Schadenmanagement Wer den Schaden hat ...

Autor / Redakteur: Andreas Shell / Melanie Krauß

Ob Maschinenbruch, Brand oder IT-Ausfall – kein Unternehmen ist gegen den Eintritt eines Schadens gefeit. Versicherungen allein reichen nicht: Im Schadenfall zählen schnelle Reaktion und gute Vorbereitung, um teure Produktionsausfälle zu verhindern.

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Schon bevor der Schaden eintritt, sollten Unternehmen einige Schritte zu ihrem Schutz beachten.
Schon bevor der Schaden eintritt, sollten Unternehmen einige Schritte zu ihrem Schutz beachten.
(Bild: ©lassedesignen - stock.adobe.com)

Wichtige Weichenstellungen des Schadenmanagements finden weit vor Schadeneintritt statt. Es beginnt mit der Wahl des Versicherers und des Maklers. Hier empfiehlt es sich, auf die Vertrautheit beider mit dem Geschäftsumfeld, der spezifischen Branche und den Bedürfnissen des versicherten Betriebs zu achten. Besondere Größe des Versicherers ist nicht notwendigerweise gefragt, wenn zum Beispiel das versicherte Unternehmen eher kleiner ist und das Prämienvolumen und damit die Kundenverbindung für den Versicherer oder Makler möglicherweise von untergeordneter geschäftlicher Bedeutung sein könnte. Oder wenn etwa der Versicherungsbedarf auf Deutschland beschränkt ist.

Schon vorher Ansprechpartner kennen

Ebenso sollte man im Vorhinein wissen, mit wem konkret man es im Schadenfall zu tun bekommen wird. Idealerweise sollten die Entscheidungsträger im versicherten Unternehmen die Ansprechpartner vor Eintritt eines Schadens kennenlernen – um nicht im Schadenfall auf fremde Menschen zu treffen, zu denen man in der dann vorliegenden Krisensituation erst Vertrauen bilden muss. Auch sollte klar sein, was exakt im Schadenfall die Erwartungen des Versicherers an Kooperation, Input und Dokumentation sein werden.

Die Verantwortlichen im Unternehmen sollten nicht vergessen, dass selbst wenn ein Schaden versichert ist, allenfalls 70 bis 80 % des wirtschaftlichen Schadens abgedeckt sein werden. Marktanteilsverluste und Reputationsschäden werden nicht ersetzt, belasten das Unternehmen aber unter Umständen dauerhaft. Deshalb sollte ein professionelles Risikomanagement auch in kleinen und mittleren Unternehmen fest verankert sein, um Schadenfälle nach Möglichkeit zu vermeiden oder klein zu halten. Dazu gehört auch, Pläne zur Aufrechterhaltung des Betriebs nach dem Schadenfall – sogenannte Business Continuity Pläne – bereitzuhalten. Häufig erwartet auch der Versicherer konkrete Risikoschutzmaßnahmen, die er sich womöglich vom versicherten Unternehmen in Form von Auflagen vertraglich zusagen lässt und die damit rechtliche Bedeutung im Schadenfall erlangen können.

Versicherungsverträge mit Leben füllen

Auch über Risikoschutzmaßnahmen hinaus ergeben sich aus dem Versicherungsvertrag in der Regel zahlreiche Verpflichtungen, die das versicherte Unternehmen schon vor Schadeneintritt zu berücksichtigen hat. Anzeigepflichten zu Gefahrerhöhungen, versicherten Werten, Umsätzen und bekannten Risiken sind zu beachten, will man nicht Einschränkungen oder Deckungsausschlüsse auslösen.

Beim Schadeneintritt gilt es dann, den versicherungsvertragsrechtlichen Pflichten sofort nachzukommen: Unverzügliche Schadenanzeige versteht sich von selbst – bestenfalls dann an die schon bekannten Ansprechpartner gerichtet. Wichtig ist es, gemeinsam den Regulierungsverlauf zu besprechen und Meilensteine zeitlich und inhaltlich zu vereinbaren. Transparenz für beide Seiten hilft, unnötige Konflikte zu vermeiden.

Zeitnah sollten die Verantwortlichen klären, ob und wo es mögliche Probleme mit dem Versicherungsschutz geben kann. Häufig entstehen Konflikte auch dadurch, dass Einzelne im Unternehmen bereits früh eine Erwartungshaltung formulieren und – sogar bis zur Unternehmensspitze – kommunizieren, nur um dann festzustellen, dass die Realisierung problematisch ist. Die Durchsetzbarkeit möglicher Versicherungsansprüche sollte das Unternehmen daher frühzeitig von dritter Seite bewerten lassen, um Enttäuschungen und Fehler in der Schadenregulierung zu vermeiden.

Tipps fürs Schadenmanagement Diese Schritte sollten Sie beachten:
  • Versicherer wählen, der mit dem Geschäftsumfeld vertraut ist
  • Ansprechpartner für den Schadenfall kennenlernen
  • Pläne zur Aufrechterhaltung des Betriebs bereithalten
  • Transparenz für beide Seiten schaffen
  • Ansprechpartner mit hinreichender Vollmacht ausstatten
  • Softwarelösungen zur Koordination der Mitarbeiter im Schadenfall
  • Schadenkosten genau dokumentieren
  • Die ersten 48 Stunden zählen

    Zeit ist Geld – auch und gerade in einem Schadenfall. Dies gilt sowohl für den versicherten Teil des Schadens, mehr noch aber für die Vermögenseinbußen, die nicht versicherbar sind. Rasch sollte das versicherte Unternehmen vom Versicherer Vorauszahlungen fordern, um den Cashflow im Unternehmen zu erhalten, den Wiederaufbau schnell zu initiieren und Zulieferer- sowie Kundenbeziehungen zu erhalten. Ist intern wie extern für den Schadenfall ein Ansprechpartner und Verhandlungsführer festgelegt und mit hinreichender Vollmacht ausgestattet, erleichtert dies die schnelle Schadenabwicklung.

    In der Organisation der Abläufe nach dem Schaden gilt es, vermeintlich banale Dinge nicht zu unterschätzen: Sollen am Folgetag des Schadens alle Mitarbeiter kommen oder bestimmte nicht? Kann man sie erreichen, etwa auch um Hilfe beim Aufräumen zu organisieren? Wer kümmert sich um die Kommunikation gegenüber Öffentlichkeit, Zulieferern und Kunden. Zur internen Koordination und Kommunikation im Krisenfall setzen sich auch im Mittelstand zunehmend Softwarelösungen durch, die idealerweise auch eine Alarmierung der Mitarbeiter an betroffenen Standorten ermöglichen.

    Bevor beschädigte Einrichtung entsorgt wird, sollten zunächst Identität und Wert dokumentiert werden, um anschließend Schadenpositionen geltend machen zu können.
    Bevor beschädigte Einrichtung entsorgt wird, sollten zunächst Identität und Wert dokumentiert werden, um anschließend Schadenpositionen geltend machen zu können.
    (Bild: ©eyetronic - stock.adobe.com)

    Das Finanzcontrolling sollte im Zeitraum der Schadenabwicklung eine eigene Schaden-Kostenstelle einrichten und auf ihr alles dokumentieren, was schadenbezogen sein könnte. Hinterher unter Hunderten Kostenpositionen nach Schadenkosten zu fahnden, ist nicht nur zeitaufwendig, sondern erschwert auch die Kostenerstattung durch den Versicherer. Sinnvoll kann es auch sein, mehrere Kostenstellen einzurichten, etwa um getrennt nach Sach- und Betriebsunterbrechungsschaden zu differenzieren.

    Selbst triviale Dinge zu beachten, lohnt sich: Nicht selten entsorgen Mitarbeiter hoch motiviert bei der Schadenbeseitigung beschädigte oder zerstörte Einrichtung, häufig sogar ohne sie nach Identität und Wert zu dokumentieren, anstatt sie nur auszusondern und zu sammeln. So werden dann Schadenpositionen unter Umständen gar nicht geltend gemacht, weil man sie schlicht vergisst oder nicht belegen kann oder weil der Versicherer plötzlich einwendet, man hätte einiges doch sicher reparieren können, anstatt es zu verwerfen.

    Nichts ist so bunt wie der reale Schadenfall selbst – weshalb an dieser Stelle auch nur grundlegende Tipps gegeben werden können. Dennoch sollte man so wenig wie möglich dem Zufall überlassen. Gute Partner und gute Vorbereitung sind dafür unerlässlich.

    * Dr. Andreas Shell ist Berater für Schadenmanagement und Rechtsanwalt in der Kanzlei Wilhelm Rechtsanwälte in 40217 Düsseldorf und 10629 Berlin, Tel. (02 11) 6 87 74 60, andreas.shell@wilhelm-rae.de, www.wilhelm-rae.de

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