CE-Kennzeichnung LASI-Papier „Maschinen ohne CE“ liefert Handlungsanleitung
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Das Inkrafttreten der ersten EG-Maschinenrichtlinie 1993 sorgte für eine Zäsur im Maschinen- und Anlagenbau. Seitdem wird zwischen Altmaschinenbestand ohne und gebrauchten bzw. neuen Maschinen mit CE-Kennzeichnung unterschieden. Das LASI-Papier „Maschinen ohne CE“ stellt nun eine bundeseinheitliche und verbindliche Sichtweise her.

Die Sicherheit von Maschinen in Europa oder dem europäischen Wirtschaftsraum regeln europäische Richtlinien, welche die Mitgliedsländer der Europäischen Union in nationale Rechtsvorschriften umsetzen müssen. Diese Richtlinien werden mit dem Ziel erlassen, die Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedsstaaten anzugleichen, um die reibungslosen Abläufe im Binnenmarkt zu gewährleisten.
Umsetzung in Deutschland durch das Produktsicherheitsgesetz
Rechtsgrundlage dieser Richtlinien bildet Artikel 114 des Vertrages über die Arbeitsweise der europäischen Union (AEUV). Sie dienen vorrangig der technischen Harmonisierung und beziehen sich unter anderem auf die Produktsicherheit. In Deutschland erfolgte die Umsetzung der EG-Maschinenrichtlinie (2006/42/EG) durch das Produktsicherheitsgesetz (ProdSG) und die entsprechende Maschinenverordnung (9. ProdSV).
Bereits die Einführung der „ersten“ EG-Maschinenrichtlinie (89/392/EWG) am 1. Januar 1993, die eine zweijährige Übergangsfrist enthielt und im Laufe der letzten Jahre überarbeitet und angepasst wurde (98/37/EG und 2006/42/ EG), verpflichtete die Hersteller ausschließlich sichere Maschinen auf den Markt zu bringen. Maschinen dürfen also nur in Verkehr gebracht oder in Betrieb genommen werden, wenn sie bei bestimmungsgemäßer Verwendung die Sicherheit und die Gesundheit von Personen nicht gefährden. Die Einhaltung dieser gesetzlichen Anforderung bestätigt der Hersteller durch das Anbringen des CE-Zeichens an seiner Maschine. Zudem erklärt er durch das Ausstellen einer EG-Konformitätserklärung, dass die Maschine den gültigen Rechtsvorschriften entspricht (EG-Richtlinienkonformität). Alle Maschinen, die nach dem 1. Januar 1995 in Verkehr gebracht oder in Betrieb genommen wurden, müssen das EG-Konformitätsbewertungsverfahren der jeweils gültigen EG-Maschinenrichtlinie durchlaufen haben.
Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes
Neben den eingangs beschriebenen Binnenmarktrichtlinien wurden auch Richtlinien zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen geschaffen (Grundlage Artikel 153, AEUV). Die EG-Rahmenrichtlinie zum Arbeitsschutz (89/391/EWG) fällt in diesen Bereich. Dabei dürfen die Mitgliedsstaaten, um ein höheres Sicherheitsniveau zu erreichen, auch strengere Maßnahmen fordern als die EG-Richtlinie. Die Maßnahmen sollen zur Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes der Beschäftigten am Arbeitsplatz beitragen. Die nationale Umsetzung der EG-Rahmenrichtlinie in Deutschland erfolgte über das Arbeitsschutzgesetz.
Zur Konkretisierung der EG-Rahmenrichtlinie wurde zudem eine Reihe von Einzelrichtlinien erlassen. Eine von den Arbeitgebern als Benutzer von Maschinen und Anlagen anzuwendende Einzelrichtlinie ist die Arbeitsmittelbenutzungsrichtlinie 89/655/EWG. Die Ursprungsfassung dieser Richtlinie wurde durch die Arbeitsmittelbenutzungsverordnung in deutsches Recht umgesetzt. Im Oktober 2002 wurde sie allerdings außer Kraft gesetzt und durch die (damalige) Betriebssicherheitsverordnung ersetzt.
„Sicherer Betrieb nach Stand der Technik“
Die seit dem 1. Juni 2015 gültige Betriebssicherheitsverordnung fordert, dass Unternehmen ihren Beschäftigten nur Maschinen zur Verfügung stellen dürfen, deren sicheres Betreiben dem Stand der Technik entspricht. Diese Forderung gilt auch für Altmaschinen. In Form einer Gefährdungsbeurteilung muss die Arbeitgeberin bzw. der Arbeitgeber bei der Verwendung von Arbeitsmitteln die auftretenden Gefährdungen, die sich aus den Arbeitsmitteln selbst, der Arbeitsumgebung und den Arbeitsgegenständen, an denen Tätigkeiten mit Arbeitsmitteln durchgeführt werden, beurteilen und daraus die notwendigen und geeigneten Schutzmaßnahmen nach der Maßnahmenhierarchie technisch – organisatorisch – personell ableiten. Eine sogenannte Bestandschutzregelung existiert nicht. Betreiber von Altmaschinen dürfen sich daher nicht auf das Sicherheitsniveau berufen, das zum damaligen Zeitpunkt der ersten Inbetriebnahme gegolten hat. Maßgeblich ist der Zeitpunkt der jetzigen Verwendung.
Grundsätzlich wird von der BGHM die Position vertreten, dass weder das Sicherheitsniveau, welches zur Inbetriebnahme der Maschine gegolten hat als ausreichend angesehen werden kann, noch kann eine vollständige technische Nachrüstung auf den derzeitigen Stand der Technik gefordert werden (z.B. Stand der aktuellen harmonisierten Normen). Durch eine Gefährdungsbeurteilung ist für den jeweiligen Einzelfall festzulegen, wie die Verwendung der Maschine sicher gestaltet werden kann und welche Schutzmaßnahmen zu ergreifen sind, dies gilt auch für bereits in Verkehr gebrachte Maschinen mit CE-Kennzeichnung. Die CE-Kennzeichnung entbindet nicht von den Pflichten, die in der Betriebssicherheitsverordnung auferlegt werden.
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Das Phänomen unvollständige Maschine und welche Normen Konstrukteure wirklich kennen sollten
Maschinen ohne CE-Kennzeichnung
Welche Gründe können vorliegen, dass eine Maschine ohne CE-Kennzeichnung in Verkehr gebracht oder in Betrieb genommen wurde? Mögliche Beispiele dafür sind unter anderem:
- Die Maschine stammt aus den ersten Jahren nach dem Inkrafttreten der EG-Maschinenrichtlinie 89/392/EWG. Allerdings wurde zu diesem Zeitpunkt das EG-Konformitätsbewertungsverfahren nicht konsequent durchgeführt;
- Eigenbaumaschinen, bei denen aufgrund mangelnden Rechtswissens nicht das EG-Konformitätsbewertungsverfahren angewendet wurde;
- Unvollständige Maschinen, die trotz Verbot der Inbetriebnahme „alleine“ (ohne Schutzeinrichtung) betrieben werden oder nach dem Zusammenfügen zur vollständigen Maschine nicht dem EG -Konformitätsbewertungsverfahren unterzogen wurden, und
- Arroganz/Ignoranz der Hersteller von „Unikatmaschinen“.
Unsichere Maschinen gefährden die Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten am Arbeitsplatz. Daher ist es unumgänglich, dass derartige Maschinen einer Überprüfung unterzogen werden, um die Übereinstimmung mit den gesetzlichen Anforderungen festzustellen. Maschinen, die durch den Hersteller ohne CE-Kennzeichnung in Verkehr gebracht oder in Betrieb genommen wurden, sind nicht im Nachhinein dem EG- Konformitätsbewertungsverfahren zu unterziehen. Die Abstellung des Mangels (fehlende CE-Kennzeichnung) kann auch nicht von den Behörden auf Basis der Arbeitsschutzvorschriften (BetrSichV) gefordert werden.
Ein CE-Kennzeichen darf nicht rechtswidrig angebracht werden. Hier sei nochmals erwähnt, dass die EG MRL im Anhang I untersagt, bei der Anbringung der CE-Kennzeichnung das Baujahr der Maschine vor -oder nachzudatieren.
Empfehlung hinsichtlich der Vorgehensweise
Auf Basis des DGUV-Entwurfes und des daraus erschienenen rechtsverbindlichen LASI-Papiers (LASI – Länderausschuss für Arbeitsschutz und Sicherheitstechnik) kann bei Maschinen ohne CE gemäß Abb. 2 vorgegangen werden.
Eine CE-Kennzeichnung kann man nur über eine massive und tatsächliche wesentliche Veränderung der Maschine erreichen. Dies gilt jedoch nur bei einer kompletten Neukonzeption und Neukonstruktion einer Maschine. Die Verfasser möchten an dieser Stelle eindringlich davor warnen, evtl. „pseudonyme “ wesentliche Veränderung durchzuführen. Das Durchlaufen des EG-Konformitätsbewertungsverfahrens im Rahmen der Wesentlichen Veränderung zieht zwangsläufig eine Angleichung ALLER Bauteile auf den aktuellen Stand der Technik mit sich.
Um das gesetzliche Schutzziel „Maschinen müssen sicher betrieben werden können“ zu erreichen, muss deshalb die Maschinensicherheit auf andere Art und Weise gewährleistet sein. Gemäß der Betriebssicherheitsverordnung darf an Maschinen nur gearbeitet werden, nachdem
- eine Gefährdungsbeurteilung durchgeführt wurde,
- die ermittelten Schutzmaßnahmen zum sicheren Betrieb nach dem Stand der Technik umgesetzt sind, und
- festgestellt wurde, dass die Verwendung von Arbeitsmitteln nach dem Stand der Technik sicher ist.
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Norm
Was bedeutet eigentlich CE-Kennzeichnung?
Im Einzelfall eine „besondere“ Gefährdungsbeurteilung möglich
Die höchste Wirksamkeit geht von der Vermeidung, Beseitigung und Reduzierung der vorliegenden Gefährdungen durch technische, organisatorische, persönliche sowie verhaltensbezogene Schutzmaßnahmen aus. Im Einzelfall kann auch eine „besondere“ Gefährdungsbeurteilung je nach aktuellen Status und Gefährdungspotenzial der Maschine verlangt werden:
Dabei kann vom Betreiber verlangt werden, dass Auszüge vom Artikel 5 der EG-Maschinenrichtlinie umgesetzt werden, etwa dass
- die Maschine die in Anhang I aufgeführten, für sie geltenden grundlegenden Sicherheits- und Gesundheitsschutzanforderungen erfüllt,
- die in Anhang VII Teil A genannten technischen Unterlagen verfügbar sind, und
- insbesondere die erforderlichen Informationen wie z.B. die Betriebsanleitung zur Verfügung stehen.
Nicht verlangt werden kann, dass
- das zutreffende Konformitätsbewertungsverfahren gemäß Artikel 12 durchgeführt wird,
- die EG-Konformitätserklärung gemäß Anhang II Teil 1 Abschnitt A ausgestellt wurde und der Maschine beiliegt, und
- die CE-Kennzeichnung gemäß Artikel 16 angebracht wird.
LASI-Papier steht zur Veröffentlichung bereit
Eine Beurteilung bezüglich Sicherheit und Gesundheitsschutz von Maschinen muss daher immer im Einzelfall erfolgen. Vom Betreiber ist eine Besonderheit zu beachten: Das nun zur Veröffentlichung bereitstehende LASI-Papier „Maschinen ohne CE“ wurde Ende 2017 auf den Weg gebracht. Den Anstoß dazu gab die Vorstellung einer „Handlungsanleitung für Maschinen im Betrieb“, welche auf der A+A in Düsseldorf durch die BGHM vorgestellt wurde. Die Handlungsanleitung sollte ein bundesweit einheitliches Vorgehen beschreiben. Diese Handlungsanleitung löste bei Ländervertretungen im Arbeitsausschuss Marktüberwachung eine kontroverse Diskussion aus. Insbesondere der Umgang mit Maschinen im Betrieb ab Baujahr 1995, an welchen keine CE-Kennzeichnung angebracht worden war und der Umgang mit diesen wurden zum Kern der Diskussion. Es zeigte sich, dass der Umgang mit Maschinen ohne CE bis dato bundesweit sehr unterschiedlich gehandhabt wurde.
Vertreter aus den Bereichen Technischer Arbeitsschutz und Marktüberwachung wurden in eine Projektgruppe berufen, welche sich mit der rechtlichen Problemstellung befassen und ein angemessenes behördliches Handeln entwickeln sollten. Die Schirmherrschaft für das Projekt hatte das Bundesland Hessen inne. Die unterschiedlichen Sichtweisen auf eine gemeinsame systematische Herangehensweise und das gemeinsame Verständnis in einem Papier zu vereinen hat Zeit und viele Diskussionen gebraucht, welche durch die Corona-Pandemie zusätzlich erschwert wurden. Umso begrüßenswerter ist es, dass nun eine bundeseinheitliche und verbindliche Sichtweise in einem LASI-Papier veröffentlicht wird.
Dieser Beitrag ist zuerst auf unserem Partnerportal www.konstruktionspraxis.de erschienen.
* Dipl.-Ing. Alois Hüning ist Leiter, Torsten Welz ist Mitarbeiter des Kompetenzzentrum Maschinen der Berufsgenossenschaft Holz und Metall (BGHM). Alois Hüning ist zudem Programmbeirat des Netzwerk Maschinensicherheit.
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