Lineartechnik Wie Ewellix als „neues“ Unternehmen seine Marktposition behauptet
Es ist erst zwei Jahre her, als aus SKF Linear Motion Technologies das Unternehmen Ewellix wurde. Ein paar Monate später kam die Corona-Krise – und heute ist der Lineartechnik-Spezialist erfolgreicher denn je. Wir sprachen mit dem Geschäftsführer der Ewellix GmbH, Swen Wenig.
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Herr Wenig, Ewellix gibt es nun seit fast zwei Jahren als Anbieter von Lineartechnik. Wie hat sich das Unternehmen in der vergangenen Zeit entwickelt?
Swen Wenig: Wir können ja auf eine Historie zurückblicken, die weit über die zwei Jahre hinausgeht. Durch unsere Vergangenheit bei SKF haben wir uns in über 50 Jahren ein großes Know-how in der Linear- und Antriebstechnik aufgebaut. Jetzt gehören wir zum Investor Triton und wollten durch den Namen Ewellix die Agilität und Modernität des neuen Unternehmen ausdrücken. Wir werden im Markt als moderner Lineartechnikpartner wahrgenommen. Und tatsächlich: Wir sind heute viel agiler und schneller.
Hat sich die Eigenständigkeit auch wirtschaftlich für Ewellix ausgezahlt? Die Coronakrise hat sicherlich auch Sie getroffen!
Ja, natürlich hat uns das Coronajahr wie alle getroffen und wir hatten ein herausforderndes 2020. Trotzdem sind wir im Plan. Schaut man sich die Entwicklung der letzten zwölf Monate an, so liegen wir aufgrund unseres stetig steigenden Auftragseingangs klar auf unserem Wachstumskurs 2025. So können wir jetzt schon sagen, dass das Jahr 2021 eines der besten Jahre unserer Einheit sein wird, wenn nicht sogar das beste!
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Lineartechnik
SKF Motion Technologies wird Ewellix
Hat sich Ewellix nun anders aufgestellt als zu SKF-Zeiten?
Die Strukturen sind gut. Jedoch haben wir die zwei letzten Jahre intensiv genutzt, um uns im Hinblick auf unsere Zielmärkte weiterzuentwickeln. Die Automatisierungstechnik, der Bereich der Mobilen Maschinen sowie die Medizintechnik gehören zu den Fokussegmenten. Außerdem sind wir gerade dabei, das Netz unserer Handelspartner gezielt zu verstärken.
Für den Standort Schweinfurt sind die Linearkugellager sehr wichtig, weil sie hier in sehr hohen Stückzahlen gefertigt werden. Gibt es in diesem Bereich neue Entwicklungen?
Wir haben die Linearkugellager der D-Serie entwickelt, die vor allem für Anwendungen in der industriellen Automatisierung geeignet sind. Unsere Entwickler haben die Laufbahngeometrie dieser Lager verändert, sodass größere Kugeln im gleichen Bauraum Platz finden. Somit konnten wir die dynamische Tragzahl der neuen Generation im Vergleich zum Vorgängermodell um bis zu 40 Prozent steigern. Für den Anwender heißt das: Er kann kleinere Lager mit gleicher oder höherer Tragzahl einsetzen. Das spart Bauraum und reduziert Gewicht. Gleichzeitig haben wir mehr Platz für die Schmierstoffversorgung geschaffen, was längere Nachschmierintervalle erlaubt.
Ewellix verfügt über ein breites Portfolio an Linearführungen. Wie unterstützen Sie den Konstrukteur bei der Vorauswahl der richtigen Komponenten?
Für die Auswahl der passenden Linearführung haben wir mit dem Linear Guide Calculator (LGC) das Expertenwissen von Ewellix in einem Programm gebündelt. Anwender erhalten mit dem LGC Zugriff auf ein Berechnungsprogramm zur Auswahl von Präzisionsschienenführungen, Kugel- und Rollenprofilschienen – abgestimmt auf die Anforderungen ihrer Anwendung. Die Entwickler haben beim LGC sehr auf die Benutzerfreundlichkeit geachtet: Das Berechnungsprogramm ist klar strukturiert, nutzt Grafiken und bietet umfangreiche Hilfestellung. Dabei nimmt die Software den potenziellen Kunden an die Hand und führt ihn durch die Auslegungsschritte.
Das heißt konkret..?
Jede Auslegung durchläuft drei Stadien: Zuerst steht die zu lösende Aufgabe im Fokus, anschließend wird der Bauraum betrachtet und erst im letzten Schritt grenzt der Anwender die Komponentenauswahl über verschiedene Filter ein. Uns war es wichtig, die Auswahl so lange wie möglich produktneutral zu gestalten. So können wir dem Anwender mehr Möglichkeiten anbieten und er entdeckt unter Umständen einen Lösungsansatz, den er bisher nicht nicht im Fokus hatte.
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Lineartechnik auf der Blechexpo 2019
Smarte Action in Sachen Aktuatoren
Auf der Motek 2019 haben Sie mit dem Hochleistungsaktuator CASM 100 mit Sensor erstmals ein Produkt vorgestellt, das in Industrie-4.0-Umgebungen integriert werden kann. Wie geht die Entwicklung von „intelligenten“ Aktuatoren weiter?
Wir bauen natürlich unser Programm an smarter Aktuatorik aus – sowohl in Richtung höherer Performance als auch in Richtung wettbewerbsfähigerer Produkte. Ganz aktuell stellen wir gerade für mobile Anwendungen die CAHB-2xS-Serie vor, die im Vergleich zur Vorgängerserie mit intelligenten Steuerungsfunktionen, Positionssensoren sowie einer integrierten Fernüberwachung und -diagnose ausgestattet ist. Unser neuer Kraftsensor wird gerade durch ausgewählte Kunden auf Herz und Nieren geprüft.
Welche Vorteile hat der Anwender vom Einsatz eines intelligenten Aktuators?
Nutzt er unseren CAHB2xS, hat er drei Vorteile: eine kurze Markteinführungszeit, eine höhere Produktivität – und das bei niedrigen Kosten. Konkret bedeutet das, dass unser Kunde seine Maschinenkosten senken kann, indem er eine kostengünstigere elektronische Steuereinheit ohne den erforderlichen Hochstromregler einsetzt. Verwendet er den CAN-Bus J1939, vereinfacht er außerdem die Verkabelung. Wird zum Beispiel das parallele Bewegen mehrerer Aktuatoren benötigt, ist keine zusätzliche Elektronik nötig.
Und was ist mit der Produktivität? Der Aktuator ist schließlich für Maschinen in rauen Umgebungen entwickelt worden.
Natürlich ist der Aktuator robust, um die Anforderungen in mobilen Maschinen zu erfüllen. Die auf dem Display angezeigten Positionsinformationen sind auch dann noch zuverlässig, wenn die Maschine abschaltet oder die Last manuell abgesenkt wird. Was aber die Handhabung im täglichen Umgang erleichtert: Der Aktuator benötigt während seiner gesamten Lebensdauer weder eine Kalibrierung noch einen Reset oder eine Referenzfahrt. Und sollten die Arbeitsbedingungen über dem Grenzwert liegen oder ein Fehler auftreten, erhält der Anwender eine Information über die Onboard-Diagnose.
Ein Ewellix-Produkt – ein Planetenrollen-Gewindetrieb – hat es 2020 sogar bis zum Mars geschafft. Welche technischen Trends sehen Sie für die Zukunft?
Ja, wir sind wirklich stolz darauf, dass im Marsrover Perseverance ein Planetenrollen-Gewindetrieb von uns verbaut ist, der dabei hilft, die aufgenommenen Proben sicher zu lagern. Wenn es um die aktuellen Trends in Industrieanwendungen geht, dann sprechen wir von Miniaturisierung, Flexibilisierung und Gewichtseinsparung. Dabei suchen die Kunden heute nach standardisierten Lösungen, die gleichzeitig individuell sind. Und genau das bilden wir in unseren Produkten ab. Ein weiterer Trend ist die möglichst hohe Wartungsfreiheit. Sei es bei der Reduktion von Nachschmierintervallen hochdynamischer Aktuatoren in der Automatierungstechnik oder bei unserer neuen Generation der Linearkugellager: Um Linearkugellager beispielsweise gegen äußere Verschmutzungen abzudichten, haben wir reibungsarme Doppellippendichtungen entwickelt, die Schmutzpartikel abstreifen. Die werden auch in der neuen D-Serie genutzt.
Herr Wenig, vielen Dank für das Gespräch!
Das Gespräch führte MM-Redakteurin Stefanie Michel
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