Aktivierung von Oberflächen Kunststoffe aktivieren mit Niederdruckplasma
Viele Kunststoffe weisen eine unpolare Oberfläche auf. Das heißt, sie besitzen nicht die erforderliche Oberflächenspannung, um eine ausreichende Haftung, etwa für wasserbasierte Druckfarben, eine stabile Verklebung oder die Generierung von Materialverbünden zu realisieren. Das lässt sich jedoch mit immer weiter verbesserten Prozessen lösen.
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In vielen technischen Anwendungen ist heute die Beschichtung, Bedruckung oder Verklebung von Materialien unerlässlich. Doch dafür müssen Kunststoffoberflächen erst aktiviert werden. Insbesondere bei Polyolefinen ist eine gezielte Funktionalisierung aufgrund der wenig reaktiven Oberfläche nur schwer erreichbar. Als Ausweg stehen physikalische oder nasschemische Verfahren zur Verfügung, wobei physikalische Prozesse wie Plasmabehandlungen umweltverträglicher und in der Handhabung leichter als Ätzmethoden zu gestalten sind.
Plasmaanwendungen werden in der Oberflächentechnik immer wichtiger
Vor diesem Hintergrund gewinnen Plasmaanwendungen und Plasmaanlagen im Bereich der Oberflächentechnik immer größere Bedeutung. Ein Hersteller in diesem Bereich ist die Plasma Electronic GmbH, die ihre Leistungen auch auf der Messe O&S zeigt.
Das Unternehmen, das 1993 gegründet wurde, sieht sich als Wegbereiter zur industriellen Nutzbarmachung der Niederdruckplasma-Technologie. So hat sich das Unternehmen auf die Konzeption, die Konstruktion, den Bau und die Vermarktung von Plasmaanlagen spezialisiert. Schwerpunkte sind die Beschichtung von Oberflächen mit den Technologien PECVD, PVD und PEALD und deren Kombinationen sowie die Aktivierung und Feinstreinigung von Oberflächen. „In unserem eigenen Prüflabor können wir Schichteigenschaften wie Härte, Schichtdicke, Oberflächenenergie und Oberflächenspannung erfassen und analysieren“, erläutert Jan Mokros, bei Plasma Electronic für den technischen Vertrieb zuständig.
Neuartige Kunststoff- oder Metall-Kunststoff-Verbünde
In vielen Bereichen wird heute eine Haftung zwischen zwei Materialien benötigt, ohne eine mechanische Verbindung verwenden zu können oder zu wollen. Für derartige Fälle, in denen die Haftung über die gesamte Grenzfläche erfolgen soll, lassen sich die physikalischen Effekte der Adhäsion und Kohäsion nutzen. Gerade bei temperaturempfindlichen Kunststoffen bieten großflächige Plasmabehandlungen die Möglichkeit, chemisch kovalente Bindungen zwischen zwei Materialien bei Temperaturen unterhalb von 50 °C zu erzeugen. Plasmabehandlungen generieren entweder reaktive Schichten, chemisch funktionelle Gruppen oder Radikale auf der Oberfläche. Damit lassen sich Metalle mit Kunststoffen sowie auch Kunststoffe untereinander verbinden.
Viele technische Kunststoffe sind unter Normalbedingungen gegenüber den meisten Chemikalien inert. Das bedeutet, sie lassen sich an- oder auflösen, aber die Polymerketten gehen keine chemischen Verbindungen ein. Aus diesem Grund lässt sich zum Beispiel Polyethylen (PE) nur sehr aufwendig kleben und ist gegen Säuren und Laugen resistent. Durch ein Plasma werden chemische Bindungen im Polymer aufgebrochen, Fachleute sprechen hier von Fragmentierung. So entstehen offene Bindungen, an denen chemische Verbindungen wie Kleber angreifen können. Eine andere Möglichkeit liegt darin, dass das Plasma funktionelle Gruppen im Kunststoff erzeugt. So kann ein Sauerstoffplasma beispielsweise Sauerstoffatome an Kohlenstoffatome anlagern, sodass an der Oberfläche chemisch reaktive Hydroxygruppen resultieren. Diese funktionellen Gruppen, zu denen auch Amino-, Vinyl-, Silanol-, Carboxy-, Epoxy, Isocyanat- und Thiolgruppen gehören, können chemisch kovalente Bindungen zu anderen Stoffen eingehen. Im Ergebnis entsteht eine perfekte Haftung auf dem Kunststoff.
Insgesamt bietet Plasma Electronic unter der Bezeichnung Actiplas Prozesse an, mit denen verschiedene Materialien chemisch aktiviert werden können. Typische Einsatzgebiete sind:
- Aktivierung von Kunststoffen für das Bedrucken und für bessere Benetzbarkeit,
- Aktivierung von Kunststoffen und Metallen für das spätere Aufbringen von Klebstoffen,
- Aktivierung, um später bestimmte chemische Reaktionen auf der Oberfläche auszulösen oder zu unterdrücken, oder
- Beschichtungen mit einer chemisch aktiven Polymerschicht, um zum Beispiel das Umspritzen mit Kunststoffen zu ermöglichen.
Es können beliebige Kunststoffoberflächen wie ABS, PC, PE, PP, PA, PEEK, aber auch Elastomere aktiviert werden. „Der Aktivierungsprozess wird speziell auf die chemische Zusammensetzung der Kunststoffe zugeschnitten“, sagt Mokros. Durch die Aktivierung im Vakuum ist eine genaue Prozesskontrolle möglich, was zu einer exzellenten Reproduzierbarkeit führt. Die Beschichtung mit chemisch aktiven Plasmapolymeren führt zu Oberflächen, deren chemische Aktivität je nach Lagerung über Wochen gegeben ist. So können auch in einer längeren Produktionskette zum Beispiel Kunststoffe um Metalle gespritzt werden.
Maßgeschneiderte Aktivierungsprozesse für Kunststoffe
Plasma Electronic verfügt über rund 1000 m² Produktionsfläche, das Spektrum der angebotenen Anlagen- und Prozesstechnik reicht von kleinen Laboranlagen für Forschungszwecke bis hin zu Groß- und Sonderanlagen für den industriellen Einsatz. „Wir bieten Anlagen von 10 bis 8000 l Kammervolumen an“, berichtet Mokros. Auf der O&S 2016 wird das Unternehmen insbesondere die plasmaunterstützte chemische Gasphasenabscheidung (PECVD) präsentieren, mit der Haftvermittler auf Kunststoffen oder Metallen aufgebracht werden können. In den ersten Anwendungen wurden auf diese Weise Primer komplett durch eine Plasmabeschichtung ersetzt.
* Klaus Jopp ist freier Journalist in 22337 Hamburg; weitere Informationen: Deutsche Messe AG, 30521 Hannover
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