Verchromung Neue Möglichkeiten für den Ersatz von Chrom(VI)
Am 21. September 2017 war „Sonnenuntergang“ für Chrom(VI)-Verbindungen. Sunset day bedeutet im Zusammenhang mit der Europäischen Chemikalienverordnung Reach, dass eine Verwendung ohne besondere Zulassung nicht mehr erlaubt ist. Vor diesem Hintergrund wächst das Interesse an alternativen Prozessen erheblich.
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So hat Atotech den ersten industriellen Prozess zur Hartverchromung auf Basis eines dreiwertigen Chromelektrolyten mit der Bezeichnung Blu-Cr entwickelt. Ein manueller Pilottank wurde bereits ab 2013 in Berlin, eine automatische Pilotanlage im Tech-Center in Bangalore seit 2015 betrieben. Inzwischen wurde eine Vielzahl an Kundenbemusterungen durchgeführt. Hartverchromung ist einer der einfachsten Prozesse in der Galvanisierung, der eine Abscheidung mit ausgezeichneten physikalischen Eigenschaften erzeugt. Durch die spezielle Formulierung des Blu-Cr-Verfahrens ohne Chrom(VI) und Borsäure können die Risiken für Umwelt und Personal drastisch reduziert werden. Da das neue Verfahren entweder Mischmetalloxid- oder Graphit-Inertanoden zum Plattieren verwendet, kann die Hartverchromungsindustrie auch auf toxische Bleilegierungsanoden verzichten.
Chrom(VI)-Alternative bietet schnelle Beschichtung und gute Badstabilität
Blu-Cr weist ähnliche Eigenschaften auf, die mit den sechswertigen Chromprozessen von Atotech verbunden sind. Dies beinhaltet eine schnelle Beschichtungsgeschwindigkeit und bemerkenswerte Badstabilität sowie hohe Härte (800 bis 1100 HV) und Verschleißfestigkeit. „Mit Blu-Cr hebt Atotech Innovationen auf ein neues Niveau“, sagt Rami Haidar, Global Product Manager für Oberflächenbehandlungstechnologie bei Atotech. „Die dreiwertigen Hartchrombeschichtungen stehen im Erscheinungsbild den bekannten sechswertigen Chromablagerungen nicht nach, sie zeigen sogar eine überlegene Chloridresistenz. Diese Vorteile machen den Übergang von einem zum anderen Prozess für die Industrie relativ einfach“, erläutert er.
In den letzten zehn Jahren hat die dekorative dreiwertige Verchromung durch den Reach-Prozess zunehmend an Bedeutung gewonnen. Die aus dreiwertigen Elektrolyten abgeschiedene Chromschicht soll sich in ihren Eigenschaften möglichst nicht von denen aus sechswertigem Chrom unterscheiden. Deshalb sind die Anforderungen an die dreiwertige Verchromung so hoch wie nie. Diesen Merkmalen trägt auch das Tristar-HP-System Rechnung, ein neues Schichtsystem von Coventya. Es generiert eine dekorative Metallicoberfläche für Korrosionsschutzanwendungen, wie sie etwa im Automotivebereich gefordert werden. Die Schicht besteht den „Russian-Mud-Test“ (Belastungstest durch Auftausalze und Straßenschmutz) und erreicht bis zu 60 h Cass-Beständigkeit auf Metall- und Kunststoffsubstraten. Das System wurde entwickelt, um die Anforderungen von Automobilstandards für Trichromanwendungen sowohl im Innen- als auch im Außenbereich zu erfüllen. Es besteht aus mehreren wechselwirkenden Schichten (Cubrac Acid Copper, Criterion Sulfur-Free Nickel, Crystal Bright Nickel, Criterion Micro-Porous Nickel und Tristar 300/700 Series Trichrom) und nutzt das elektrochemische Potenzial, das letztlich die Basis für die antikorrosive Wirkung ist. Bei Anwendung des neuen Systems sind keine zusätzlichen Verfahrensschritte erforderlich. Vielmehr kann die gegenwärtige Prozesssequenz für sechswertiges Chrom weiterverwendet werden, was nur geringe Umrüstungskosten bedeutet.
Für Anwendungen, die auch einen Neutralsalz- oder Feuchtigkeitsschutz erfordern, stehen Nachbehandlungen zur Verfügung, um das Tristar-HP-System zu verbessern. Aus den Schichteigenschaften ergibt sich gleich eine ganze Reihe von Anwendungsmöglichkeiten: Dazu zählen neben dem Automotivebereich die Freizeitausrüstung, Weiße Ware, sanitäre Ausstattung, Möbel, Verbrauchsgüter sowie Gebäudeausrüstung (zum Beispiel Türen und Schlösser). Nach Angaben von Coventya steht damit eine Chrom(III)-Beschichtung zur Verfügung, die bereits heute für viele Märkte einsetzbar ist.
Nachbehandlung verbessert die Leistungsfähigkeit
In der Entwicklung ist auch ein neuer sulfatbasierter Prozess mit dreiwertigen Chromelektrolyten. Dabei sind die Farbe und auch die Farbechtheit von enormer Bedeutung. „Ein wichtiges Kriterium für diese Wahl war die Tatsache, dass die Farbgebung und ihre Helligkeit sehr ähnlich wie bei Chrom(VI)-Lösungen ausfällt“, bestätigt Daniel Glassner, R&D Engineer bei Coventya. Zudem spielen auch andere Faktoren wie die Abscheidegeschwindigkeit für die Wirtschaftlichkeit eines Elektrolyten oder andere spezifische Schichteigenschaften wie die Korrosions- oder Abriebbeständigkeit eine Rolle. Die Tests in Pilotanlagen für den sulfatischen Prozess wurden inzwischen abgeschlossen. In Deutschland und Italien erfolgten zudem Versuchsläufe auf Kundenanlagen. Im Ergebnis kann festgehalten werden, dass der neue Prozess die Empfehlungen des Fachverbandes Galvanisierte Kunststoffe (FGK) erfüllt, wobei der Wirkungsgrad sich um fast 50 % erhöht hat. „Zudem erreichen wir eine 100-prozentige Chromschicht, die in Salzsprühtests ihre Beständigkeit bewiesen hat“, sagt Glassner. Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass immer mehr Chrom(VI)-Alternativen durch Chrom(III)-Verfahren zur Verfügung stehen, die sich aber nur mit höherem technischen und finanziellen Aufwand betreiben lassen.
* Klaus Jopp ist freier Journalist beim Pressebüro Wiwitech in 22337 Hamburg
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