnext 2018 erste Exponate aus Reinkupfer aus, die man mit einem grünen Laser additiv gefertigt hatte. Dafür hatten die Entwickler den Scheibenlaser Trudisk 1020 an den 3D-Drucker Truprint 1000 angebunden.
Und was meint Basiliere von Gartner zu den Metallen? „Bis 2020 werden Metalle und -legierungen zu einem kritischen Element in den Lieferketten für Ersatzteile in kommerziellen, militärischen und sogar einigen Verbrauchermärkten werden.“ Denn „das Ziel vieler Unternehmen sind 3D-gedruckte Metallteile“, schreibt er in seinem Blog. „Der 3D-Druck kleiner Mengen dieser reinen Metall- oder Metalllegierungsteile ist besonders attraktiv in Märkten wie Flugzeugen, Raumfahrzeugen, Wasserfahrzeugen und Unterwasserfahrzeugen, militärischen und medizinischen Geräten sowie Fertigungssystemen.“ Außerdem sieht er die Additive Fertigung von Composites im Kommen.
3D-Druck-Fabrik
Die Automatisierung von Additiver Fertigung und eine Integration in die Produktion waren schon vergangenen Herbst ein Thema, zu dem sich so gut wie jeder große Maschinenhersteller gezwungen sah, etwas beizutragen. Unter anderem natürlich auch, weil Anwender aus Automobil- und Auftragsfertigung bereits ihre eigenen automatisierten 3D-Druck-Fabriken auf die Beine stellen. Aber auch, weil eine Maschine, die nur per Hand zu bedienen ist, sicherlich keine Zukunft in einer zu Industrie 4.0 und Digitalisierung getriebenen Produktion hat. Nebenbei gibt es noch wichtige Argumente, die eine automatisierte Additive Fertigung mit sich bringt, wie Reproduzierbarkeit, Rückverfolgbarkeit oder finanzielle Einsparungen.
Die meisten Unternehmen haben erzählt, wie sie sich eine automatisierte Produktion vorstellen. Gezeigt, wie eine komplett automatisierte, digitalisierte und menschenleere Produktion aussieht, hat EOS. Gemeinsam mit Daimler und Premium Aerotec hat man im friesischen Varel eine Linie inklusive Pre- und Postprocessing aufgebaut und Ende April vorgestellt. Der einzige Mensch sitzt im Leitstand und gibt acht. Fünf Teams haben zwei Jahre lang daran gearbeitet. Am schwierigsten, wie sie immer wieder betonen, war die Kompatibilität zwischen den unterschiedlichen Maschinen. Zwar wird in Varel durchaus schon produziert, aber so wirklich fertig sind sie noch nicht. Denn bisher deckt Next-Gen-AM die Bedürfnisse von Luftfahrt- und Automobilherstellern ab. Aber noch nicht die anderer Branchen.
:quality(80)/images.vogel.de/vogelonline/bdb/1575900/1575995/original.jpg)
3D-Druck-Fabrik
Die Ergebnisse des NextGenAM-Projekts
Software
Auch bei der Additiven Fertigung geht es um Wirtschaftlichkeit. Das heißt: Kosten senken und Effizienz steigern. „Software spielt dabei eine Schlüsselrolle“, sagt Stefan Motte, Software Vice President bei Materialise. Software ermöglicht es, Aufgaben während des gesamten 3D-Druckprozesses zu automatisieren, schreibt Materialise. Das belegen auch die Erfahrungen des Next-Gen-AM-Projektes. Doch es geht nicht nur darum, die Konstruktionsdaten in die Maschine zu bringen, den Druckjob zu starten und Bauplatten mit Robotern und fahrerlosen Transportsystemen von A nach B zu transportieren. Mit einem während der Konstruktion erstellten digitalen Zwilling der Bauteile wird auch die Nachbearbeitung gespeist und die Qualitätsprüfung automatisiert.
Materialise setzt noch spezieller an. Bereits in der Simulationssoftware sieht man die Möglichkeit, die Produktivität zu verbessern. Denn durch eine Simulation des Druckprozesses könnten Produktionsmitarbeiter potenzielle Baufehler bereits vor Baubeginn erkennen.
:quality(80)/images.vogel.de/vogelonline/bdb/1567300/1567360/original.jpg)
Simulation
Kaum Verzug beim metallbasierten 3D-Druck
(ID:45890064)