VDMA Wege aus der demografischen Falle

Redakteur: Jürgen Schreier

Hamburg (kf) – Die größte Herausforderung für die deutsche Industrie in den nächsten 20 Jahren wird weder die verstärkte Konkurrenz auf ausländischen Märkten sein noch der Nachwuchsmangel im Inland. Vielmehr wird es in erster Linie darum gehen, ob es der Industrie gelingt, die Baby-Boomer produktiv bis zum Rentenalter zu beschäftigen.

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An diesem Punkt waren sich die Teilnehmer der Podiumsdiskussion „Für immer jung? Strategien aus der Demografiefalle“ auf der VDMA-Mitgliederversammlung in Hamburg einig. Bis 2010 wird jede vierte Arbeitskraft bereits mehr als 50 Jahre alt sein und bis 2050 wird das Durchschnittsalter der Bevölkerung 48 Jahre betragen. Ähnlich wie ein Tsunami bewegt sich die Generation der zwischen 1946 und 1964 Geborenen durch die Bevölkerungsstatistiken. Das Problem der zunehmenden Veralterung der Belegschaft wird aber in den meisten Betrieben noch nicht erkannt, meinten die Teilnehmer.

Unternehmen müssen ältere Mitarbeiter besser einbinden

Wie Prof. Ernst Kistler, Direktor am Internationalen Institut für Empirische Sozialökonomie, Augsburg, auf der Veranstaltung ausgeführt hat, gibt es auch deutliche regionale Unterschiede in der Entwicklung der Bevölkerungszahl. In einer Studie aus dem Jahr 2006 gaben etwa ein Viertel der befragten Unternehmer an, Mitarbeiter, die über 50 Jahre alt sind, nicht einstellen zu wollen.

„Das geht so nicht,“ kommentierte der Ökonom. Stattdessen sollten Unternehmer Maßnahmen ergreifen, um die älteren Mitarbeiter besser einzubinden. Aber auch hier ist nach Aussage Kistlers der Trend negativ: 2006 boten nur 17% der befragten Unternehmen Maßnahmen für ältere Mitarbeiter an; vier Jahren zuvor waren es noch 20% gewesen.

Fachkräftemangel bleibt drängendes Thema

Wie Maschinenbau Unternehmen sich am besten auf den demografischen Wandel einstellen können, hat der VDMA in einem Arbeitskreis seit 2001 eruiert. Die Hauptthemen dieses Kreises sind Fachkräftemangel, Gesundheitsrisiken, Qualifikationsdefizite und Wissensverlust. Einige Unternehmen wie Voith, Fahrion und Hans Lingl stellten in der Diskussion ihre Strategien zur Bewältigung der demografischen Herausforderung vor.

Besonders erfolgreich waren zum Beispiel die Stellengesuche von Fahrion, einem mittelständischen Ingenieurbüro. Hier wurden gezielt Ingenieure, die älter als 50 Jahre waren, angesprochen. Mehr als 500 Ingenieure hatten sich daraufhin beworben.

Junge Menschen an technischen Berufe derzeit wenig interessiert

Dass dem Maschinenbau die Fachkräfte fehlten, liege nicht vornehmlich an den geburtsschwachen Jahrgängen, betonte auch Dr. Thomas Lindner, Geschäftsführender Gesellschafter der Groz-Beckert KG, Albstadt. Lindner: „Technische Berufe sind nicht attraktiv genug für junge Menschen oder den Schulabgängern fehlen die Voraussetzungen, um technische Berufe zu erwerben. Wir brauchen junge Menschen, die mit ihrem Schulabschluss ausbildungs- und studierfähig sind und wir brauchen eine Ausbildung, die effizient und zukunftsfreundlich gestaltet ist, so dass die erworbene Kompetenz die Mitarbeiter und das Unternehmen gleichzeitig zukunftsfähig machen.“

Anders als viele Kommentatoren derzeit möchte Lindner die Bildungsverantwortung jedoch nicht an die Politik alleine abschieben. „Verantwortung für die Schulen tragen nicht der Staat und die Lehrer, sondern alle Bürger. Alle Unternehmer sind aufgefordert das Bildungsniveau zu verbessern“, meinte Lindner.

Wie Unternehmen konkret die Ausbildungseffizienz steigern können, zeigt eine neue VDMA-Studie auf, die in diesem Jahr noch veröffentlicht werden soll. 100 „Best Practice“ Beispiele sollen einerseits Unternehmen zur Nachahmung animieren und andererseits Politik und Schulverwaltung darauf hinweisen, wie die Zusammenarbeit zwischen Schulen und Unternehmen verbessert werden kann.

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