Industrie 4.0 Wenn die Produktion mit dem Back-Office spricht

Autor / Redakteur: Math Huntjens / Stefanie Michel

Daten werden immer wichtiger und spielen eine zentrale Rolle bei der Umsetzung der Industrie 4.0. Mithilfe von Sensorik können alle Maschine, Produkte und auch Produktionsstätten zu digitalen Informationsquelle werden. Verknüpft man all diese Informationen, lassen sich Prozesse effizienter steuern und die Arbeit für den Mitarbeiter erleichtern.

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Ist in der Produktion alles in Ordnung? Aus dem Back-Office heraus erhält der Mitarbeiter die entsprechenende Informationen und kann bei Bedarf handeln.
Ist in der Produktion alles in Ordnung? Aus dem Back-Office heraus erhält der Mitarbeiter die entsprechenende Informationen und kann bei Bedarf handeln.
(Bild: BCT Deutschland)

Um ihre Geschäftsprozesse zu digitalisieren, investieren Unternehmen zunehmend in Software und IT. Die „Studie IT-Trends 2018“ des Beratungsunternehmens Capgemini zeigt, dass das IT-Budget stetig steigt und damit vor allem in den Ausbau der Digitalisierung sowie in die Entwicklung neuer IT-Produkte und -Services investiert wird. Die Motivation der Unternehmen: Kosten senken, Effizienz erhöhen und Produktivität steigern. Dabei sollte der Blick auch über die Produktionshallen hinaus in die Büroräume der Unternehmen gehen. Der Digital Workplace als zentrale Informations- und Arbeitsplattform gewinnt zunehmend an Bedeutung und umfasst mehr als nur die Möglichkeit, mit einem Smartphone unterwegs E-Mails abzurufen. Vielmehr geht es darum, ein Informationsmanagement einzurichten, das darauf ausgerichtet ist, Informationen losgelöst von strukturierten Quellen wie Dokumenten bereitzustellen. Es bedarf also eines Systems, das die Grenzen zwischen der realen und virtuellen Welt überwindet und eine übergreifende Kommunikation über das Internet of Things (IoT) ermöglicht. Eine Verknüpfung der beiden Welten ist mit einem Object Management System (OMS) möglich, in dem beliebig viele oder komplexe reale Objekte virtuell definiert, verwaltet und somit als digitale Informationsquellen genutzt werden.

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Physische Objekte werden smart

Ein OMS ist ein vollständig autonomes, aber anbindungsfähiges System, das problemlos in die bestehende IT-Infrastruktur des Unternehmens integriert werden kann. Die eigentliche Brücke zwischen realer und virtueller Welt wird geschlagen, indem zunächst physische Objekte mit einem Sensor ausgestattet werden. Diese Bauteile bilden die Basis der Vernetzung, denn sie können in beliebiger Form in jedes Objekt eingebaut werden und machen es dadurch smart. Die Kommunikation und Interaktion von physischen und virtuellen Objekten kann dann sowohl über die für kleine Datenmengen besonders geeignete und energieeffiziente Long-Range-Technologie erfolgen als auch über Wi-Fi oder andere Internetprotokollverbindungen.

Die über die Sensoren gemessenen Daten liefern sowohl faktische Angaben zu den Eigenschaften des physischen Objekts – eine Tasse ist etwa ein zylinderförmiger, hohler Gegenstand mit Henkel – aber auch zu seinen Funktionen beziehungsweise dem Verhalten. Eine Tasse kann also auch als füllbares Gefäß für verbrennungsfreies Trinken beschrieben werden. Die gesammelten Daten werden in ein Datacenter weitergeleitet. Hieraus liest das OMS schließlich die wesentlichen Informationen aus und definiert das physische Objekt als virtuelles Objekt. Über Open APIs lässt es sich in einem letzten Schritt mit einer Vielzahl dokumenten- und prozessverarbeitender Systeme verbinden, etwa mit einer ERP- oder CRM-Software.

Verknüpfen mit Dokumenten und Prozessen

Man kann beispielsweise als Basisoption eine Produktionshalle als virtuelles Objekt definieren und mit konkreten Informationen etwa in Form von Dokumenten verknüpfen. Im OMS wird also alles abgelegt, was man über die Immobilie wissen muss. Das können Eigenschaften wie die Anschrift und Quadratmeterzahl sein, aber auch Informationen über den eigentlichen Verwendungszweck, dass die Halle etwa nicht leer steht, sondern – wie Mietverträge, Rechnungen für Maschinen und schriftliche Sicherheitsmaßnahmen zeigen – aktiv für die Produktion von Automobilteilen genutzt wird.

Einen Schritt weiter geht man, indem man das Objekt mit konkreten Prozessen innerhalb des Unternehmens verknüpft: Ein 3D-Drucker wird in der Produktionshalle mit einem Sensor ausgestattet, der an das OMS die Meldung weitergibt „Patrone des Druckers mit der ID 123 ist leer“. Das System erkennt den Drucker als definiertes, virtuelles Objekt und ist wiederum mit einem Case Management System oder einer anderen prozessverarbeitenden Lösung des Unternehmens verbunden, sodass hier die flexible Vorgangsbearbeitung im Back-Office gestartet wird. Angebunden an die im Unternehmen genutzte ERP-Lösung kann der Drucker beispielsweise die Information „Meine Patrone ist leer“ eigenständig weitergeben und der zuständige Mitarbeiter erhält den Auftrag, eine neue zu bestellen und einzusetzen.

Einfache Integration in bestehende IT-Strukturen

Langfristig kann an ein OMS auch eine M2M-Technologie angeschlossen werden. Dann kann sich der 3D-Drucker eigenständig beim Zulieferer melden, um eine Bestellung aufzugeben. Der zentrale Punkt bleibt dabei, dass ein OMS eine semantische Kontextanalyse ermöglicht, um das Wissen über das Objekt zu vermehren. Oder anders ausgedrückt: Die künstliche Intelligenz des Systems sorgt dafür, dass ein bestimmtes Verhalten ausgelesen werden kann. Beispielsweise ist aufgrund der gesammelten Daten erkennbar, dass in den Wintermonaten mehr gedruckt wird als im Sommer, für den Zeitraum X also mehr Material benötigt wird. Über die Kontextanalyse des OMS kann somit wirtschaftlich nutzbares Wissen generiert und die angebundenen Prozesse dem Verhalten des intelligenten Objekts angepasst werden.

Als separate Softwarekomponente kann ein OMS über Open APIs einfach an die bestehende IT-Infrastruktur angebunden werden und sorgt dafür, dass schneller auf die Anfragen der Objekte reagiert wird. Denn – das ist der wichtige Aspekt – Objekte sollen so intelligent sein wie Mitarbeiter und eigenständig ihre Anfragen an das Unternehmen richten. Außerdem wird die Integration in bestehende Prozesse dadurch erleichtert, dass ein OMS wahlweise in Form einer Website, eines Portals oder einer App genutzt werden kann. Wichtig ist zudem, es flexibel den jeweiligen Bedürfnissen und Anforderungen der Nutzer entsprechend anpassen zu können.

Einhaltung von spezifischen Sicherheitsmaßnahmen

Durch die geschaffene Kommunikations- beziehungsweise Interaktionsfähigkeit zwischen Nutzern und Systemen über neue Schnittstellen steigt der Austausch von Daten und Informationen erheblich. In Punkto Sicherheit liegt die Verantwortung aber nicht allein beim Unternehmen, sondern auch in der von Software-, Cloud- und weiteren Anbietern, mit denen es zusammenarbeitet. Auf Entwicklerebene wird auf die Einhaltung spezifischer Sicherheitsmaßnahmen nach den Methoden „Security by Design“ und „Privacy by Design“ geachtet. Außerdem schützt eine Zugriffsbeschränkung durch Identity Access Management: Jedes definierte Objekt kann nur von autorisierten Mitarbeitern eingesehen werden, die sich etwa über Zugangsdaten entsprechend identifizieren müssen

Laut einer Untersuchung des Marktforschungsunternehmens Gartner werden die Ausgaben für Software und IT auch in den nächsten Jahre steigen und zwar vorraussichtlich jährlich um etwa 3 %. Das ist eine Entwicklung, die das Vernetzt-Sein und den generellen Austausch von Informationen weiter stärkt. Im Privatleben sind längst Audiogerät, Smartwatch oder Auto mit dem Smartphone oder Tablet verbunden. Doch auch für Industrieunternehmen bietet das IoT Chancen für einen Datentransfer, ein Monitoring und folglich die Kommunikation von Objekten mit Menschen – aber auch untereinander. Mit einem Object Management System etablieren sie eine Lösung, mit der physische Objekte zu digitalen Informationsquellen werden. Das Ziel: Den Arbeitsalltag der Mitarbeiter zu erleichtern, Prozesse effizienter zu steuern und miteinander zu verknüpfen sowie Informationen gewinnbringend zu nutzen.

* Math Huntjens ist Manager Technology bei der BCT Deutschland GmbH in 52074 Aachen, Tel. (02 41) 46 36 83 10, info@bctsoftware.com

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